Olpe. . Der Olper Josef Schrage hat als Vertreter des Sauerlands am Grundgesetz mitgearbeitet. Seine Enkelin erzählt, was ihm dabei wichtig war.

Wilma Ohly hat ihn noch, den Füller, den ihr Großvater damals bekam, nachdem er das Grundgesetz unterzeichnet hatte. Sie hält ihn in Ehren – genau wie die Erinnerungen an den Mann, der ihr Leben geprägt hat. Die Rede ist von Josef Schrage. Kreistagsmitglied, Bürgermeister von Olpe, Landrat, Landtagsabgeordneter (CDU) – und einer der Väter des Grundgesetzes. Am 23. Mai 1949 – heute vor 70 Jahren – wurde es feierlich verkündet. Die Zeitzeugin erzählt, welcher Mensch ihr Großvater war.

Pläne im Bunker geschmiedet

Wilma Ohly, die Enkelin von Josef Schrage.
Wilma Ohly, die Enkelin von Josef Schrage. © Verena Hallermann

Josef und seine Frau Wilhelmine Schrage lebten damals in ihrem Haus Am Kattenhagen 12 in Olpe. Es herrschte Krieg. Wilma Ohly, ihre beiden Geschwister und ihre Mutter zogen ins großelterliche Haus, der Vater kämpfte im Krieg. „Wir hatten große Angst“, sagt Ohly und erzählt von der Zeit im Bunker. Zwölf Tage verharrte sie mit ihrer Familie im Privatbunker der Firma Imhäuser unter der Lindenhardt in Olpe. Sie war neun Jahre alt, hörte die Soldaten, die Schüsse, die schreienden Babys, sah die Verletzten. „Das kann man nicht beschreiben, wie schlimm das war“, sagt Ohly, heute 83 Jahre alt, selbst jahrelange Bürgermeisterin der Stadt Olpe. „Es war eng, es stank.“

Was Wilma Ohly damals noch nicht wusste, ist, dass ihr Großvater in den letzten Tagen des Krieges im Bunker schon bei ersten Treffen dabei war. Es ging um Pläne für die Zukunft, um Pläne, wie es nach dem Krieg weitergehen soll.

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In dieser schrecklichen Situation war Josef Schrage einer der Männer, die mutig vorangingen. Ein Mann, der aus einer bodenständigen Handwerkerfamilie stammt, ein Katholik, ein Visionär – eine beeindruckende Persönlichkeit. „Wir mussten uns immer auf die erste Treppenstufe stellen, wenn wir ihm in den Mantel halfen, so groß war er“, erinnert sich Wilma Ohly noch.

Nach dem Krieg wird Josef Schrage Bürgermeister, später Landrat. 1948 wird er vom Landtag NRW in den Parlamentarischen Rat gewählt und gehört als Mitglied dem Ausschuss für Grundsatzfragen und dem Ausschuss für Wahlrechtsfragen an. Ein Vertreter des Sauerlandes, ein Repräsentant der CDU.

Er war ein liebender Mensch

Steckbrief  Josef Schrage

Josef Schrage wurde am 6. Mai 1881 in Olpe geboren und verstarb am 27. November 1953 in Olpe.

Zunächst war Josef Schrage Metallarbeiter, es folgte eine Weiterqualifizierung mit Hilfe des Volksvereins für das Katholische Deutschland. Ab 1917 war er hauptamtlicher Sekretär beim Christlichen Metallarbeiterverband, ab 1919 Leiter der Kreisgeschäftsstelle Olpe.

Er trat der Zentrumspartei bei und übernahm seit 1919 zahlreiche kommunalpolitische Ämter. Von 1928 bis 1933 war er Leiter des Arbeitsamtes Olpe, 1945 bis 1946 Bürgermeister von Olpe, 1946 bis 1953 Landrat. Er gehörte zudem zu den Gründungsmitgliedern der CDU in Olpe.

Wilma Ohly sieht ihren Großvater jetzt seltener. Sie erinnert sich noch, wie er von den Verhandlungen nach Hause kam. Manchmal ein bisschen unbeholfen, schließlich war er kein Jurist, erzählt Ohly. Sie stand häufig an der Heizung, weil sie immer so gefroren hatte, wenn ihr Großvater mit ihrer Großmutter diskutierte. Vor allem der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ war ihm wichtig.

Es waren die Erfahrungen aus dem Krieg, die Erfahrungen aus den Jahren des Nationalsozialismus in Olpe, die Josef Schrage geprägt haben. Wilma Ohly weiß noch, wie er von einem Mann erzählte, der mit einem Schild „Ich bin ein Schwein“ durch Olpe geführt wurde.

Josef Schrage war ein bescheidener Mensch, mochte kein großes Aufsehen um seine Person, ergriff in den Ausschusssitzungen eher seltener das Wort. Aber er war ein Mann, der sich für die Selbstständigkeit der Länder einsetzte, ein Verfechter der Gewaltenteilung, die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz.

Und außerdem war er ein liebender Mensch. Ein Großvater, der es liebte, seinen Enkeln Freude zu bereiten, eine fröhliche Persönlichkeit. „Ich habe ihn nur ein einziges Mal weinen sehen“, erinnert sich Ohly. „Das war, als sein Hund, ein schwarzer Dackel namens Illa gestorben ist.“