Herdecke. Nach dem Bericht zur politisch beschlossenen Umwandlung der Technischen Betriebe Herdecke äußern sich viele kritisch. Darunter auch ein Politiker

Der gestrige Bericht über die strukturellen Änderungen bei den Technischen Betrieben Herdecke (TBH) hat Wellen geschlagen. Viele Facebook-Kommentare legen nahe, dass die mehrheitlich vom Rat beschlossene Umwandlung und Gründung einer gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft in der Bürgerschaft nicht auf Wohlwollen stößt. Konkret könnte nach einer erfolgreichen Ausschreibung in den nächsten Monaten der TBH-Status als Verwaltungseinheit der Stadt Herdecke enden.

Ein Internet-Nutzer schreibt nach einem Hinweis auf die erfolgte Gebührenerhöhung: „Das heißt mit anderen Worten Privatisierung!“ Er legt mit harschen Worten nach: „Es ist eine Schweinerei, die da jetzt passiert. Da will sich jemand eine goldene Nase verdienen.“

Prognose zu Partner-Firma

Ein anderer Facebook-Nutzer kommentiert: „Weil man im Jahr eine Million Gewinn macht, will man jetzt ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit ins Boot holen, damit die Stadt sich um die Gewinne nicht alleine kümmern muss? Man schafft da für ein Unternehmen Zugriff auf die Stadtkasse und das Portemonnaie des Herdecker Bürgers.“ Es folgt noch ein Blick in die Zukunft: „Ach so, ich würde ein paar Euro darauf setzen, dass AHE der Partner wird...“

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Ein Duo kritisiert ebenfalls, dass wohl ein Unternehmen bald ein gewichtiges Wort in der neuen Gesellschaft mitsprechen könnte. „Nennt man erstmal Teilprivatisierung“, ehe dann am Ende eine komplette Privatisierung folgen könnte, heißt es. Spitzfindig klingt die darauf folgende Aussage: „Nein, man wird ja nur die Gewinne und nicht die Verluste privatisieren wollen...“

Interessant hört sich der Vorschlag eines weiteren Facebook-Nutzers an: Die Technischen Betriebe Herdecke könnte man doch mit jenen in Wetter zusammenlegen, „um Geld zu sparen. Aber nein, die Politiker stehen sich ja immer gegenseitig im Weg.“ Der benachbarte Stadtbetrieb wurde 2001 als Anstalt des öffentlichen Rechts der Stadt Wetter gegründet. Die Kommune hatte als einer der ersten Städte in Nordrhein-Westfalen diese Organisationsform gewählt.

Die Partei stimmt gegen die Pläne

Aus den Reihen der Politik, die bisher nur hinter verschlossenen Türen über das Thema sprach und kürzlich im Dezember lediglich in zwei Haushaltsreden (von CDU sowie SPD) die Umwandlung in öffentlicher Sitzung andeutete, hat sich am Donnerstag der Sprecher von Die Partei geäußert. Auf seiner Facebook-Seite teilt Ratsmitglied Nico Fischer mit: „Ich halte es für meine Pflicht als Fraktionsvorsitzender der sehr guten Partei Die Partei Ihnen mitzuteilen, dass wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln versucht haben, in den nichtöffentlichen Sitzungen gegen diese Entscheidung zu kämpfen. Wir haben an den gesunden Menschenverstand appelliert, aber leider hat das alles nichts gebracht. Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger Herdeckes ist das aus unserer Sicht nicht, und deswegen haben wir uns auch entschieden dagegen gestellt.“

Leserbrief

Auch Klaus Weißbach, ein recht bekannter Herdecker Musiker, äußert sich kritisch zu dem Vorhaben. Sein Leserbrief im Wortlaut: „Dass in Herdecke angesichts desaströser Erfahrungen anderer Kommunen immer noch über eine Privatisierung des Kanalnetzes nachgedacht wird, ist im höchsten Maße bedenklich und lässt Schlimmstes befürchten. Dass ein privater Investor eine der (theoretisch) schönsten Stellen einer Stadt in eine hässliche Betonwüste verwandeln kann, das sehen wir jeden Tag im „Quartier Ruhraue“.

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Dass die Stadt versichert, sie würde eine Mehrheit an einer Public Private Partnership behalten und die Arbeitsplätze und Einkommen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schützen, gilt genau so lange, bis man unter diesen Bedingungen keinen privaten Partner findet und dann — weil man schon Fakten geschaffen hat und unter zeitlichen Zugzwang gerät — ein privates Angebot erhält, das man nicht mehr ablehnen kann und mit dem alle vorher gemachten Zusagen zu Makulatur werden.

Ob ich phantasiere? Wer sich informiert, erfährt fast täglich von solchem „Behördenversagen“ auf kommunaler Ebene. Und nein: ich nutze keines der 08/15-Franchise-Angebote im „Quartier Ruhraue“ … mir reicht ein Blick auf die Betonwüste aus der Höhe beim Hundespaziergang.“