Herdecke. Seit April ist Hans-Jürgen Petschke Betriebsleiter am Pumpspeicherkraftwerk von RWE in Herdecke. Der Start fällt wegen der Revision speziell aus.

Seit April hat das Pumpspeicherkraftwerk (PSW) Herdecke einen neuen Chef: Hans-Jürgen Petschke heißt der Betriebsleiter und ist am traditionsreichen RWE-Standort der Nachfolger von Kathrin Schmelter. Mit der Besonderheit, dass der 45-Jährige die 1989 fertig gestellte Anlage (Nachfolgerin des denkmalgeschützten Koepchenwerks) am Hengsteysee wegen der laufenden Revision noch nicht in der Stromproduktion erlebt hat.

Herr Petschke, was ist Ihr Aufgabengebiet und wie lässt sich Ihre Arbeit prozentual aufteilen?

Hans-Jürgen Petschke: Bei RWE haben wir nach einer Umstrukturierung sogenannte Cluster-Leiter eingesetzt. Ich bin seit April 2021 für den Betrieb am PSW Herdecke verantwortlich. Durch die Neuorganisation bin ich auch für alle Laufwasserkraftwerke an der Ruhr und auf dem Gelände am Hengsteysee zudem für den Betrieb der Batteriespeicher zuständig, die kommerzielle Vermarktung dieser liegt bei der RWE Supply & Trading GmbH. Mein Arbeitsalltag umfasst meist 40 Prozent Laufwasserkraftwerke und etwas mehr als die Hälfte PSW sowie Batteriespeicher, manchmal ist der Anteil auch 50:50.

Sie haben das Pumpspeicherkraftwerk hier noch nie im Betrieb erlebt, sondern nur während der Revision. Ein Vor- oder Nachteil?

In der Tat kenne ich den Standort hier nicht im Normalzustand, das werde ich erst im Sommer 2022 erleben. Der Nachteil ist sicher, dass eine Revision sehr arbeitsintensiv ist. Diese bietet aber auch die Chance, überall hineingucken zu können. Manches wurde nach dem Einbau noch nie und jetzt erstmals geöffnet. So kann ich verstehen, wie die Komponenten miteinander verzahnt sind.

Zur Person

Hans-Jürgen Petschke ist 45 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder (Zwillinge). Er wohnt in Düsseldorf und studierte in Aachen. Nach seinem Abschluss fing er als Elektroingenieur bei RWE an und ist bis heute ununterbrochen für den Konzern aktiv.

Von 2003 bis 2009 arbeitete er an deutschen Gas- und Steinkohlekraftwerken, zuständig für die Instandhaltung. Seine Erfahrungen bezüglich Anlagen demontieren kommen ihm bei der Revision in Herdecke zugute.

Auslandserfahrungen sammelte Petschke 2010 in Kroatien und vor allem in der Türkei. Dort war bis 2012 als Berater zur Gas-Erzeugung im Einsatz, ehe er 2013 ins operative Geschäft wechselte und ein 800-Megawatt-Gaskraftwerk in Denizli leitete (die erste Investition von RWE in dem Land).

Nach acht Jahren in der Türkei erhielt er einen Projektauftrag von RWE Generation SE in Deutschland. Über Restrukturierungsmaßnahmen kam er dabei auch mit der Abteilung Wasserkraft in Kontakt

Ich komme eigentlich aus dem Fossil-/Gasbereich, dort muss man Anlagen alle drei bis fünf Jahre auseinandernehmen. Für mich war und ist es reizvoll, eine andere Technologie kennenzulernen, nachdem ich es vorher mit Großkraftwerken zu tun hatte. Die Aufgabe hier ist schon spannend.

Wie kompliziert ist denn die Revision?

Wir hatten dafür einen ambitionierten Terminplan aufgestellt, den wir nun anpassen müssen. Das verwundert nicht, schließlich handelt es sich um Komponenten, die vor etwas mehr als 30 Jahren montiert wurden. Zudem haben wir es mit bis zu 300 Tonnen schweren Maschinen zu tun, da muss auch beim Wiedereinbau angesichts geringer Abstände und beim Spaltenmaß alles zusammenpassen. Die Sanierung der 400 Meter langen Druckrohrleitung im Hang erwies sich aber als Musterbeispiel für eine hervorragende Planung und Durchführung. Insgesamt läuft hier alles diszipliniert ab.

Der Standort wurde über bald zwei Batteriespeicher aufgewertet.

Die Batteriespeicher hier passen super zur Konzern-Strategie, ein weiteres Projekt dieser Art ist auf dem Gelände mangels Platz aber nicht möglich. Die Technik lässt sich auch von auswärts steuern. Wir haben hier aber die Fachleute, die sich mit dem Betrieb und der Instandhaltung auskennen. Diese Speichertechnologie ist eine Wachstumsgeschichte, auch damit machen wir uns fit für die Zukunft. Die Herdecker Erfahrungen können wir an andere RWE-Orte transportieren, die profitieren davon.

Die Zukunft steht unter der Überschrift Energiewende. Welcher RWE-Beitrag kommt dazu aus Herdecke?

Ein doppelter: Wir sind mit der Pumpspeichertechnik und den Batteriespeichern hier Experten für Speicherlösungen, die händeringend gesucht werden. Dabei handelt es sich um einen Wachstumsmarkt und eine Zukunftsstory, die wir hier am Standort beleben wollen. Eine schöne Herausforderung. Hinzu kommen ja noch die Laufwasserkraftwerke, auch die sind CO2-frei, die möchte ich in diesem Zusammenhang aber herausnehmen.

Beim Hochwasser Mitte Juli gab es auch Probleme am Pumpspeicherkraftwerk...

Ja, wir hatten gerade das Kühlwassersystem demontiert. In den offenen Kreislauf konnte Wasser vom See eindringen. Der Alarm wurde ausgelöst, weil Wasser in unsere elektronischen Systeme lief. Ohne die Revision wäre das wohl nicht passiert. Wir hatten Glück im Unglück, weil unser Bereitschaftsdienst und die Herdecker Feuerwehr die Stelle schnell fanden und das Problem zeitnah stoppen konnten. Für unseren Kollegen war das ein aufreibendes Erlebnis, das PSW war schwer erreichbar, auch ich wurde in der Nacht angerufen. Wir konnten die Schäden an der Elektrik dann in Ruhe beheben, all das war monetär nicht erwähnenswert.

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Bei den Laufwasserkraftwerken war vor allem jenes am Hohenstein in Witten betroffen. Auch dort war Wasser eingedrungen, damit hatten wir einige Tage zu tun, auch wenn kein größerer Schaden entstanden war. Insgesamt darf man trotz des Hochwassers ja nicht vergessen, dass wir erneut ein vergleichsweise trockenes Jahr erleben.

Ein Blick auf die Laufwasserkraftwerke. Wie zukunftssicher sind diese?

Dabei handelt es sich um vergleichsweise kleine verstreute Anlagen mit nicht allzu viel Leistung. Da dort aber kein Brennstoff nötig ist und wir quasi einen Rohstoff gratis nutzen können, ist auch das eine tolle Erzeugungsmöglichkeit.

Ein Blick voraus: Welche Bedeutung hat der RWE-Standort Herdecke zukünftig?

Wir wollen hier Speichertechnologien weiter entwickeln, haben viele Ideen und einige Konzepte. Der Bedarf ist wegen der Energiewende gegeben, wir wollen für RWE und auch gesellschaftlich unseren Beitrag leisten, auch wenn das insgesamt eine Mammutaufgabe ist. Batteriesysteme und auch Pumpspeicherkraftwerke haben eine Perspektive. Ich bin gespannt, wie sich der Wettlauf der Technologien entwickelt und was sich miteinander kombinieren lässt.