Wetter/Herdecke. In Wetter und Herdecke gehen fast alle Arbeitnehmer klassisch von Montag bis Freitag dem Beruf nach. Die Vier-Tage-Woche habe Vor- und Nachteile.

Eine Studie aus England sorgt auch hierzulande für Gesprächsstoff. Ergebnisse aus 61 britischen Unternehmen ergaben, dass Mitarbeitende bei einer Vier-Tage-Woche ausgeruhter und motivierter seien. Zudem gingen bei ihnen die Fehlzeiten zurück. Spannend. Lässt sich nun etwa auch in der Arbeitswelt von Wetter und Herdecke das Ende der klassischen Fünf-Tage-Woche ausrufen? Die Antwort darauf ist derzeit eindeutig und lautet: nein. Bei der Recherche konnte die Redaktion nicht einen heimischen Betrieb ermitteln, der auf eine Reduzierung und kompakte Strukturen setzt. Gleichwohl betonen sehr viele, dass flexible Modelle immer mehr Einzug halten.

Bei der Demag in Wetter zum Beispiel ist eine Vier-Tage-Woche momentan kein Thema, wie Britta Schweiger als Sprecherin des Mutterkonzerns Konecranes mitteilt. „Bei uns gibt es aber schon lange Gleitzeit, Arbeitszeitkonten, hybrides Arbeiten außerhalb der Büros und natürlich auch Homeoffice.“ Im Schwesterbetrieb Gottwald in Düsseldorf lief dagegen ein dreimonatiges Pilotprojekt. Nach einer Umfrage in einem Teilbereich der Fertigung entschieden sich diese Angestellten für einen Versuch. Die Rückmeldungen fielen laut Schweiger unterschiedlich aus: Eine Hälfte der Angestellten befürwortete das, die andere nicht. Erkenntnis daraus: „Konecranes ist grundsätzlich offen für neue Arbeitszeitmodelle, wobei das auf der Basis örtlicher Begebenheiten und Produktionsabläufe entschieden werden sollte.“

Flexibilität wird immer wichtiger

Ortswechsel. In der Herdecker Traditionsfirma Dörken gilt der Chemietarif. Dieser sieht aktuell keine Vier-Tage-Woche vor. „Selbstverständlich ermöglichen wir unseren Mitarbeitenden flexible Arbeitszeiten in Bezug auf den Tag, das Jahr oder die Lebensarbeitszeit. Letzten Endes zählen Ergebnisse und nicht, ob diese im Rahmen der 37,5-Stunden-Woche an vier oder fünf Tagen erreicht worden sind“, sagt Dörken-Vorstand Thorsten Koch und ergänzt: „Allerdings muss dabei die Produktion gewährleistet werden, auch im vollkontinuierlichen Betrieb sowie die Ansprechbarkeit für unsere Kunden.“

Im hiesigen Bezirk der Handwerkskammer Dortmund haben sich ein halbes Dutzend Betriebe von der Fünf-Tage-Woche verabschiedet. „Das Handwerk kämpft derzeit mit vollen Auftragsbüchern und zu wenig Personal. Vor diesem Hintergrund kann es lohnend sein, Arbeitszeitmodelle zu überdenken, um die Arbeitgeberattraktivität des eigenen Betriebs zu erhöhen“, erklärt Kammer-Präsident Berthold Schröder. Jeder Betriebsinhaber müsse für sich selbst entscheiden. Ein denkbares Modell sei die Verteilung der Gesamtarbeitsstunden auf weniger Tage. Mitarbeitende können sich auch die Arbeitstage aufteilen, damit an allen Wochentagen Aufträge angenommen werden können. „Bei der aktuell hohen Auftragsdichte dürfte es für die meisten Handwerksunternehmen eher schwierig sein, kürzere Arbeitszeiten anzubieten.“ Derzeit fallen wegen zahlreicher Kundenanfragen viele Überstunden an.

Es ist „individuelle Entscheidung“

Fabian Schleithoff, der in der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) Hagen das Geschäftsfeld „Unternehmen beraten“ leitet, kennt im hiesigen Gebiet keine Firma mit einer Vier-Tage-Ausrichtung. Wohl aber einen Betrieb im benachbarten Siegerland. „In der starken Industrieregion hier ist solch eine individuelle Entscheidung auch eine Frage des Wettbewerbs.“ Ein wichtiges Kriterium ergebe sich durch die Suche nach Fachkräften. „Viele Verantwortliche überlegen schon, wie sie sich als attraktiven Arbeitgeber darstellen können. Es gibt in dieser Hinsicht aber kein Patentrezept, da stehen sich Vor- und Nachteile gegenüber.“ Schleithoff erwähnt ein vermeintlich besseres Verhältnis von Beruf und Freizeit („Work-Life-Balance“), als Kehrseite der Medaille könnten sich internationale Kundenbeziehungen erweisen. „Das bedarf einer eigenen Bewertung, ob sich das auch an vier Tagen regeln lässt.“

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Ähnlich argumentiert Dirk W. Erlhöfer. Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen kann die Bereitschaft von womöglich eher jüngeren Kräften verstehen, zugunsten eines freien Freitags von Montag bis Donnerstag länger zu arbeiten. „Für Unternehmen kann das interessant sein, um Betriebskosten zu sparen. Es muss vor allem in Mehrschichtbetrieben gegengerechnet werden, ob Maschinen still stehen können und so der Strom-, Heizungs- oder Wasserverbrauch sinken kann. Es ist aber eine Überlegung wert, wenn das Geld in vier anstatt fünf Tagen verdient werden kann.“ Erlhöfer warnt aber davor, dass dieses Modell Eingang in Tarifverträge findet. Die Vier-Tage-Woche lasse sich auch nicht gesetzlich verankern, sie sei „eher was für Nischen und keine flächendeckende Blaupause.“

Im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, so sagt es Lars Martin als zweiter Hauptgeschäftsführer in Westfalen, setzen einige Betriebe nach der Corona-Krise fast zwangsläufig auf eine Vier-Tage-Woche. „Es fehlt weiter Personal. Für Wirte kann daher ein zusätzlicher Ruhetag Einsparungen ergeben.“