Herdecke. Patrick Wicker hat für seine kleine Familie lange nach einer neuen Bleibe gesucht und nichts Passendes gefunden. Nun gibt er all seine Ämter auf.

Wer Mitglied im Rat einer Stadt sein möchte, muss in der betreffenden Kommune leben. Als Lokalpolitiker weiß das natürlich auch Patrick Wicker. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Herdecker Parlament erhält aus den Reihen der Bürgerschaft oft Hinweise, welche Themen hier besonders im Fokus stehen sollten. Etwa Wohnungsnot.

Persönliche Gründe

Aus „ausschließlich persönlichen Gründen“ tritt der 35-Jährige nun zum 31. Dezember von all seinen politischen Ämtern zurück und beendet auch seine Mitgliedschaft im Rat. Das hat er in der jüngsten Sitzung angekündigt und im Gespräch mit der Lokalredaktion bestätigt. Der konkrete Anlass dürfte manchen bekannt vorkommen: Mit seiner Partnerin und einem Kind hat Patrick Wicker seit rund einem Jahr nach einer neuen Bleibe gesucht. „Wir waren in dieser Hinsicht komplett offen und haben uns auch Mietwohnungen angeguckt. Es sollte was in Herdecke sein. Es gab auch Angebote, manches kam in die engere Auswahl. Doch schlussendlich war nichts dabei, deshalb ziehen wir Drei jetzt in eine andere Stadt. Wir haben eine gute Lösung gefunden, auch wenn das nicht unser erster Wunsch war.“

Seit 2009 politisch aktiv

Seit 2009, damals als sachkundiger Bürger im Umweltausschuss, mischt Wicker in der heimischen Lokalpolitik mit. 2014 zog er in den Rat ein, 2021 bestimmte ihn die hiesige CDU-Fraktion zu ihrem Vorsitzenden. Seine Familie ist tief in Herdecke verwurzelt. Und selbst so jemand, der über viele Kontakte verfügt, findet hier nach längerer Suche keine passenden vier Wände? „Wir hatten kein Glück. Ich habe gewissermaßen am eigenen Leib erfahren, was uns die Leute immer wieder berichten. Wobei für uns als CDU das Thema Wohnraum immer wichtig war, gleichwohl sind wir häufig auf Hürden gestoßen.“

Wohnungsdruck

In den vergangenen Monaten habe er immer wieder Ausschau nach passenden Wohnungen in seiner Heimatstadt gehalten. Und den bekannten Druck erlebt. „Teilweise standen wir mit zehn Leuten vor einer Tür und bekamen mit ihnen dann ein Zeitfenster von fünf Minuten zur Besichtigung. Dann sollten wir am Ausgang unsere Daten hinterlegen, ehe die nächste Gruppe einmarschierte“, sagt der Geschäftsführer eines Entsorgungs-Betriebs im Kreis Unna mit Sitz in Lünen. „Es ist wohl Schicksal, dass mein und unser Weg außerhalb Herdeckes weiter geht.“

Sein politischer Abschied falle Wicker schwer. Er wolle nun einen konsequenten Schnitt vornehmen und ziehe sich auch als Beisitzer im CDU-Stadtverband sowie aus der Mittelstands-/Wirtschaftsunion MIT zurück. Er gehört nun auch keinem Fachausschuss mehr an. „Über die Jahre sind da Freundschaften entstanden, auch über Parteigrenzen hinaus. Den Fraktionsvorsitz aufzugeben, fällt mir nicht so schwer. Wir haben da viele tolle Leute, da mache ich mir keine Sorgen. Doch die regelmäßigen Sitzungen und Fachgespräche werden mir schon fehlen.“

Die wohl letzte Haushaltsrede

In seiner jüngsten und vorerst letzten Haushaltsrede verteidigte Patrick Wicker in der Ratssitzung vor Weihnachten die beschlossene Schließung der Stadtbücherei sowie das Festhalten an der teuren Freibadsanierung. Auch die Willkommenskultur für Flüchtlinge mache ihn stolz, wenngleich die Belastungen Herdecke an Grenzen bringe. „Bund und Land machen sich da einen schlanken Fuß.“

Sorgenvoll blickte er auf die fehlenden Gewerbesteuereinnahmen und die Abhängigkeit von wenigen Firmen. „Wenn eine von denen einen Husten hat, haben wir als Stadt eine Grippe. Wir brauchen neue Flächen.“ Bei den Schulinvestitionen etwa für Tablets stehe Herdecke dank weitsichtiger Entscheidungen recht gut da.

Auf Kreisebene forderte Wicker einen Führungswechsel. „Wir drehen hier jeden Stein um, dort wächst und wächst die Verwaltung und wirbt teilweise sogar Mitarbeitende aus Herdecke ab“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende, der hier auf bessere Zeiten für überlastete Angestellte der Stadt und ein neues Wohngebiet am Semberg hofft.

Zufrieden blicke er auf seine persönliche Politik-Bilanz in seiner Heimatstadt. „Wir haben als Team, sei es in der CDU oder in der Koalition, manches erreicht und Herdecke vor allem über das Jamaika-Bündnis neu geprägt.“ Er selbst habe sich beständig für eine LED-Beleuchtung in hiesigen Straßen eingesetzt. „Da war ich über all die Jahre hartnäckig und war daher froh, dass dies 2023 endlich umgesetzt wurde.“

>>> hier gibt es weitere Artikel aus Wetter und Herdecke

Insgesamt haben seine Fraktion und Partei trotz der derzeitigen Finanzmisere eine „gute Arbeit“ geleistet, das Stadtbild mit Fußgängerzone und Kampsträter Platz könne sich (gerade im Vergleich zu anderen Kommunen) sehen lassen. „Ich hätte mir gewünscht, dass manches schneller vorangeht. Beispielsweise die obere Hauptstraße oder die Baulandentwicklung Am Berge, die kommt auch für uns als kleine Familie zu spät“, so Patrick Wicker. Er bleibe der CDU verbunden, strebe vorerst aber nirgendwo ein Amt an und schließe nicht aus, eines Tages für Herdeckes Christdemokraten wieder aktiv zu werden. „Ich habe hier gerne Politik gemacht und gehe mit einem großen weinenden Auge.“