Herdecke. Ein Urgestein des Wochenmarkts, der Obst- und Gemüsehändler Herbert Schnückel, ist tot. Er wurde 90. Deswegen fehlt er seinen Stammkunden.

„Mein Beileid“. Diese Worte hört Philipp Schnückel an diesem Morgen immer wieder von treuen Stammkunden. Der Obst- und Gemüsehändler hat seinen Stand auf dem Herdecker Wochenmarkt in Höhe der Bäckerei Hagenkötter aufgebaut – wie an jedem Donnerstag. Und doch ist nichts mehr so, wie es seit Jahren und Jahrzehnten war. Denn sein Vater Herbert Schnückel, der bis Sommer letzten Jahres immer noch gemeinsam mit ihm zum Markt kam, ist am 13. Januar im Alter von 90 Jahren verstorben.

Leidenschaft fürs Marktgeschäft

„Den Herbert Schnückel kannte ich ewig. Wir waren immer zusammen auf dem Großmarkt“, sagt Ursula Reddig, die selbst 52 Jahre einen Marktstand betrieben hat und nun bei Philipp Schnückel ihr Obst kauft. „Er hat das ja fast bis zum 90. Lebensjahr gemacht. Das ist unser Leben. Wer einmal auf dem Markt war, der geht nicht wieder vom Markt“, sagt sie. Das kann Philipp Schnückel nur bestätigen. Die Leidenschaft fürs Marktgeschäft hat seinen Vater ein Leben lang nicht losgelassen.

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„Er war ja im letzten Sommer noch hier. Er konnte es einfach nicht lassen. Das Schlimmste für ihn war, wenn ich gesagt habe, dass er zuhause bleiben soll. Das passte ihm überhaupt nicht“, so der 41-Jährige und schüttelt nachdenklich den Kopf. „Ich sehe ihn immer noch hier sitzen.“

Entscheidung musste her

Die Entscheidung, dass er das Marktgeschäft seiner Eltern weiterführen wird, ist zwar schon vor geraumer Zeit gefallen. Der Verlust des Vaters aber macht Philipp Schnückel in diesen Tagen die Arbeit schwer. „Ich habe schon mit fünf Jahren die Kisten auf dem Transporter festgebunden. Fachmännisch und nach TÜV-Norm“, sagt er augenzwinkernd. „Ich war einfach immer dabei. Im Laufe der Jahre hat das zugenommen, beim Studium noch mehr.“ Das habe dazu geführt, dass er irgendwann vor der Entscheidung das Studium des Wirtschaftsingenieurwesens fortzusetzen oder komplett ins Familiengeschäft einzusteigen. Letztlich war der 41-Jährige nicht wirklich frei in dieser Entscheidung; denn „ich konnte mir nicht vorstellen, das Marktgeschäft aufzugeben. Das geht gar nicht.“ Immer wieder muss Philipp Schnückel das Gespräch unterbrechen, um Kundschaft zu bedienen. Darunter auch Bernd Felix, der nur gute Erinnerungen an den Senior hat: „Ich kannte ihn schon, als er noch am Kampsträter Platz war. Mit ihm kam man immer ins Gespräch, und er hatte immer Informationen aus dem Dorf.“

Anfänge in Hagen

Angefangen hatten seine Eltern Herbert und Walburga Schnückel einst mit dem Betrieb von zwei Tante-Emma-Läden in Hagen. „Dann aber wurde an der Haldener Straße ein Plus gebaut“, so Philipp Schnückel und berichtet, dass der Beginn der großen Supermärkte das Aus für die kleinen Läden seiner Eltern bedeutete. „Dann sind sie auf den Markthandel umgestiegen und waren zunächst vier Mal die Woche in Herdecke. Es wurde schwierig in der Tschernobyl-Zeit, weil keiner mehr etwas Frisches kaufen wollte. Das war bei Corona Gott sei Dank nicht so. Corona hat uns finanziell zum Glück nicht geschadet“, blickt der Markthändler zurück.

Drei Standorte

20 Jahre lang baute die Familie ihren Marktstand ausschließlich in Herdecke auf. Bis die „Hiobsbotschaft“ vom Umbau des Kampsträter Platzes gekommen sei. Philipp Schnückel: „Da konnte ich dann sehen, wo ich bleibe. Daraufhin habe ich dann 13 Märkte in der Woche besucht; denn es ist schwer, eine gute Verkaufsstelle zu finden. Die besten drei habe ich nun gefunden, so dass ich nun dienstags in Ennepetal-Voerde, donnerstags in Herdecke und samstags in Monheim bin.“ Philipp Schnückel ist wieder gefragt. Diesmal möchte Brigitte Adamheit ihren Chicorée bezahlen. „Herr Schnückel? Der war immer nett, hat immer Anteil genommen und kannte seine Stammkunden. Selbst meine Flötenlehrerin schwärmte von ihm.“

Hobbys Klavierspiel und Malen

Im vergangenen Juni machte Philipp Schnückel Urlaub in Rom. Dort ereilte ihn die Nachricht, dass beide Eltern ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

Danach sei es mit seinem Vater gesundheitlich stetig bergab gegangen. Auch an seinen Hobbys, Klavierspielen und Malen, habe er schließlich kein Interesse mehr gezeigt. Philipp Schnückel: „Ich habe ihm extra noch einen Flügel gekauft, aber irgendwann wollte und konnte mein Vater einfach nicht mehr.“