Herdecke. Beinahe doppelt so teuer wie zunächst gedacht: Die Kostenexplosion im Baugewerbe stellt Herdecke vor eine schwere Entscheidung.
Sicher wäre eine erneuerte Wasserrutsche wünschenswert und auch ein sanierter Strömungskanal. „Aktuell aber geht es um die Frage, überlebt das Freibad in Herdecke Ja oder Nein“, sagt Bürgermeisterin Dr. Katja Strauss-Köster. Die geplante Sanierung wird vier Millionen Euro teurer - zulasten der Stadt. Dafür gibt es aber weniger statt mehr Bad als bislang gedacht.
Neue Zahlen
Die Freude war groß, als vor drei Jahren Förderbescheide fürs Freibad in Höhe von 2,7 Millionen Euro und fürs Hallenbad in Höhe von 2,2 Millionen Euro kamen. Mit 1,2 Millionen Euro veranschlagte die Stadt Herdecke damals ihren Eigenanteil. Nun muss sie vier Millionen Euro mehr auf den Tisch legen. Das ist jedenfalls, die Zahl, die Kämmerer Dennis Osberg im Rahmen der Haushaltsberatungen einsetzen wird.
Baukosten gestiegen
Die Kosten fürs Bauen sind in den letzten Jahren rasant gestiegen. Wie viel die Stadt Herdecke drauflegen müsste, wenn alle ihre Anfangsvorstellungen verwirklicht würden, kann niemand genau sagen. Klar ist aber: Für die vier Mio. Euro mehr gibt es trotzdem nur ein abgespecktes Freibad. Keine Rutsche mehr. Kein Strömungskanal mehr. Allerdings wie früher einmal ein Extra-Schwimmbecken für die Kleinsten.
Planschbecken als Bereicherung
Ein Planschbecken für die Kinder werde gebraucht, sagt Katja Strauss-Köster, damit nicht mehr so viele junge Familien nach Witten oder Hagen abwandern müssen. Für die Bürgermeisterin soll der Akzent künftig auf einem Familienbad liegen. Das würde weniger Abenteuer und Anreiz für Jugendliche bedeuten. Schwimmen lernen bleibt möglich, auch Senioren können weiter ihre Bahnen ziehen.
Gemeinsamer Eingangsbereich für Freibad und Hallenbad
Bei den vier Mio. Euro Mehrkosten ist ein besonderer Einspareffekt schon eingepreist: Die Bürgermeisterin hat vorgeschlagen, neue Duschen und Umkleidekabinen und Schließfächer nicht mehr speziell fürs Freibad und dazu fürs benachbarte Hallenbad zu bauen. Sinnvoller wäre ein gemeinsamer Eingangsbereich für beide Bäder mit gemeinsamen Sanitärräumen. Ein stilles Örtchen gleich in Beckennähe soll es trotzdem geben.
Weniger Attraktionen, geringere Folgekosten
Viele Stellschrauben werden durch die Sparvorschläge bewegt. Gibt es keine lange Rutsche mehr, muss weniger Wasser gepumpt werden. „Je weniger Attraktionen, desto geringer die Folgekosten“, stellt Kämmerer Dennis Osberg fest. Er kann sich vorstellen, die zusätzlichen vier Millionen Euro in den Haushalten der nächsten Jahre unterzubringen. Aber über Änderungen müsste auch wieder mit dem Fördergeber gesprochen werden. Immerhin hat die CDU bereits erklärt, dass sie den Vorschlag mit den gemeinsamen Sanitärräumen begrüßt. Der große Austausch mit den Parteien und den Bürgern über die Vorschläge und die Freibad-Zukunft aber steht erst noch an.
„Soziale Komponente“ bedenken
Viele Aufgaben seien den Städten in den letzten Jahren aufgebürdet worden, sagt Katja Strauss-Köster, die Herdecke weiterhin „lebens- und liebenswert erhalten will.“ Bei der Bücherei stehe schon fest, dass sie geschlossen wird. Die Musikschule werde weiter abgespeckt. Da solle wenigstens das Freibad erhalten bleiben „auch als soziale Komponente“. Die Bürgermeisterin denkt beispielsweise an Kinder aus Familien, die sich keinen Urlaub leisten können.
Über Jahre ist die Diskussion über die Zukunft des Freibades geführt worden. Fast fünf Mio. Euro Fördermittel bei einem deutlich geringeren Eigenanteil der Stadt haben sie leiser werden lassen. Nun aber sollen die Eigenmittel den Förderanteil noch übersteigen. Andere Städte haben auch schöne Bäder, war in der damaligen Diskussion zu hören. An der Notwendigkeit eines eigenen Freibades dürfte es auch jetzt wieder Zweifel geben.
Bürgermeisterin im „Kampfmodus“
Bürgermeisterin Strauss-Köster glaubt trotzdem: „Ganz viele Herdecker wollen das Bad erhalten.“ Sie jedenfalls sieht sich nach eigenen Worten im „Kampfmodus“ für die Sanierung. Sie sagt: „Es ist leicht, das Bad jetzt zu schließen. Aber es wird nie wieder einen geben, der es aufmacht.“