Wetter. Die Stadt Wetter hat drei sogenannte „Schrottimmobilien“ identifiziert. Warum es mit dem Abreißen nicht so einfach ist

Die zwei Schilder am Hauseingang sorgen direkt für Respekt und lassen einen zurückweichen. „Einsturzgefahr“ steht da. Also nicht zu nah heran an dieses Bauwerk, das sich in versteckter Lage am Schmandbruch in einer Nebenstraße befindet. Auf Antrag der CDU hatte die Stadtverwaltung Wetter kürzlich im entsprechenden Fachausschuss einen Überblick zu problematischen Gebäuden in hiesigen Gefilden gegeben und konkrete Beispiele dargestellt.

Im Volksmund heißen leerstehende und verfallende Häuser „Schrottimmobilien“. Dieser Begriff, so erläuterte es Raumplanungsstudent Felix Mohr (Praktikant im Fachdienst Stadtentwicklung) in seiner Einleitung, suggeriert aber eine „fehlende Inwertsetzbarkeit“ und sei daher irreführend. Grundsätzlich gehe es in diesem Zusammenhang um problematische Liegenschaften, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, den geltenden Vorschriften zu Umgang, Nutzung und Bewirtschaftung nicht entsprechen oder nicht mit städtebaulichen Entwicklungszielen bzw. wohnungspolitischen Zielsetzungen im Einklang stehen. Baufachbereichsleiterin Birgit Gräfen-Loer nannte dann drei Gebäude im Stadtgebiet.

Esborner Straße

Die frühere Gaststätte Im Korten in Esborn sei eine solche Problemimmobilie. Erst recht, nachdem es dort im Mai 2020 auch noch gebrannt hat und die Löscharbeiten für weitere Zerstörungen im oder auch am Gebäude sorgten. Bereits im Frühjahr 2021 hatte die Stadt Wetter auf Anfrage der Lokalredaktion mitgeteilt, dass sie den Eigentümer regelmäßig zur Prüfung der Standsicherheit durch sachverständige Personen auffordere und dies der Bauaufsicht nachzuweisen sei. Dabei handele es sich um Ordnungsverfügungen, regelmäßige Kontrollen erfolgten zur Verkehrssicherungspflicht. Schon damals stand eine Abriss-Androhung im Raum, sollten durch das Gebäude zum Beispiel Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen.

Aktueller Stand: Nach Angaben der Stadt Wetter liege trotz vorhandener Bauzäune direkt an der Schnellstraße eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch herabstürzende Teile und ungesicherte Zugänge vor. Also habe sie nach den Sicherungsmaßnahmen mittlerweile eine „bauordnungsrechtliche Abbruch- und Beseitigungsanordnung“ erteilt. Der Eigentümer muss das leerstehende Gebäude, in das Niederschlagswasser eindringe, also abreißen. Andernfalls komme eine Ersatzvornahme in Frage, dann würde die Kommune aktiv. „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren“, sagte Gräfen-Loer zu Wolfgang Cornelsen (SPD), der nach einer zeitlichen Einschätzung und finanziellen Auswirkungen fragte. Und erfuhr, dass die Stadt beispielsweise in eine Vorleistung gehen und dem Eigentümer dann die Rechnung stellen kann. „Danach müsste man weiter sehen“, so die Baufachbereichsleiterin, die weiterhin von regelmäßigen Kontrollen zur Überprüfung der Statik berichtete. Generell stehen laut Felix Mohr vor Zwangsmaßnahmen aber viele rechtliche Hürden (Stichwort Verhältnismäßigkeit), wobei „Eigentum auch verpflichtet“.

Theodor-Heuss-Straße

Ähnlich und doch anders stellt sich eine Lage in Innenstadtnähe am alten Marktplatz dar. An der Theodor-Heuss-Straße (dort hat eine Eigentümergruppe das frühere evangelische Gemeindehaus wieder hergerichtet) verkommt die ehemalige Gaststätte Nordstern immer mehr. Ein Problem: ungeklärte Eigentumsverhältnisse. Gleichwohl gebe es „keine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes“. Auch wenn von der Problemimmobilie keine Gefährdung ausgehe, könne der anhaltende Leerstand für einen Verfall sorgen. Zu beachten sei aber auch der „städtebauliche Missstand im Umbaugebiet“, womit der Quartiersplatz vor dem Stadt- und Kreisarchiv gemeint ist. Die Planung zur Umgestaltung will die Stadt voraussichtlich Ende 2023 angehen.

Da sich das Gebäude im Stadtumbaugebiet befinde, könnte dann womöglich auch Bewegung kommen in „die gegenüberliegende, baulich ungepflegte und leerstehende Immobilie, die die gestalterischen und funktionalen Defizite noch verschärft“. Sollte sich dann über die Eigentümer nichts verbessern lassen, denkt die Stadt an Handlungsoptionen wie eine Aufnahme in die Vorkaufsrechtsatzung oder an einen Zwischenerwerb.

Schmandbruch

Bliebe noch die Problemimmobilie in einem Außenbereich von Wetter, von der eingangs die Rede war und für die die Stadt bauordnungsrechtliche Sicherungsmaßnahmen angeordnet habe. Eine Gefährdung gehe von dem leerstehenden Wohngebäude nicht aus. Gleichwohl könnte – wie an der Esborner Straße – eine Abbruch- und Beseitigungsanordnung folgen, wenn sich der Zustand verschlechtere. Das Haus grenzt nicht an öffentliche Verkehrswege und gehört der Knorr-Bremse Group. Laut Gräfen-Loer laufen zum Flächenerwerb durch die Stadt zwar aktuelle Gespräche, zugleich erwähnte die Baufachbereichsleiterin eine „schwierige Erreichbarkeit“ auf Eigentümerseite.

Die Örtlichkeit am Schmandbruch sei Bestandteil der laufenden Entwicklung des Gebiets Im Langenrohde, auch wenn eine Stromtrasse die entsprechende Wohnbaufläche (im gültigen Flächennutzungsplan hinterlegt) schneidet. Sollte es für dieses Areal einen Bebauungsplan geben, könnte an der konkreten Stelle ein allgemeines Vorkaufsrecht nach Vorgaben des Baugesetzbuches greifen. Anders gesagt: Ausgang und Ende offen.

Ungleichgewicht wegen Wohnraum-Nachfrage

Die CDU hatte ihren Antrag und ihre Anfrage nach „Schrottimmobilien“ gestellt, da in Wetter aktuell eine sehr hohe Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum bestehe. Durch Leerstände und unbewohnbare Immobilien werde dieses „Ungleichgewicht im Wohnungsmarkt verstärkt“.
Neben Gefahren sei auch der unansehnliche Außeneindruck solch verwahrloster Gebäude für das gesamte städtische Erscheinungsbild nicht von Vorteil.

Stefan Wedegärtner regte an, auch in die untere Kaiserstraße zwischen Bönnhoff-Kreisel und Lidl-Abzweig zu schauen. Baufachbereichsleiterin Gräfen-Loer bestätigte das städtische Interesse an einer Aufwertung dieser Häuserzeile, was zunächst über Gespräche gelingen soll.

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