Wetter / Herdecke. Astrid Stolberg setzt sich ehrenamtlich für Vierbeiner ein, die es nicht leicht haben – und es Haltern auch nicht immer leicht machen.
Das Tierheim Witten, Wetter und Herdecke ist voll. Die Plätze für Hunde sind rar (die Redaktion berichtete). Gleichzeitig nimmt die Zahl von Tieren mit schwieriger Vorgeschichte zu. Immer öfter landen auch Hunde in der Einrichtung, die nur in erfahrene Hände abgegeben werden können – und darum oft lange auf ein neues Zuhause warten. Einer von ihnen ist der Mischlingsrüde Timon. Seit 2020 lebt er im Tierheim. Und seit 3,5 Jahren ist Astrid Stolberg für ihn da. Die ehrenamtliche Helferin nimmt sich dreimal in der Woche Zeit für den Rüden. Sie hat ein Herz und ein Händchen für Hunde, die es nicht leicht hatten und es den Menschen auch nicht immer leicht machen.
Sicherheit für Hund und Hundeführer
Kaum hat der schwarz-braune Rüde Astrid Stolberg entdeckt, gibt es kein Halten mehr. Mit großen Sprüngen flitzt er aus dem Außengehege in seinen Zwinger. Dort springt er auf und ab. Voller Freude und Energie. „Er weiß, jetzt geht es raus“, erklärt Astrid Stolberg, während sie in den Zwinger tritt und „ihrem“ Hund das Geschirr und einen Maulkorb anlegt. „Für den Hund ist ein Maulkorb wie für uns eine Brille“, sagt Astrid Stolberg und meint: „Er kann Sicherheit geben.“ Für Hund und Hundeführer. „Dadurch, dass ich weiß, dass er gesichert ist, bin ich souveräner und kann Sicherheit ausstrahlen.“
Zeit, um Vertrauen zu fassen
Denn Sicherheit braucht Timon, erzählt die Herdeckerin, während sie mit dem Hund ein Stück die Wetterstraße entlangläuft, um dann Richtung Wiesen und Wald abzubiegen. Früher habe er zum Beispiel Probleme mit Mountainbikern im Wald gehabt. Und fremde Menschen würden ihn oft noch verunsichern. Der vierjährige Rüde braucht Zeit, um Vertrauen zu fassen. „Aber wenn er es einmal gefasst hat, ist er einfach toll.“ Die 43-Jährige blickt zu dem Hund, der mit der Nase am Boden durch das Gras läuft.
Gezieltes Training
Heute ist einfach Spazierengehen angesagt. An anderen Tagen legt sie gezielte Trainingseinheiten ein. „Zur Leinenführigkeit zum Beispiel“, sagt Astrid Stolberg mit einem kleinen Schmunzeln und deutet auf den nach vorne ziehenden Timon. Manchmal spannt sie den Hund auch vor einen speziellen Scooter für den Zughundesport. Oder sie übt an Donnerstagen mit Hundetrainerin Rebecca Endemann am Tierheim. Als Hauptbezugsperson „von außen“ ist es ihr wichtig, dass „auch mal jemand auf das schaut, was ich mache.“ Darum hat sie auch an einer Seminarreihe zu Hunden im Tierheim teilgenommen. „Da habe ich viele Ideen und Impulse bekommen“, sagt die Projektmanagerin, die zu Hause auch noch einen eigenen Hund hat.
Eine Chance auf Vermittlung
Ein Vollzeitjob, eine eigene Hündin aus dem Tierschutz und dann noch Zeit für und mit Timon. Ein volles Programm. Aber Astrid Stolberg macht es gerne. Schon vor Timon hat sich die 41-Jährige um den ein oder anderen „Problemfall“ im Tierheim gekümmert. Sie hat eine Labradorhündin betreut, die – anders als bei der Rasse oft behauptet – nicht der perfekte Familienhund war. Und sie hat mit einem Jack Russell Terrier gearbeitet, der bei seinem früheren Haltern erfahren musste: Erst wenn ich beiße, habe ich mal meine Ruhe. Beide haben mittlerweile neue Besitzer gefunden. Das wünscht sich Astrid Stolberg auch für Timon. „Mir ist es wichtig, den Tieren, die kein Zuhause haben, eine schöne Zeit zu ermöglichen und dazu beizutragen, dass sie doch vermittelt werden können.“
Gerade Hunde, die nicht so einfach seien, hätten es da schwieriger. „Und ich möchte, dass sie auch eine Chance haben“, erklärt Astrid Stolberg ihr Engagement. Dass Timon eine Chance verdient hat, steht für sie außer Frage: „Er ist eine Herausforderung, aber ein toller Begleiter“, sagt die Hundefreundin. Sie weiß, dass er Menschen braucht, „die bereit sind, seine Vorgeschichte zu sehen und daran zu arbeiten, anstatt den perfekten Hund zu suchen.“ Sie selbst hat auch schon überlegt, ob sie Timon nicht zu sich nehmen soll. „Aber mit meiner Hündin und meinem Beruf bekomme ich das nicht gemanagt.“
Lebensfreude in den Augen
An manchen Tagen fällt Astrid Stolberg die Zeit im Tierheim schwerer als an anderen. Zu sehen, wie viele Hunde auf neue Herrchen und Frauchen warten, ist nicht immer leicht. Mitzubekommen, wie zum Beispiel aktuell drei junge American Staffordshire in der Prägephase nicht das Leben haben, das sie bräuchten, kann traurig machen. „Ich weiß, die haben es hier gut, aber ein Tierheim ersetzt einfach kein Zuhause“, sagt Astrid Stolberg. In solchen Momenten hilft es ihr zu merken, wie sich die Tiere über jede Aufmerksamkeit, über jedes Wort freuen. „Oder ich schaue Timon an und sehe – trotz allem – die Lebensfreude in seinen Augen.“ Sie lächelt. „Das ist dann alles wert.“