Wetter. Bestnoten statt Beschwerden: VRR-Stationsbericht vergibt Gesamtnote „ordentlich“. Fahrgäste loben, üben aber auch Kritik

Prädikat: ordentlich. Mit dem Bahnhof Wetter war diese Bewertung lange Zeit nicht in Verbindung zu bringen. Graffiti, mangelnde Sauberkeit und verbesserungswürdige Barrierefreiheit sorgten immer wieder für Beschwerden. Das scheint der Vergangenheit anzugehören. Das bescheinigt zumindest der aktuelle VRR-Stationsbericht der Station in der Harkortstadt. Und auch die Passanten, die in der Mittagszeit auf dem Bahnsteig auf ihren Zug warten, finden größtenteils positive Worte.

Für die 17. Auflage der Stationsbewertungen haben die Profi-Tester des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr einen genauen Blick auf Ausstattungsmerkmale wie Zeitanzeigen, Sitzgelegenheiten und Fahrkartenautomaten geworfen. Sie protokollierten die Veschmutzung von Böden, Wänden und Scheiben und bewerteten auch die Barrierefreiheit. Dem Bahnhof in Wetter stellen sie nach der Inspektion die Gesamtbewertung „ordentlich“ aus. Diese setzt sich aus zwei Bestnoten zusammen, die der Bahnhof für Barrierefreiheit („kein Handlungsbedarf“) und Fahrgastinformation („hervorragend“) einheimste. Die Aufenthaltsqualität bewerteten sie mit der zweitbesten Note als „zufriedenstellend“.

Sabrina Brück fährt regelmäßig von Wetter Richtung Witten. Den Bahnhof in Wetter findet sie im Vergleich zu anderen Bahnhöfen
Sabrina Brück fährt regelmäßig von Wetter Richtung Witten. Den Bahnhof in Wetter findet sie im Vergleich zu anderen Bahnhöfen "sehr ordentlich". © WP | Corinna Ludwig

Weniger Müll, aber fehlende Durchsagen

Diesen Eindruck teilt eine junge Hagenerin, die zur Mittagszeit in Wetter auf ihren Zug nach Hause wartet. Es sei doch recht ordentlich, bestätigt sie, während sie sich umblickt. „Früher lag hier deutlich mehr Müll herum“, erzählt die 33-Jährige, die namentlich nicht genannt werden möchte. Zu den Gleisen geht sie meist über die Rampe, die von der Ruhrstraße aus zum Bahnhof führt. „Wenn auf dem Weg mal Glassplitter liegen, werden diese schnell beseitigt“, schildert sie ihren Eindruck. Anders fällt ihre persönliche Bewertung der Fahrgastinformation aus, die im Bericht mit „hervorragend“ bewertet wurde. Während die Durchsagen alle Züge Richtung Dortmund und Essen ankündigten, blieben die Lautsprecher für Fahrten Richtung Hagen stumm. „Aber zumindest angezeigt werden sie“, sagt die junge Frau mit einem Schmunzeln.

Laut Fahrgästen ein großer Schwachpunkt des Bahnhofs: die Unterführung, die vom Bahnhofsvorplatz aus zu den Gleisen führt.
Laut Fahrgästen ein großer Schwachpunkt des Bahnhofs: die Unterführung, die vom Bahnhofsvorplatz aus zu den Gleisen führt. © WP | Corinna Ludwig

Bessere Beleuchtung gewünscht

Ein paar Meter weiter sitzt Sabrina Brück auf einem der Sitzgelegenheiten. Zwei bis drei Mal in der Woche fährt sie von Wetter nach Witten-Annen. Gegen die Bewertung „ordentlich“ der Profi-Tester hat sie nichts einzuwenden: „Im Vergleich zu anderen Bahnhöfen ist es hier wirklich ordentlich“, betont sie. „Besonders seit dem Umbau.“ Der Bahnhof an ihrem Zielort in Witten-Annen hingegen sehe aus „wie eine Müllhalde“. Sie steht auf, ihr Zug fährt ein. Einzig die Unterführung könnte besser beleuchtet sein, sagt sie noch. „Gerade gegen Abend.“

Herdecke: Hoher Handlungsbedarf am Bahnhof

Mit der Gesamtnote „ordentlich“ bewertet der VRR-Stationsbericht auch die Bahnhöfe in Herdecke und Wittbräucke. An beiden Stationen ist die Fahrgastinformation „hervorragend“. Diese Bestnote erhält der Herdecker Bahnhof auch in Sachen Aufenthaltsqualität, während Wittbräucke hier die zweitbeste Note „zufriedenstellend“ bekommt. Sehr hohen Handlungsbedarf sehen die Profi-Tester an beiden Standorten hingegen in Sachen Barrierefreiheit.

Für den Bahnhof Herdecke werden in dem Stationsbericht auch Ausbaumaßnahmen angekündigt: Im Rahmen der von Land, Bund und Bahn initiierten Modernisierungsoffensive 3 (MOF3) sollen 2024 an 21 Stationen im VRR-Gebiet Vorhaben umgesetzt werden, bei denen es „insbesondere um die Erneuerung der Bahnsteige und deren Ausstattung sowie die Herstellung der Barrierefreiheit durch den Neubau oder Austausch von Aufzügen“. Eine dieser Stationen ist Herdecke.

Die Unterführung ist auch für einen Mann aus Wetter, der gerade am Fahrkartenautomaten ein Ticket ziehen möchte, der große Schwachpunkt des Bahnhofs „Die ist sehr versifft“, sagt er. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Auf die Frage, ob die Bewertung „zufriedenstellend“ für die Aufenthaltsqualität denn insgesamt verdient sei, blickt er kurz auf und schaut sich genauer um. „Ich bin ja nicht oft hier“, betont er. „Aber ich finde, die haben das hier schon gut gemacht.“

Barrierefrei führt diese Rampe zu den Gleisen des Bahnhofs in Wetter.
Barrierefrei führt diese Rampe zu den Gleisen des Bahnhofs in Wetter. © WP | Corinna Ludwig

Kein Handlungsbedarf in Sachen Barrierefreiheit

Eindeutig verbessert hat sich der Wetteraner Bahnhof laut VRR-Stationsbericht in Sachen Barrierefreiheit: Attestierten die Profi-Tester im vergangenen Jahr noch einen „geringfügigen Handlungsbedarf“, gab es dieses Mal die Bestnote: kein Handlungsbedarf. Das bedeutet - so ist es in der Publikation ersichtlich - es muss ein stufenloser Zugang zu den Bahnsteigen vorhanden sein, die Bahnsteighöhe beträgt mindestens 76 cm und es gibt ein taktiles Leitsystem auf den Bahnsteigen und in den Zugangsbereichen. Auch Yannick Thonack ist mit der Barrierefreiheit zufrieden. Der 23-Jährige sitzt im Elektrorollstuhl, fährt heute von Wetter bis nach Paderborn. „Ich komme problemlos an die Gleise und in die Züge“, sagt er. „Das geht hier ja“. Bisher sei er immer an Bahnhöfen gewesen, wo das möglich gewesen wär. „Aber ich weiß, es gibt Bahnhöfe, da sieht das ganz anders aus.“