Herdecke. Die alten Feindbilder sollen ausgedient haben. Wie die „Neuen“ Grünen in Herdecke mit anderen Parteien künftig Politik machen wollen.

Mit fünf neuen Gesichtern bei sieben Sitzen sind die Grünen jüngst in den Rat eingezogen. Parteivorstand und Fraktionsspitze sind frisch formiert. Die Grünen stellen „alles auf Null“, sagt ihr alter und neuer Fraktionsvorsitzender Andreas Disselnkötter. Was heißt das für den Umgang der Grünen untereinander? Was bedeutet es für das Miteinander der Parteien im Herdecker Rat und insbesondere in der Koalition mit CDU und FDP?

Zufallsmehrheiten und wechselnde Allianzen, so hatte es bei Abstimmungen gerade zum Ende der letzten Ratsperiode oft ausgesehen. Andreas Disselnkötter spricht von einem „ziemlichen Trümmerhaufen“, auf dem nun nach sechs Jahren Unterbrechung doch wieder ein Bündnis mit CDU und FDP errichtet worden ist. Das gehe nur im gegenseitigen Respekt, sagt Ratsneuling Axel Störzner. Alte Feindbilder passen für ihn und die anderen frisch Gewählten nicht zu einem Neustart.

Fast nur Newcomer im Rat

Zur Annäherung an andere Parteien gesellt sich ein veränderter Umgang innerhalb von grüner Partei und Fraktion. Weniger Hierarchie soll es geben und mehr Kooperation, beschreibt Andreas Disselnkötter die Zielrichtung. Silvia Stahlberg kommt das sehr entgegen. Erst seit zwei Jahren ist sie bei den Grünen aktiv. 40 Jahre habe sie im Gemeinschaftskrankenhaus gearbeitet. Mehr Gemeinschaft bei den Grünen ist für sie erfolgversprechend. Zwei von drei Neuzugängen bei den Herdecker Grünen sind junge Leute. Und doch hat der Anstieg bei den Mitgliederzahlen mit dem Zuwachs bei den Stimmen der letzte Kommunalwahl nicht Schritt gehalten. Die Grünen sind traditionell nicht gerade eine mitgliederstarke Partei. Immerhin kann Kirsten Deggim, seit August letzten Jahres Co-Stadtverbandsvorsitzende, feststellen: So langsam passen Mitgliederentwicklung und politisches Gewicht besser zusammen.

Was lässt jüngere Menschen bei den Grünen mitmachen oder gestandene Existenzen in die Lokalpolitik gehen? Zunächst einmal eine Erkenntnis, sagt Axel Störzner, selbst erst seit der letzten Kommunalwahl so richtig mit Schwung dabei: „Ohne Engagement ändert sich nichts.“ Mit Engagement aber vielleicht etwas. Die Parteizugehörigkeit sei gar nicht so entscheidend. Stattdessen gehe es um Gestaltungswillen auf neuen Wegen.

Außer Andreas Disselnkötter hatte nur Sarah Rosa Gerigk Erfahrung in Ratsarbeit. Nach dem Rückzug von ihr könnte es sein, dass Disselnkötter ausschließlich mit Newcomern im Rat sitzt. Ist das gleichbedeutend mit Defiziten? Macht das den Fraktionsvorsitzenden zum starken Mann? Weder noch, glaubt Axel Störzner. Er versichert: „Wir sind keine Schäfchen, die dem Fraktionsvorsitzenden hinter her laufen.“ Und Silvia Stahlberg findet: „Man muss den Mut haben, auch mal nachzufragen.“

Politiker sind keine Aktivisten

In der Sache streiten wollen die „neuen Grünen“ in Herdecke gerne, sagen sie. Dass die „Fridays-For-Future-Bewegung“ weitergehende Forderungen hat, stört dabei nicht. Auch das gelte es zu lernen, sagt Axel Störzner: Es gibt einen großen Unterschied zwischen politischen Aktivisten und lokalen Politikern. Vor Ort gelte es nun mal, durch Kompromisse Mehrheiten zu finden. Dabei wirkt es bestätigend, dass längst auch andere Parteien in Herdecke die Bedeutung des Klimaschutzes oder von besseren Radwegen erkannt haben. Einen Vorteil behalten die Grünen doch, so Andreas Disselnkötter: „Wir sind da authentischer.“

Neu heißt nicht unerfahren

Viele Ratsvertreter waren vorher schon sachkundige Bürger in einem der Fachausschüsse.

Neue Gesichter in der Ratsarbeit können aber durchaus schon andere politische politische Gremien gesehen haben, oder sie sind bereits bestens innerhalb der Partei oder gesellschaftlicher Gruppen vernetzt.

Kirsten Deggim beispielsweise, nicht im Rat, aber Co-Parteivorsitzende, ist für die Grünen im Kreis und darüber hinaus tätig.

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