Herdecke. 44-jährige Herdeckerin am Freitagabend von Spezialpolizei aus ihrem Haus abgeführt. Staatsschutz ermittelt wegen politischer Straftaten.
Am Freitagabend wurde eine 44-Jährige durch Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) in einem Haus am Nacken in Herdecke verhaftet. Die Frau ist mutmaßlich der Reichsbürgerszene zuzuordnen.
Untersuchungshaftbefehl liegt vor
Gegen sie liegt ein Untersuchungshaftbefehl wegen mehrerer politischer Straftaten vor. Zum
Zeitpunkt des Zugriffs war nicht auszuschließen, dass die 44-Jährige über Waffen verfügt, so die Polizei. Die weiteren Ermittlungen werden durch den Staatsschutz des Polizeipräsidiums Hagen geführt. „Weitergehende Auskünfte können zum derzeitigen Zeitpunkt nicht erteilt werden“, heißt es in der Mitteilung der Polizei.
Frau war bereits auffällig
Aus gut unterrichteten Kreisen wiederum heißt es, dass die 44-jährige Herdeckerin keine Unbekannte sei. So soll sie am 21. Februar 2022 bereits auffällig geworden sein. 27-mal wurde an diesem Montagabend die Polizei gerufen. Am Tatabend sei um 21.26 Uhr der erste Anruf unter 1-1-0 eingegangen: Sie würde vom CIA verfolgt, hatte die Anruferin in den Hörer gebrüllt und dann aufgelegt, um erneut den Notruf anzuwählen und die Leitstelle der Polizei zu blockieren. Immer, und immer wieder. Um 22.54 Uhr ging dort der 25. Anruf ein, erfuhr der Gerichtsreporter während der Verhandlung vor dem Schöffengericht Hagen (die Lokalredaktion berichtete).
Mit der Axt auf Polizisten losgegangen
Als ein Streifenwagen vor Ort erschien und die Polizisten ausstiegen, habe ihr Lebensgefährte die Haustür geöffnet. „Er erschien ruhig und kooperativ“, berichtet der Polizeibeamte (25), der dort im Einsatz war, damals während der Verhandlung. Doch im Hintergrund habe die Frau gestanden „und schrie lautstark, wir sollten weggehen“. Sie griff plötzlich hinter den Türrahmen und holte eine Axt hervor.
„Mit dem Beil, gehalten in Brusthöhe, ging sie direkt auf uns zu“, schildert der junge Polizist im Zeugenstand: „Die Klinge zeigte, ein Meter Abstand, auf uns. Es war eine echte Gefahrenlage. Wir mussten deshalb unsere Schusswaffen ziehen und ihr den Gebrauch androhen.“ Als milderes Mittel kam schließlich Pfefferspray zum Einsatz, sie ließ das Beil fallen. Es war nicht einfach, die renitente Frau zum Streifenwagen zu bekommen: „Sie sperrte sich und musste an den vier Gliedmaßen gepackt die Treppe hochgetragen werden.“ Ein Rettungswagen wurde gerufen, der sie ins Krankenhaus bringen sollte. Eine angeordnete Blutentnahme ergab Cannabis-Konsum und 1,39 Promille Alkohol, sie hätte eine Flasche Weißwein getrunken.
Langes Vorstrafenregister
Der Polizeibeamte kann sie während der Verhandlung eindeutig identifizieren: „Ja, das ist sie.“ Dann fügt er hinzu: „Sie ist polizeilich bekannt. Wir haben auf der Wache Lichtbildmaterial eingesehen.“ Und da liegt tatsächlich einiges vor: Das Bundeszentralregister weist zwölf Eintragungen auf. Betrug, mehrmals Erpressung, Verwendung von Nazi-Symbolen. Mehrere Verstöße gegen das Waffengesetz, Volksverhetzung.
Gericht prognostiziert weitere Straffälligkeit
Gerichte quer durch die Republik, so stellte sich damals heraus, hatten die Frau bereits verurteilt. In dem Prozess in Hagen wurde die Reichsbürgerin letztlich wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall für 14 Monate ins Gefängnis gesteckt. Dabei wurde ihr eine verminderte Schuldfähigkeit zuerkannt. Durch ihr Verhalten, sowohl in der Untersuchungshaft (sie weigerte sich damals, die Corona-Schutzmaßnahmen einzuhalten) als auch während der Verhandlung, hätte sie deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich nicht an Regeln hält und sich auch in Zukunft nicht rechtstreu verhalten werde.
Dass sie sich nicht rechtstreu verhalten werde, scheint sich bewahrheitet zu haben. Laut Untersuchungshaftbefehl werden ihr verschiedene politische Straftaten vorgeworfen.