Wetter/Herdecke. Bei jedem dritten Abizeugnis in Wetter steht eine Eins vor dem Komma. Eine Lehrerin sagt etwas zu den Gründen

An der Friedrich-Harkort-Schule in Herdecke gab es unter 111 Abiturientinnen und Abiturienten zweimal die Traumnote 1,0. Am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Wetter haben in diesem Jahr sechs Abiturienten die Note 1,0 oder besser, 33 Schülerinnen und Schüler von insgesamt 95 haben eine 1 vor dem Komma. War der Anteil schon immer so hoch, und wenn nicht, was steckt dahinter?

Der Trend zu immer mehr Bestnoten bei der Abi-Prüfung ist nicht neu. „Woran diese Entwicklung liegt, wird in der Fachwelt viel diskutiert“, weiß Lehrerin Stefanie Reimann vom Geschwister-Scholl-Gymnasium. Allein schon, dass diskutiert wird, zeigt, dass es mit den Erklärungen nicht so einfach ist.

Durchfallquote ist stabil geblieben

Zunächst einmal ist der Abi-Schnitt insgesamt bei der Note 2,4 stehen geblieben. Die Zahlen der Bestnoten steigen, aber die Durchfallquoten sind nicht niedriger geworden. Für Stefanie Reimann folgt daraus: „Pauschal zu sagen, dass das Abitur leichter geworden ist, ist sicher keine brauchbare Antwort.“

Gründe für mehr Abi-Noten mit einer 1 am Anfang könnten sein, dass die Untergrenze für die Bestnote (ab 823 Punkten von 900 Punkten) relativ niedrig ist. Außerdem überzeugt Stefanie Reimann das Argument, dass durch das Zentralabitur die Aufgaben stärker standardisiert und dadurch eine gezielte Vorbereitung auf die Prüfung besser möglich sei. Noch etwas gibt die Lehrerin zu bedenken. Man müsse berücksichtigen, dass ein Anteil von zwei Drittel der Abiturnote aus den Noten der vorangegangenen zwei Unterrichtsjahre entstammten. Die Prüfungsleistungen selber lieferten nur ein Drittel. Stefanie Reimann wörtlich: „Dadurch zahlen sich langfristiges Engagement im Unterricht und vielleicht auch einfach guter Unterricht positiv aus.“

Türöffner mit beschränkter Wirkung

Um die Wucht dieses Trends zu erfassen, hilft ein Blick nach Essen. Im Jahr 2002 schafften gerade mal sieben Schülerinnen und Schüler die Traumnote 1,0. Im vorigen Jahr waren es 99. Die Verbesserung beim Gesamtdurchschnitt fiel im gleichen Zeitraum in Essen wie im Landesdurchschnitt bedeutend geringer aus. Gute Abi-Noten öffnen zwar viele Türen, aber offenkundig längst nicht wie gewohnt. Zum Bericht über Aline Seckinger, die am GSG das Abitur als Jahrgangsbeste mit der Note 0,77 hingelegt hat, schrieb eine Mutter: „Jo, mein Tochter war mit 1,1 auch Jahrgangsbeste im letzten Jahr und hat KEINEN Platz für Medizin bekommen!“