In der Herdecker Fußgängerzone ist Vielfalt gefragt. Deshalb setzt die Stadt Dienstleistern Grenzen. Das ist nicht unumstritten.
Herdecke. Es hat viel Unverständnis hervorgerufen, dass die Stadt Herdecke einem Frisör den Betrieb seines Geschäfts an der Hauptstraße 33 untersagt hat. Für diese Entscheidung gibt es gute Gründe, sagt Daniel Matißik, Leiter des Bau- und Planungsamtes der Stadt Herdecke. Die Vielfalt in der Herdecker Innenstadt sei ansonsten in Gefahr.
Worauf basiert die Ablehnung des Frisörs?
Grundlegend sind die Bebauungspläne aus den achtziger Jahren. Stadtplaner und Politik wollten die Innenstadt dauerhaft und lebendig gestalten. Die beschlossene Vorgabe: Im Erdgeschoss von Gebäuden, die mit einer Fassadenfront an die Hauptstraße oder die Wetterstraße grenzen, ist nur Einzelhandel zulässig. Möglich sind aber auch Ausnahmen für Gastronomie oder Dienstleistungen.
Wieso stört dann der Frisör?
Eine Ausnahme kann auch für einen Frisör gemacht werden. Entscheidend ist aber: Im jeweiligen Bebauungsplan muss die Hauptnutzung ‚Handel‘ gegenüber anderen Nutzungen überwiegen, sonst würde das Konzept kippen. Es geht also um die Menge der Ausnahmen. Für den jeweiligen Bereich setzen wir das in ein Verhältnis. Wenn durch eine weitere Ausnahme die Ausnahmen überwiegen, lehnen wir ab.
Was genau wird angestrebt?
Es ist unrealistisch, dass wir in der Fußgängerzone nur Einzelhandel haben. Es geht immer darum, den richtigen Mix hinzubekommen. Wir reden gerne von einer Perlenkette: Zwischendurch muss immer mal wieder ein Einzelhändler sein, damit die Kette nicht abreißt. Wenn der Abschnitt ohne Handel zu lang wird, bricht der Kunde seinen Gang ab.
Und bei der Hauptstraße 33 wird das zum Problem, obwohl in unmittelbarer Nähe viel Einzelhandel ist?
Wir schauen nicht auf die Angebote nebenan oder gegenüber, wir betrachten immer nur den einzelnen Bebauungsplan. Durch einen Frisör im Haus 33 hätten wir hier nur noch untergeordnet Handel. Das Konzept wäre durchbrochen worden. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite kann schon ein anderer Geltungsbereich sein mit anderen Möglichkeiten.
Dem Frisör wäre also zu empfehlen, sein Glück in der Nachbarschaft zu versuchen?
Ja. Es geht nur um diesen speziellen Bereich, nicht um Ausnahmen in der Fußgängerzone generell.
Was ist bisher damit erreicht worden?
Die Festsetzungen für die Fußgängerzone sind immer mal wieder Thema in der Beratung. Ich bin davon überzeugt: Wenn wir diese Festsetzungen nicht hätten, würde die Fußgängerzone heute ganz anders aussehen. Wir hätten kaum noch Geschäfte und stattdessen ganz viele Dienstleister. Ohne Steuerung hieße das vielleicht: Drei Frisöre, zwei Nagelstudios, eine Shisha-Bar in gleich mehreren Bebauungsplänen - dann wäre die Qualität der Fußgängerzone weg. Die Überlegungen hinter den Bebauungsplänen waren aus meiner Sicht total gut.
Wie wichtig ist das einzelne Gebäude für den Erfolg der ganzen Fußgängerzone?
Durch das Kleinteilige der Bebauungspläne habe ich immer wieder diese Durchmischung und keine längeren Strecken mit Dienstleistern am Stück. Die Perlenkette wird fortgesetzt. Im Bereich der Arkaden dagegen, in denen sich Flächen nur schwer für Läden vermieten lassen, haben wir als Verwaltung in Abstimmung mit der Politik eine Aufweichung zugelassen.
Wenn durch eine Ablehnung ein Leerstand bleibt - ist der Preis nicht zu hoch?
Es geht um ein Instrument der Stadtplanung mit dem Ziel, dem Einzelhandel, vor allem in heutigen Zeiten, einen Vorteil zu verschaffen. Deshalb sollten wir es uns mit den Ausnahmen nicht zu einfach machen. Weil es ja auch den Standpunkt gab, der Frisör ist doch besser als ein Leerstand: Ich finde, manchmal ist es besser, nicht die erstbeste Nutzung zuzulassen und abzuwarten. Beim Denken an das Ganze, an das Interesse der Stadt, muss ein Leerstand auch mal zu ertragen sein, bis sich doch ein Händler findet.