Herdecke. Die nächste Tierklinik ist 44 Kilometer entfernt: In Wetter und Herdecke regelt ein Notdienstkreis den Einsatz von Tierärzten am Wochenende

Etwa 44 Kilometer von Herdecke entfernt, liegt die nächstgelegene Tierklinik der Umgebung. In Recklinghausen werden auch akute Notfälle 24/7 und jeden Tag im Jahr versorgt, so steht es auf der Website. Doch 40 bis 45 Minuten Fahrt können in kritischen Situationen viel ausmachen und über das Schicksal verletzter oder akut schwer erkrankter Hunde oder Katzen entscheiden. Wo also finden Tierhalter in Herdecke schnelle Hilfe, wenn die Praxen geschlossen oder das Wochenende eingeläutet ist?

Weg in die Tierklinik zu lang

Franka Bormann musste schon lange keinen Notdienst für ihren Hund in Anspruch nehmen. Doch die Wetteranerin, die in Herdecke arbeitet, weiß, wie schnell sich das ändern kann. „Mein früherer Hund hatte einen Magenverschluss“, erzählt sie. Das Tier brauchte Hilfe, so schnell wie möglich. Die Tierarztpraxen waren zu dem Zeitpunkt bereits geschlossen. „Damals wäre ich niemals rechtzeitig in eine Tierklinik gekommen“, ist sie sich sicher. „Da wäre mein Hund schon tot gewesen.“ Der Hundebesitzerin half damals ihr Tierarzt. Auf der Visitenkarte sei noch seine Privatnummer und der Arzt innerhalb von zwanzig Minuten in der Praxis gewesen, so Franka Bormann, die sich freut, dass sie seitdem „keine Erfahrungswerte“ mehr gesammelt hat.

Notdienstkreis regelt Zuständigkeiten

Doch auch heute finden Halter von Hund, Katze & Co. bei tierischen Notfällen in Herdecke und Umgebung noch Hilfe, ohne in die Tierklinik nach Recklinghausen fahren zu müssen. Das bestätigt auch Petr Kadlcik. Der Herdecker Tierarzt ist Notdienstkreisleiter, er organisiert den Vertretungsnotdienst in der Region. „Wir sind zwischen zwölf und 13 Kollegen zwischen Hagen-Hohenlimburg und Sprockhövel, die sich das Wochenende und die Feiertage aufteilen“, erklärt er und verweist auf die Internetseiten der Tierärzte, auf schwarze Bretter im Wartebereich oder auch auf den Eingangsbereich von Praxen, an denen jeden Freitagabend der zuständige Tierarzt und der aktuelle Notruf zu finden sein sollten. Auch auf der Website seiner Praxis ist der Notdienstplan veröffentlicht: Bis zum Ende des Jahres sind die Wochenenden jedes Monats klar verteilt, Ansprechpartner und Telefonnummern genannt.

Für den Notfall

Über den Notdienstkreis wird geregelt, welcher Tierarzt am Wochenende oder an Feiertagen im Einsatz ist - und das bereits seit rund 20 Jahren.

Die Pläne sind in der Regeln auf der Homepage der Tierarzt-Praxen zu finden, so Notdienstkreisleiter Petr Kadlcik.

Bei einem Notfall ist eine Anmeldung über die dort angegebene Notrufnummer wichtig.

Der Wochenenddienst gilt für den Zeitraum von Samstag, 8 Uhr, bis zum jeweils folgenden Montag um 8 Uhr.

Seit Anfang 2020 sind sind die Tierärzte nach §3a des Bundesgesetzblatts (BGBl) dazu verpflichtet, im Notdienst eine Notdienstpauschale in Höhe von 50€ (zzgl. MwSt) zu erheben sowie nach einem erhöhten Gebührensatz abzurechnen.

Über Notrufnummer anmelden

Allerdings sollte es nicht beim Blick auf die Tabelle mit den Notdienstkontakten bleiben. „Es ist wichtig, dass sich die Halter über die Notrufnummer anmelden“, betont Petr Kadlcik. Auch, um wirkliche Notfälle von Krankheiten oder Wunden, die warten können, zu unterscheiden. „Eine Kratzwunde ist kein Notfall“, sagt Kadlcik. „In solchen Fällen erklären wir, wie zu handeln ist und bitten die Besitzer mit ihren Tieren in nächster Zeit vorbeizukommen.“

Angespannt sei die Situation rund um den tierärztlichen Notdienst dennoch, so der Fachmann. „Wir haben noch Kliniken“, erklärt er und nennt neben Recklinghausen noch eine weitere in Duisburg-Kaiserberg. „Doch es hat sich schon verkleinert.“ Auch die Tierklinik in Dortmund gebe es mittlerweile nicht mehr. Da kann an den Wochenenden auch in den verbleibenden Kliniken viel los sein. „Wir versuchen, diese Situation in den Kliniken aufzufangen“, so Kadlcik. „Aber dass wir auch zu wenig Tierärzte sind, brauche ich ja nicht zu sagen.“

Politische Lösung gefordert

Petr Kadlcik fordert auch eine politische Lösung. „Wir wünschen uns, dass die Politik klärt, dass sich jeder Tierarzt, der sich niedergelassen hat, einem Notdienstkreis anschließt.“ Das sei zurzeit noch nicht der Fall und laufe auf freiwilliger Basis. „In Niedersachsen ist das zum Beispiel klar geregelt“, weiß Petr Kadlcik. „Da ist das verpflichtend. Wer eine Praxis öffnet, schließt sich dem Notdienstkreis an.“ So eine Vorgabe wünscht er sich auch für Nordrhein-Westfalen. Bis es so weit ist, sei jeder, der beim Notdienstkreis mitmachen möchte, „herzlich eingeladen“, betont der Herdecker Veterinär. „Manche sehen es langsam ein: Wir müssen etwas machen.“