Iserlohn. Bei der New York Fashion Week hat die Iserlohner Friseurin Elis Güney für die großen Designer gearbeitet. Sie schildert ihre aufregende Woche.
Wenn sie zurückblickt, fragt sich die IserlohnerinElis Güney manchmal selbst, wie sie das alles geschafft hat: Jetlag und Zeitverschiebung, viel zu wenig Schlaf, bis zu 16 Stunden Arbeit am Stück – alles im Stehen und unter erschwerten Bedingungen, dazu ständiger Stress und Höchstleistungen. Trotzdem sagt sie: „Ich hätte mit niemandem tauschen wollen. Es war wie ein Traum, der für mich wahr geworden ist.“
Die Friseurmeisterin mit dem Salon am Iserlohner Alten Rathausplatz „durfte“ mit einem deutschen Team vom 9. bis 14. Februar bei der New Yorker Modewoche, der New York Fashion Week, arbeiten. Egal, ob Make-up-Stylisten, Friseure, Designer oder Models: Wer in New York dabei ist, hat es in seiner Zunft nach ganz oben geschafft. Dafür hat sich Güney Urlaub genommen, die Reise hat sie selber bezahlt, alles für das Ziel New York.
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Am Donnerstag, 9. Februar, kam das deutsche Team aus rund 35 Friseuren und Friseurinnen, die sich vorher in einigen Trainings für den Job qualifiziert hatten, im Big Apple an. Freitagmorgen dann die erste Fashionshow, manchmal bis zu fünf Stück am Tag. „Alles ist sehr spontan, man erfährt meist erst spät am Vorabend, wann und wo man als nächstes gebucht ist. Auch wenn die Show schon um vier Uhr losgeht“, erzählt die 31-Jährige. Denn das gibt es tatsächlich: Manche Modenschauen starten so früh. Das ist erforderlich, damit Models und Stylisten, Mode-Blogger, Influencer und Journalisten nicht bereits anderweitig verplant sind. Denn schließlich will jeder Designer vor allem eines: Die meiste Aufmerksamkeit für seine Entwürfe.
Für den perfekten Auftritt muss selbst das kleinste Detail stimmen, nichts wird dem Zufall überlassen. „Der Look, den das Model bekommt, steht vorher fest und der Haar-Direktor der Show zeigt den einzelnen Fiseuren dann, wie es gemacht wird“, erzählt Güney. Jede Strähne muss halten: „Es werden Unmengen an Haarspray verbraucht. Und selbst an einem einfachen Pferdeschwanz arbeitet man auf der Fashion Week schon mal eine Stunde“, erzählt sie.
Bis zu drei Friseure arbeiten an einem Modell
Teilweise arbeite man zu drei Friseuren an einem Kopf: „Das passiert, wenn die Models spät kommen, dann muss alles ganz schnell gehen“. Es sei zwar durchaus eine Herausforderung gewesen, aber sie sei mit dem Anforderungsniveau der Frisuren gut zurecht gekommen, erzählt Güney. Jede einzelne fertige Friseur werde vom Haar-Direktor kontrolliert, bevor es auf die Bühne geht. „Und wenn es ihm nicht gefällt, dass muss alles ganz schnell neu gemacht werden, aber mir ist das zum Glück nie passiert.“
Im Keller einer ehemaligen jüdischen Synagoge, in der die Shows stattfanden, arbeiteten manchmal bis zu 120 Friseure gleichzeitig, es war laut, heiß und stickig, die Luft voller Haarspray. „Ich habe das gar nicht gemerkt. Ich war so fokussiert und voller Adrenalin, die Zeit ist einfach vorbeigeflogen.“ Die Models seien nicht sehr gesprächig, aber alle freundlich gewesen. Manche hätten einfach nur vor sich hingestarrt, andere das Handy nicht aus der Hand gelegt. „Ich bin so ein Typ: Ich frage immer, ob es okay ist, oder ob es weh tut. Das waren die Mädchen gar nicht gewöhnt, denn manche Kollegen haben wenig Rücksicht genommen. Ich will aber, dass beide Seiten gut zusammenarbeiten“.
Positiver Nebeneffekt: Viele Models haben Güney für ihre Arbeit gelobt und auf ihren Fotos markiert, die sie in den sozialen Medien zeigen. „Das macht mich stolz. Denn es zeigt, dass man, auch wenn man aus einer kleinen Stadt wie Iserlohn kommt, in der Modewelt etwas erreichen kann“, sagt sie.
Designer wie Michael Kors oder Tommy Hilfiger
Die Friseurin war für bekannte Designer wie Michael Kors, Tommy Hilfiger oder Newcomerin Tiffany Brown im Einsatz, alle haben in New York ihre Herbst/Winterkollektionen des Jahres 2024/2025 gezeigt. „Die Mode wird sehr sportlich, vieles im Oversized-Look, es dominieren Braun- und Erdtöne“, erklärt die Fashion- und Beauty-Expertin. Am Ende hatte Güney sechs Tage lang kaum geschlafen. „Wenn ich mal frei hatte, dann wollte ich auch etwas von der Stadt sehen“, erzählt sie. „In New York vergisst man komplett die Zeit, man geht nachts um drei Uhr auf die Straße und hat das Gefühl, dass es mitten am Tag ist, weil die Stadt immer lebt.“
Die nächsten Einsätze sind schon geplant: Im Frühling 2025 soll es zur Mailänder Modewoche gehen. Kann Elis Güney sich vorstellen, den Salon zu schließen und nur noch im Mode-Zirkus unterwegs zu sein? „Wenn ich zehn Jahre jünger wäre, dann hätte ich das bestimmt überlegt, aber mit dem Salon, Partnerschaft und Familienplanung ist das nicht machbar“, sagt sie. Kleine „Auszeiten“ will sich Güney aber trotzdem gönnen – in der großen weiten Welt der Mode.