Herdecke. Offener Ganztag ist ein Renner, auch in Herdecke. Ein Experte hat Ideen, wie an den Grundschulen alles größer und besser gedacht werden kann.

2003 begann an den Grundschulen in NRW die Erfolgsgeschichte des „Offenen Ganztags“. Und für die nächsten Jahre wird noch einmal mit einem starken Ausbau der Betreuungsangebote gerechnet. Herdecke hat sich dafür Experten ins Boot geholt: Raimund Patt vom Entwicklungsbüro Bildung wollte jetzt im Schulausschuss den Horizont erweitern und fing gleich bei der Sprache an. Für das Umdenken von „Wir haben eine Offene Ganztagsschule zu wir sind eine Offene Ganztagsschule“ hatte er die dicksten Buchstaben in seiner Leinwandpräsentation ausgesucht.

Für Patt steht fest: „Der Offene Ganztag ist der beste Ort für eine ganztägige Bildung, Erziehung und Betreuung aller Kinder.“ Genauso fest steht für ihn aber auch: Vieles kann deutlich besser gemacht werden als in der landläufigen Praxis seit 2003. Weil in Herdecke die Hugo-Knauer-Schule ausgebaut werden soll und die Werner-Richard-Schule Räume abgeben muss, hat sich die Stadtverwaltung für diese beiden Grundschulen Sachverstand von außen dazu geholt. Bereits Mitte des Monats wird mit der Bestandsaufnahme begonnen.

In den Angeboten der Schulen mit Offenem Ganztag finden Unterricht und Betreuung oder auch Schule und Jugendhilfe zusammen. „Das ist der absolute Renner geworden“, zeichnete Raimund Patt die Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte nach. „Mit diesem Schub hat niemand gerechnet.“ Und noch immer steige der Bedarf. Sogar ein Anspruch für jedes Kind auf einen Platz in der OGS soll kommen. Nicht allein daher rühre die Notwendigkeit, den Offene Ganztag größer und dann konzeptionell auch neu zu denken: Schule werde mehr und mehr entdeckt als ein Ort der Begegnung. Das geht über Sitznachbarschaft weit hinaus.

Bei der Finanzierung müsse sich noch vieles bessern, mehr und besser qualifiziertes Personal sei von Nöten, alte Raumkonzepte müssten überwunden werden - nach oben ist also noch vieles möglich. Zumal der Status quo vielfach nicht befriedigend sei. Als „zu eng, zu laut, zu schnell“ würde der jetzige OGS-Betrieb oft von den Schülerinnen und Schülern beschrieben. Teils sei der „Ganztag“ in schummrigen Kellern untergebracht oder in hingestellten Containern. Patt sprach von einem „Beispiel für die funktionierende Käfighaltung von Kindern.“ Nicht in Herdecke hatte er diese Eindrücke gewonnen. Hierhin kommt sein Institut ja erst noch. Aber dieser häufigen Praxis hielt er Beispiele entgegen, die das Nebeneinander von Unterricht und Betreuung hinter sich gelassen haben - und das durchaus auch in bestehenden Gebäuden und nicht nur bei neuen Schulen vom Reißbrett.

„Schulrestaurant“ statt „Mensa“

Betreuung müsse anders verstanden werden: Auch die Sekretärin oder der Hausmeister und natürlich die Lehrkräfte betreuen - wenn sich die Schule insgesamt als eine „Offene Ganztagsschule“ versteht. Auch an anderen Stellen setzte er begrifflich an: „Schulrestaurant“ klinge doch gleich ganz anders als „Mensa“ - und stehe auch für mehr.

Aus Leipzig wusste Patt von einer Schule zu berichten, die am frühen Morgen schon Schüler aufnimmt und bis 19.30 Uhr betreut. So weit werden die zeitlichen Veränderungen in Herdecke nicht gehen. Aber Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und ihre Kinder und auch Politikerinnen und Politiker sollen einbezogen werden, um den Offenen Ganztag neu zu denken vor dem Ausbau.

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