Wetter/Köln. Wahl-Wengeranerin läuft beim Kölner Rosenmontagszug mit. Seit ihrer Kindheit gehört der Karneval zu ihrem Leben
Auf der kleinen Ablage reiht sich der Kölner Dom gleich mehrfach aneinander: als farbenfroher Grafikdruck, in Schwarz-Weiß oder auch als Plätzchen-Ausstecher. An der Wand darüber hängt ein Karnevalsorden. Keine Frage: Wer das Zuhause von Birgit Schwickerath-Näscher in Wetter-Wengern betritt, merkt schnell – ihr Herz schlägt für Köln. Wetter sei ihre Heimat, „Köln ist meine Herzensstadt“, sagt Birgit Schwickerath-Näscher dann auch und lächelt herzlich. Als gebürtige Kölnerin ist die Wahl-Wengeranerin zurzeit besonders oft in der Domstadt: Schließlich geht die Karnevalssession ihrem Höhepunkt entgegen.
Familie hat Karneval „gelebt“
„In meiner Familie wurde Karneval gelebt“, erzählt Birgit Schwickerath-Näscher. Bereits ihr Vater trat in die „Kölnische Karnevalsgesellschaft von 1945 e.V.“ ein, ging mit den Kindern jedes Jahr zur Familiensitzung am Karnevalssonntag. Seit ihrer Kindheit ist das für Birgit Schwickerath-Näscher Tradition. Seit mehr als 50 Jahren besucht sie die Veranstaltung der Karnevalsgesellschaft, die heute auch „ihre“ Karnevalsgesellschaft ist. „Da werden Kinder von Familien eingeladen, die sich das so nie leisten könnten“, erklärt Birgit Schwickerath-Näscher. 200 Mädchen und Jungen seien dann bestimmt dabei, feierten vor und auf der Bühne mit. „Die Kölner Karnevalsgesellschaften sind sozial sehr aktiv“, betont die Wengeranerin.
Kein Lachen auf Kommando
Überhaupt: Karneval, da gebe es immer wieder auch den Aufruf zu einem besseren Miteinander, zu mehr Toleranz und auch Kritik an Entwicklungen, Geschehnissen in Politik und Gesellschaft – ob in Büttenreden oder dem Kölschen Liedgut. Mit gezwungener Fröhlichkeit habe Karneval nichts zu tun. „In Köln wird niemand zum Mitmachen gezwungen“, sagt Birgit Schwickerath-Näscher. Und auch die Sichtweise, Karneval bedeute „Auf Kommando zu lachen“, teilt die gebürtige Kölnerin nicht: „Das geht nicht. Der Kölner lacht nicht auf Kommando und braucht auch keinen Alkohol.“ Sie selbst trinke ganz selten mal nur ein Glas. „Aber wenn et Trömmelche jeht“, Birgit Schwickerath-Näscher wechselt kurz ins Kölsche und schmunzelt: „Dann bin ich da.“
Auch Ehemann ist Karnevalist
Vor sich auf dem Tisch liegen ein paar Karnevalsimpressionen der letzten Jahre verteilt. Fotos von Karnevalssitzungen und Karnevalsfeiern und vom großen Kölner Rosenmontagszug, bei dem Birgit Schwickerath-Näscher und ihr Mann Ralph Näscher in diesem Jahr zum vierten Mal mitlaufen – verkleidet als Bauarbeiter, um kritisch auf die Baupolitik in Köln zu blicken. „In der Fußgruppe 23“, wirft Ralph Näscher kurz ein. Mit Karneval hatte er nichts am Hut, als er seine Frau 1975 kennenlernte. Und wie ist er zum überzeugten Karnevalisten geworden? „Och ... das ging ganz schnell“, sagt der Wetteraner da nur, und beide lachen. „Mein Mann ist zum Studium nach Köln gezogen. Da hat er die Kölsche Mentalität und über meine Familie den Karneval kennengelernt“, erinnert sich Birgit Schwickerath-Näscher.
Lieblingskostüm mit hohem Erinnerungswert
Sessionseröffnung, Herren- und Damensitzung, Fastelovend-Sitzung, WDR-Fernsehsitzung: Auch in dieser Session war und ist das Ehepaar viel unterwegs. Dabei stehen die Höhepunkte der „tollen Tage“ ja erst noch bevor. Ab Weiberfastnacht leben Birgit Schwickerath-Näscher und Ralph Näscher dann wieder in ihrer kleinen Zweitwohnung in Köln, starten von da aus mit Freunden und Familie ins karnevalistische Treiben der Domstadt – natürlich verkleidet. Wie viele Kostüme sie in ihrem Fundus haben, das weiß Birgit Schwickerath-Näscher nicht. „Wir wechseln immer wieder durch“, sagt sie und blickt auf die Fotos vor sich. Darauf ist sie mal als Hexe, als Matrose, als Baum oder mit roter Perücke, rot-weißem Ringelkleid und schwarzem Cut zu sehen. „Das ist einer meiner Lieblinge“, sagt Birgit Schwickerath-Näscher, zeigt auf den schwarzen Gehrock auf dem Foto und holt das Original-Stück hervor. „Der ist von meinem Großvater und über 100 Jahre alt“, erzählt sie. „Und seit mehr als 40 Jahren trage ich den im Karneval.“
Gänsehaut pur beim Rosenmontagszug
Ein Höhepunkt wird für Birgit Schwickerath-Näscher und Mann Ralph in diesem Jahr auch wieder der Rosenmontagszug sein. Anstrengend sei das schon, aber auch „wunderschön“. Ganz besonders, wenn es in diesem Jahr wieder durchs Severinstor geht. „Beim ersten Mal sind mir damals die Tränen gekommen“, erinnert sich die Kölnerin, die mit dieser Reaktion selbst gar nicht gerechnet hatte. Einige hätten ihr zwar propheizeit, dass dieser Moment ganz besonders sei – „aber ich dachte, die übertreiben.“ Sie muss lachen. „Es war wirklich Gänsehaut pur.“ Vielleicht auch, weil ihr die Stadt Köln einfach so am Herzen liegt. „Egal, wo ich all die Jahre war. Wenn ich in Köln von der Autobahn abfahre, geht mir das Herz auf.“ Mit jedem Wort, das Birgit Schwickerath-Näscher zu „ihrer“ Stadt sagt, wird ihre Verbundenheit spürbar: „Diese Stadt, diese Mentalität - die ist einfach richtig für mich.“