Herdecke. Der Herdecker Bach fließt an der B54 nun wochenlang durch eine 4 Meter hohe Rohrleitung, damit Fachleute ein Gewölbe räumen und sanieren können.

Das Verlegen von Rohren löst unterschiedliche Vorstellungen aus. Wer die XXL-Version am Herdecker Bach sieht, denkt sofort in größeren Dimensionen. Dort befindet sich direkt am Straßenrand der B54 eine aufgeständerte Leitung. In vier Metern Höhe, 160 Meter lang.

Vor und hinter den Häusern Herdecker Bach 10 bis 14, so die genauen Adressen an der Bundesstraße, läuft derzeit ein besonderes Projekt. Sowohl optisch als auch inhaltlich. Eine kürzlich eingerichtete Umleitung sorgt dafür, dass besagtes Gewässer vorübergehend durch Rohre fließt. Eine Spezialkonstruktion als Umleitungsstrecke. Für alle Autofahrer gut sichtbar.

Auch hier zwischen der Kfz-Prüfstelle Haarmann/Kreutzkamp sowie der Autowerkstatt Gwose trat der Bach beim Hochwasser Mitte Juli 2021 über die Ufer und richtete Schäden an. Das soll sich dort und andernorts nicht wiederholen.

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Firma mit Bergbau-Spezialisten

Metehan Cetin von der Firma GMS steht unterhalb der früheren Aral-Tankstelle am Ufer des Herdecker Bachs. Eine Pumpe befördert von dort Wasser hinauf in die verlegten Rohre. Sein Arbeitgeber, die German Mining Solution GmbH mit Sitz in Moers, kümmert sich eigentlich um alte Stollen und Bergbau. Doch auch seine zwei Kollegen, die dort im Gewässer noch Sandsäcke platzieren, müssen sich thematisch nicht umstellen. Ihr Auftrag bis Anfang August: Das Bachbett an der Stelle trocken legen, damit demnächst Leute dort in ein problematisches Gewölbe kriechen. Und das zieht sich über fast 120 Meter.

30 km/h in Baustelle

Absperrbaken und Betonleitwände begrenzen die Baustelle am Herdecker Bach. Dort ist an besagter Stelle auch die Fahrbahn der B54 verengt. Die Arbeiten sollen acht Wochen dauern, die erste liegt hinter den Beteiligten. Bis zur Fertigstellung gilt ein Tempolimit von 30 km/h.


Weitere Fotos gibts im Internet auf www.wp.de/herdecke

Maren Hessam von den Technischen Betriebe Herdecke (TBH) kümmert sich um einen besseren Hochwasserschutz im Stadtgebiet. Das Rohr-Projekt neben der B54 stellt auch für sie etwas Besonderes dar. Seit einem dreiviertel Jahr plant sie die Arbeiten. Ehe es nun Ende Juli losgehen konnte, gehörte auch der Austausch mit den Anwohnern und Grundstückseigentümern zur Vorbereitung. „Bei einigen von ihnen waren im Juli 2021 die Keller vollgelaufen“, so Hessam. In insgesamt acht Wochen soll nun die Firma das Gewölbe unter oder neben den Häusern sichern und sanieren. „Der Schutt und weitere Ansammlungen werden aus dem Gewölbe entfernt. Dies geschieht sowohl händisch als auch maschinell“, sagt die TBH-Beauftragte.

Was sich einfach dahersagen lässt, beinhaltet aber Herausforderungen. Das Gewölbe ist an der höchsten Stelle 1,60 Meter hoch und maximal 1,50 Meter breit, schwer zugänglich, unterschiedlich gebaut, dort gibt es keine Lichtquellen sowie mögliche Überraschungen. Denn die Flut im Juli 2021 und auch vorige Ereignisse sorgten dafür, dass sich in diesem unterirdischen Bachlauf (über Jahre unauffällig) viel Material ansammelte. „Es handelt sich hier um eine schwierige und komplett überbaute Stelle, viele Firmen haben uns für die Sanierung Absagen erteilt oder gar nicht erst auf Anfragen geantwortet“, berichtet Hessam. Bei einer Ortsbesichtigung mit GMS-Vertretern nahmen die Beteiligten eine erste Schadensanalyse vor und entschieden sich sofort für die Rohrumleitung plus Trockenlegung. „In dem Gewölbe befinden sich teils große Steine, im letzten Sommer spülte die Flut massive Äste oder gar Baumstämme und manches mehr an. Vieles von dem dürfte sich noch darin befinden, wir kommen da aber nur sehr schwer heran.“

GMS-Mitarbeiter wollen sich in Kürze durch das Gewölbe arbeiten. „Das Beräumen und Entfernen des Geschiebes dürfte mehrere Tage dauern“, meint Metehan Cetin. Dann steht das Ausbessern von einzelnen Schadstellen plus Sanierung auf dem Programm. In Ein-Meter-Abständen setzen die Firmen-Angestellten im Inneren stabile und eigens angefertigte Stahlträger als eine Art Rahmen, wohlgemerkt in der Dunkelheit. Ziel: Das normale Durchfluss-Volumen wieder herstellen, damit dort wieder so viel Wasser wie möglich durchlaufen kann. Im September soll dann der Rückbau der großen Rohrumleitung am Straßenrand der B54 erfolgen.

Weitere Hochwasser-Projekte

Dort spielt sich derzeit Herdeckes spannendstes Hochwasserschutz-Projekt ab. Doch die TBH-Mitarbeiterin schaut auf auf weitere Flut-Stellen. An der Voßkuhle in Gedern zum Beispiel laufen ebenfalls Arbeiten, um Unrat (Fachwort: Geschiebe) zu beseitigen. Auch dort kommen bald größere Gerätschaften, also ein Industriesauger, zum Einsatz.

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Die Planung zur Wiederherstellung von Ufermauern läuft in diesen Tagen unter anderem für folgende Örtlichkeiten: Bachstraße 11, Hauptstraße 104/Schmale Straße, Herdecker Bach 2 sowie 6-8. Grundsätzlich feilt Hessam auch noch am Gesamtkonzept, dazu zählt etwa die Ertüchtigung der drei Hochwasserrückhaltebecken oder das Anlegen von neuen, ähnlichen Anlagen. Grob umrissen lautet das Motto: Möglichst viel Wasser in höher gelegenen Stellen zurückhalten, damit im Fall der Fälle wenig in Wohngebiete fließe. „Das ist alles sehr aufwendig, da viele Beteiligte und Auflagen zu berücksichtigen sind. Es läuft derzeit vieles parallel. Und die Zugänglichkeit erweist sich oft als größtes Problem.“