Wetter. Wie Filippo Giletti, Vorsitzender des neuen Integrationsrates in Wetter, die Situation der Menschen mit Migrationshintergrund verbessern will
Im Alter von sechs Jahren ist Filippo Giletti mit den Eltern aus Italien nach Wetter gekommen. Er selbst bezeichnet sich „als Ausländer, der in Deutschland groß geworden ist.” Vor 20 Jahren war er Vorsitzender des Ausländerbeirates. Auch im früheren Integrationsrat war er aktiv. Nach mehrjähriger Pause ist dieser Rat nun wieder belebt worden. Gerade ist Giletti zum Vorsitzenden gewählt worden.
Bei der Wahl zum Vorsitzenden des Integrationsrates gab es keine besondere Vorstellung des Kandidaten und auch keine Aussprache. Gab es vorher eine Abklärung oder war das Ergebnis für Sie völlig offen?
Filippo Giletti: Eine Absprache gab es nicht. Ich war bereit zur Kandidatur, aber auch ein wenig überrascht, dass es keinen Gegenkandidaten gab. Weder der Einzelvertreter noch die andere Liste wollte ganz nach vorne.
Sie haben alle 15 möglichen Stimmen bekommen. Waren Ihre Ergebnisse im früheren Ausländerbeirat auch so gut?
Das war eigentlich bei allen Wahlen im Ausländerbeirat ähnlich unstrittig. Das hat sich zum Teil aber auch daraus ergeben, dass der oder die Erste der erfolgreichsten Liste für den Vorsitz gesetzt war. Damals war die Wahlbeteiligung für den Beirat noch richtig gut, vor allem bei der allerersten Beiratswahl. Sie lag weit über den 7 Prozent von jetzt.
Eine programmatische Rede haben Sie bei der konstituierenden Sitzung nicht gehalten. Daher hier die Frage: Was wollen Sie bewegen?
Ich möchte zunächst den Bildungsstand geklärt wissen. Die Frage lautet: Wie sieht das aus bei unseren ausländischen Mitbürgern jeglicher Couleur? Das ist nötig. Seit den Erhebungen für den letzten Integrationsrat hat sich deren Zahl verdoppelt. Wir haben 2016 viele Flüchtlinge bekommen und jetzt die Menschen aus der Ukraine. Wie steht es bei den Kindern um die Förderung, wie sind die Familien untergebracht – das sind die Fragen, die mir unter den Nägeln brennen. Denn Bildung ist die Zukunft. So bekommen wir auch Facharbeiter, die heute fehlen. Fehlende Bildung ist ein Manko, aus dem auch Rassismus oder die fehlende Bereitschaft zur Gleichstellung resultieren. Versuchen Sie mal, als Familie Özdemir eine Wohnung zu bekommen auf normalem Niveau.
Haben sich im Laufe der Jahre, in der Sie sich für Ausländer engagieren, die Probleme verschoben?
Ich sage das sehr krass: Wir stehen noch da wie vor 40 Jahren. Gerade im Bildungsbereich gibt es noch viele Defizite. Man kann immer noch nicht sagen, wir haben gut ausgebildete ausländische Kinder. Allerdings haben gerade viele türkische Kinder ihre Chance genutzt.
Im Rat in Wetter sitzen als Menschen mit ausländischem Hintergrund…
Null. Das zeigt, dass die politische Partizipation der Ausländer einfach fehlt. Das liegt stark an der fehlenden Einbürgerung beispielsweise bei den Syrern oder einem Afghanen. Da muss es mehr Wahlrecht geben.
Ist das auch Ausdruck davon, dass die Parteien Mitglieder mit ausländischen Wurzeln nicht haben wollen?
Eher nein. Die Parteien schätzen Vielfältigkeit. Daher findet auch eine Förderung statt, wie man an vielen Politikern im Landtag und im Bundestag mit türkischer Abstammung sehen kann. Die sind klar von den Parteien nach vorne geschoben worden.
Wie sieht es mit Ihnen persönlich aus? Sie sind schon lange in der FDP, aktiv sind Sie auch. Warum haben Sie noch nie ein Ratsmandat angestrebt?
Mir war es wichtiger, im Ausländerbeirat oder dann im Integrationsrat Basisarbeit zu machen als in der Politik nach oben zu streben. Ich agiere lieber im Hintergrund.
Bildet der neue Integrationsrat ganz gut das Nationalitätengefüge in Wetter ab?
Die Vielfalt ist gut, auch innerhalb der Listen. Schon bei der muslimischen Liste gibt es eine Mischung. Bei unserer Liste gibt es mich als Italiener, wir haben Syrer, wir haben Griechen, dazu eine deutsche Frau.
Sie ist auch die einzige Frau im gewählten Integrationsrat…
Wenigstens auf diese Besetzung habe ich gedrängt. Wir müssen auch an die Gleichstellung denken. Entsprechend bedauerlich finde ich, dass sie nicht zu einer meiner beiden Stellvertreter gewählt worden ist. Aus meiner Sicht muss man eine Frau dabei haben, möglichst in jeder Liste und auch mit an der Spitze des Integrationsrates.
Wie wollen Sie erreichen, dass der neue Integrationsrat nicht wieder irgendwann vor sich hin dämmert?
Indem wir konsequent unsere Zielsetzung verfolgen. Die Listenbildung erleichtert es, aktive Nachfolger zu finden, wenn einem Mitglied Zeit oder Lust fehlen sollten. Auch von den Vertretern der politischen Parteien im Integrationsrat erwarte ich einen gewissen Druck. Die Parteien im Rat haben sich ja bewusst für eine Neueinrichtung stark gemacht.