Herdecke. Warum Stadt und VCS darauf hoffen, dass ihnen in Herdecke bald eine neue Lagerstätte für Möbel und Haushaltsgegenstände angeboten wird

Drinnen werden Möbel und Haushaltsgegenstände sortiert, draußen werden Interessenten in Empfang genommen: Das Möbellager von VCS und Stadt Herdecke ist gefragt wie seit Monaten schon. Und doch schließt es spätestens zum Jahresende seine Pforten. Zumindest an dieser Stelle. Der Verein zur Förderung christlicher Sozialarbeit, also der VCS, sucht händeringend nach einem neuen Quartier. Das ist nicht die einzige Aufgabe, die der Verein stemmen muss.

Zwölf Rattan-Stühle stehen um einen großen Tisch. Das ist der Tisch für die Mitarbeitenden. Eine Obstschale ist weit über den Rand mit Birnen gefüllt. Daneben stehen Muffins noch in der Mitbring-Box. Eine Helferin hat Geburtstag. Alle sollen etwas davon haben.

Das ist noch das alte Team vom Internationalen Frühstück, sagt Barbara Degenhardt-Schumacher, Geschäftsführerin des VCS. Das Frühstück war über mehrere Jahrzehnte eine Institution, bis Corona und Brandschutzbestimmungen das Konzept über den Haufen warfen. Fortan war das Frühstück für Flüchtlinge mit anschließendem Besuch im Kleiderkeller des Urbanhauses in Ende nicht mehr möglich.

Neue Helfer sind nun hinzu gekommen. Ein Flüchtling aus der Türkei ist mit dabei. Und auch ein Au-Pair-Mädchen aus Russland hilft fleißig jeden Dienstag mit. Zwischen zehn und zwölf Uhr kann besichtigt werden, was vom Abhol-Team in das Lager an der Gahlenfeldstraße 8 gebracht worden ist.

Für alle, die wenig haben

Die Hilfsaktion ist gut organisiert. Im Büro des VCS werden Abgabewünsche gesammelt. Ein Whatsapp-Foto hilft bei der Entscheidung, einen alten Schrank, die ausrangierte Sitzgarnitur oder eine Unterbau-Geschirrspülmaschine ins Lager zu holen. Ein eigenes Team macht sich dafür auf den Weg. Das Fahrzeug stellt Altenheimbetreiber Convivo zur Verfügung. Und mit dem gleichen Fahrzeug werden Möbel und Haushaltssachen auch wieder ausgefahren. Aufkleber verraten, was bereits vergeben ist.

Die Flüchtlingsfamilie mit Kind, die gerade gekommen ist, darf eintreten. Im Halbstundentakt hat der VCS Termine vergeben. Vorrangig melden Flüchtlinge aus der Ukraine Bedarf an, aber auch Syrer oder Afghanen, die schon länger in Herdecke leben, kommen gerne. Die Zielgruppe ist aber nicht durch die Herkunft bestimmt. „Zu uns kann jeder kommen, der wenig hat“, sagt Barbara Degenhardt-Schumacher.

Die Taktung beim Sichten ist Corona geschuldet. Als das Lager, ganz unter dem Eindruck des Überfalls Russlands auf die Ukraine, im Frühjahr eröffnet wurde, gab es stärkere Vorgaben wegen der Pandemie. Das Hintereinander der Interessenten verhindert aber auch ganz nebenbei unschöne Szenen, etwa wenn sich zwei Familien für die gleiche Schrankwand oder den gleichen Flachbild-Fernseher interessieren.

Unterkunft auf Zeit

Ein Bauzaun trennt abgestellte Fahrzeuge vom Lager für die Möbel. Bald schon wird der Bauzaun verschoben werden zugunsten der Autos. Der Mitarbeitertisch muss zur Hallenmitte hin getragen werden, um dann bis zum Jahresende ganz aus der Lagerhalle zu verschwinden. Zur Verfügung gestellt hat sie die Felten Personalservice GmbH. Das Unternehmen wollte einen Beitrag leisten zur Linderung der Flüchtlingsnot. Von Anfang an war klar, dass VCS und Stadt nur Nutzer auf Zeit sein werden. Jetzt macht ein lautstarkes Hämmern und Bohren deutlich, dass hier neben Abstellflächen für Autos auch Mitarbeiterbüros entstehen.

Nicht alles, was bei hilfsbereiten Herdeckern abgeholt wird, findet im Lager auch einen Abnehmer. Dann geht eine letzte Fahrt zum Wertstoffhof von AHE. Ein kleiner Hänger steht voll bepackt mit Stühlen und Kommödchen abfahrbereit in der Nähe des großen Tors. Ein kurzer Anruf zur Ankündigung der Lieferung ist vereinbart. Zahlen müssen VCS und Stadt nichts. Der Entsorger will ebenfalls einen Beitrag leisten, wenn Menschen auf der Flucht vor Krieg und Hunger in Herdecke Zuflucht suchen.

Bald muss der Hänger an einem anderen Ort beladen werden. Die Organisatoren sind dringend auf der Suche nach dem neuen Lager. 100 bis 200 qm groß sollte es sein, sagt Barbara Degenhardt-Schumacher (02330/7600) über ihre Wunschvorstellungen. An einer weiteren Stelle drückt der Schuh: Für das Einsammel- und Abliefer-Team werden Mitarbeiter gesucht.

Nicht alles, was auf dem Hallenboden steht oder in den Regalen lagert, hat eine Fahrt mit dem Convivo-Fahrzeug hinter sich. Oft bringen die Helfer etwas mit zu ihrem Einsatz. Nachbarn oder Freunde haben sie als Boten genutzt. Für die „schweren“ Fälle wird aber gerade wieder ein Team eingeteilt. Siegfried Reitz wird sich auf den Weg machen. Außer ihm werden zwei Männer aus der Ukraine anpacken. So schnell kann Hilfe für Geflüchtete zur Selbsthilfe werden.

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