Wetter/Ruhr. Knigge- oder Kochkurs, Musiktherapie oder Fragestunde: Der Frauenclub Inner Wheel setzt sich zur Freude von NRW-Justizminister Thomas Kutschaty konkret für weibliche Straffällige in der Jugendarrestanstalt in Wetter ein. Und die frühere Clubvorsitzende Heike Grosch hat weitere Pläne.
Dank vom Minister, neue Distrikts-Präsidentin, Fortsetzung des Projekts: Seit einigen Monaten unterstützt die Frauenvereinigung Inner Wheel weibliche Straffällige in der Jugendarrest-Anstalt (JAA) in der Kaiserstraße. Ob Knigge- oder Kochkurs, Musiktherapie oder eine psychotherapeutische Fragestunde – die Anfänge waren laut Heike Grosch für einige Mitglieder aus dem gesamten Distrikt mit 28 Clubs wie etwa jenem aus Witten-Wetter derart motivierend, dass weitere Angebote folgen. „Die ersten Schritte sind gemacht, wir haben trotz anfänglicher Skepsis noch keine negativen Erfahrungen gemacht.“
10.000 Euro stehen zur Verfügung
Vor einem Jahr übernahm die Wetteranerin Grosch den Club-Vorsitz im hiesigen Distrikt und schaute sich nach einem Projekt vor Ort um. Angesichts der weit verzweigten Mitglieder mit vielfältigen Möglichkeiten fiel die Wahl auf die einzige Jugendarrestanstalt für Mädchen und junge Frauen in Nordrhein-Westfalen. „Wir wollten dafür nicht nur Geld zur Verfügung stellen, sondern uns mit unseren Fähigkeiten einbringen“, so Heike Grosch.
Zur Verfügung stehen knapp 10.000 Euro. Die Inner-Wheel-Frauen finanzierten damit neben einer Flipchart zuletzt 42 Außenstühle für den Gefängnis-Innenhof, nachdem mit drei gestifteten Sonnenschirmen im vergangenen Sommer den Anfang gemacht worden war.
Lob für ehrenamtliche Arbeit
Doch NRW-Justizminister Thomas Kutschaty lobte nun in Witten bei der Ämterübergabe nach einem Jahr (Ute Peithmann-Koch folgt auf Heike Grosch) auch die ehrenamtliche Arbeit mit Straffälligen als „besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements. Wichtig ist, dass Sie Ihre freie Zeit dafür einsetzen, den Betroffenen zu zeigen, dass die Welt ‘draußen’ sie nicht vergessen hat. Dass es noch Menschen gibt, die sich um sie kümmern.“ Vor allem die praktische Hilfe hob der Minister hervor.
Grosch bleibt auch ohne Präsidenten-Amt weiter Ansprechpartnerin für das innerhalb von Inner Wheel allseits anerkannte Projekt und will mit breiter Unterstützung ihr „Baby“ weiter vorantreiben. Geplant sei ein Kreativ-Angebot, etwa die Schmuckherstellung durch eine Bochumer Juwelierin.
Übergangsmanagement rückt in den Fokus
Hinzu kommen ein weiterer Kochkurs mit Ernährungslehre, Tipps zur Zahngesundheit, Pflege oder auch zur Wohnungssuche sowie für ein Vorstellungsgespräch (Auftreten, Verhalten, Gesprächsführung). „Die Einrichtungsleitung wählt immer bestimmte Jugendliche aus, mit denen sich dann ein Clubmitglied von uns beschäftigt.“
Auch das Übergangsmanagement, also die Nachbetreuung der Straffälligen, rückt in den Fokus. Zumal Kutschaty in den Jugendarrestanstalten die Erziehung und Förderung der Heranwachsenden betont, daher individuelle Bildungs- und Fördermaßnahmen sowie Freizeitangebote anstrebt. So können sich die Frauen von Inner Wheel Ausflüge mit Straffälligen etwa in den Klettergarten vorstellen, „was natürlich ziemlich heikel ist“, so Grosch.
Konkrete Tipps vor Bewerbungsgesprächen
Sie bemüht sich zudem, den Mädchen und jungen Frauen nach ihrer Entlassung eine Liste mitzugeben, auf der Ansprechpartner von sozialen Institutionen wie Frauenstellen oder Jugendämter in vielen NRW-Städten zu finden sind.
Zudem könnten Inner-Wheel-Frauen auch direkt vor Bewerbungsgesprächen erneut konkrete Tipps geben, dann aber „in Freiheit“. Heike Grosch überlegt auch, einen Förderverein für die Jugendarrestanstalt zu gründen, damit auch andere außerhalb des Clubs der Einrichtung in Wetter und den Insassen helfen können.
Positive Resonanz
„Begeistert von der Aufnahmebereitschaft“ der straffälligen Mädchen und jungen Frauen war Monika Butler-Trute nach dem Verhaltens-Kurs mit Tipps zum richtigen Benehmen etwa bei Vorstellungsgesprächen.
Trotz ungewohnter Kontaktaufnahme zu den Justizangestellten über einen roten Knopf in der JAA-Küche seien die Mädels laut Gabriela Rick-Becker auch beim Kochkurs „nett, begeistert und talentiert gewesen. Es hat uns allen Spaß gemacht.“
Bei der Musiktherapie freute sich Dr. Karin Smektala über „eine wunderbare Erfahrung. Es sind alles Mädchen, dies es wert sind, dass man ihnen hilft.