Wetter/Herdecke. Die Ausflugsschiffe gehören zu Wetter und Herdecke wie die Ruhr. Das traditionelle Angebot auf dem Harkortsee startet jetzt, am Hengsteysee bald.
Pauschal heißt es ja in der Bevölkerung: Alles wird teurer. Simmt natürlich nicht. Aber zugegeben: Ausnahmen bestätigen die Regel. Umso fröhlicher nimmt die Kundschaft zur Kenntnis, wenn die Preise mal nicht steigen. So wie es in diesem Jahr bei den heimischen Ausflugsschiffen auf dem Harkort- und Hengsteysee der Fall ist. Hier wie dort steht in Kürze der Saisonstart an, wie die beiden Herdecker Familienbetriebe mitteilen.
Daniela Schmidt, die die Personenschifffahrt Meyer leitet und somit Fahrten auf dem Kemnader sowie Harkortsee organisiert, blickt derzeit gespannt in zwei Richtungen. Da wäre einerseits die Hoffnung, dass jetzt an Karfreitag gutes Wetter vorherrscht. Am 7. April will Kapitän Rigo Suttner 2023 nun erstmals vom Seeplatz in Wetter ablegen, um mit der MS Friedrich Harkort den Zweibrücker Hof in Herdecke anzusteuern sowie anschließend hin und her zu fahren. Eigentlich sollte der Saisonstart schon am letzten März-Wochenende oder kurz danach am Monatsanfang erfolgen. „Nach dem Winter zählt jeder Tag“, sagt Daniela Schmidt.
Die Herdeckerin schaut andererseits gebannt auf die Internetseite des Ruhrverbands. Denn nach den zahlreichen Niederschlägen galt kürzlich noch ein Befahrungsverbot sowohl für den Harkort- als auch für den Hengsteysee. „Unter der Oberfläche kann einiges an Treibgut schwimmen. Wir richten uns auf einen Saisonbeginn jetzt am Osterwochenende ein“, so Schmidt. Je nach Freigabe und Wetterlage („Bei Regen legen wir nicht ab, wir wollen Leerfahrten vermeiden“) geht es am 7. April um 11 Uhr oder mittags los.
Snack und ähnliches etwas teurer
In Sachen Saisonvorschau hat die Personenschifffahrt Meyer noch eine gute Nachricht parat: Es ändert sich im Vergleich zum Vorjahr (fast) nichts. Erwachsene zahlen beispielsweise für eine Rundfahrt acht Euro. „Wir passen nur vereinzelt Küchenpreise an, es bleibt aber bei den aus der Corona-Zeit gewohnten Zeiten und Preisen“, erzählt Schmidt, die die konstanten Beträge auch als Entgegenkommen für Familien oder Senioren ansieht. „In schwierigen Zeiten wollen wir auch jenen einen Ausflug auf unserem Schiff ermöglichen.“
Dabei wirkt die Corona-Krise, in der der Betrieb das Angebot reduzierte, noch nach. Der Fahrplan werde nicht wieder ausgeweitet. „Wir hoffen auf eine gute und ruhige Saison – in etwa so, wie es 2022 der Fall war. Bei uns steht und fällt eigentlich alles mit dem Wetter“, meint Schmidt und möchte nicht ausführlich über Pandemie-Auswirkungen reden. Die Folgen der Jahre 2020 und 2021 spüre sie noch heute. „Ohne externe Hilfe sowie Geld-Unterstützung hätten wir Corona mit Lockdown und Fahrverboten nicht überstanden, die finanziellen Belastungen sind noch immer da.“
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Auch Jürgen Dörnbach will nicht lange in den Rückspiegel und auf einen „turbulenten Sommer 2022“ zurückschauen, seine Saison endete Mitte Oktober am Schiffswinkel. „Corona hat uns zurückgeworfen. Jetzt hoffen wir auf ein gutes Jahr.“ Mit seiner Frau Dagmar organisiert der Herdecker schon lange die Personenschifffahrt auf dem Hengsteysee sowie dort auch einen Ruder- und Tretbootverleih. „Wir erhalten schon jetzt einige Anfragen, wann die Leute denn bei uns ein Bötchen mieten können. Das dauert aber noch, auch unser Fahrgastschiff Freiherr vom Stein legt wohl erst Mitte April oder später ab. Ostern ist jetzt für uns schlicht zu früh“, sagt der erfahrene Kapitän.
Jürgen Dörnbach weist Anrufer auf die noch nicht passenden Pegelstände hin, weshalb beispielsweise das Ausflugsschiff der Familie noch nicht in See stechen könne. „Die Wehre sind noch geöffnet, das kann gefährlich sein. Im Prinzip sind wir aber startklar, in dieser Woche war ich mit dem Elektriker an Bord, wir haben noch etwas ausgebessert.“
Auch auf dem Hengsteysee bleiben Preise und Zeiten unverändert. Ein neuer Ansatz: Mit dem dortigen Restaurant Proto planen die Dörnbachs eine Kooperation und Verköstigungen auf dem Schiff.
Infos zum Saisonstart, Angebot (Hochzeitsfahrten), zu den Preisen und Zeiten auf www.personenschifffahrt-meyer.de für den Harkortsee und auf www.personenschifffahrt-hengsteysee.de
Hintergrund
Je nach Lage der Dinge kann der Ruhrverband als öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen ein Befahrungsverbot auf den vier Seen und zwei Ruhrabschnitten hier in der Region aussprechen. Erfreulich: Zu Beginn der Osterferien standen die Ampeln für Schiffsverkehr auf dem Harkort- und Hengsteysee noch auf Rot. Seit Mitte der Woche gibt es grünes Licht für die MS Friedrich Harkort, um von Wetter nach Herdecke und zurück zu fahren. Auch das Schwester-Boot (Freiherr vom Stein) könnte über den Hengsteysee gleiten.
Die jeweilige Erlaubnis erfolgte dank gesunkener Pegelstände. Und jetzt wird es kurios: Entscheidend für die Befahrungssituation auf den zwei heimischen Seen (sowie für Essen-Baldeney) sind nicht etwa – das wäre ja im wahrsten Wortsinn naheliegend – die Zahlen am Messpunkt Wetter, sondern die Werte am Pegel Hattingen. Ob die Herdecker Personenschifffahrt Meyer wiederum an der Kemnade ablegen kann, entscheidet sich am Messpunkt Wetter. Das sei schon länger so, teilt der Ruhrverband auf Anfrage mit. Wer ins Internet schaut, sieht dort: Liegt der Ruhr-Pegel in Hattingen unter 3,58 Metern, dürfen Boote in Wetter und Herdecke ablegen.
>>> Ein Kommentar von Steffen Gerber zur Wertschätzung <<<
Wetter führt den Flussnamen Ruhr im Titel, Herdecke nennt sich die Stadt an den Ruhrseen. Wer hier lebt, kennt die Bedeutung des Gewässers. Einheimische können sich ihr favorisiertes Freizeitziel ohne die beiden Ausflugsschiffe nicht vorstellen.
Die MS Friedrich Harkort und das FGS Freiherr vom Stein sind ein Stück Heimat. Wer Gäste hat und einladen will, denkt über eine Fahrt mit hiesigen Schiffen nach. Dass die zwei Familienbetriebe dieses Angebot (Hochzeits-Zeremonien nicht zu vergessen) schon sehr lange ermöglichen können, spricht Bände. Auch da zeigt sich wechselseitige Verbundenheit: einerseits treue Kundschaft und auswärtige Gäste, andererseits Bemühungen um faire Preise. So soll es bleiben.