Herdecke. Am Bachplatz hat das Hochwasser viele Schäden angerichtet. Eine Friseurin berichtet von ihrer Not. Auch die Nachbarschaftshilfe hofft auf Geräte.
Das Wort aufräumen hat für zahlreiche Herdecker eine neue Bedeutung bekommen. Nach dem Hochwasser in der letzten Woche sind viele auch am Montag damit beschäftigt, die Folgen der Flut beiseite zu schaffen. Vor allem am Bachplatz, an der oberen Hauptstraße (unterhalb des Bahnhofs) und in der Attenbergstraße sorgte der daneben fließende Bach für Chaos in Kellern sowie in Erdgeschoss-Wohnungen.
Vor dem Minihotel im Bachviertel stapelt sich am Montagmorgen Unrat. Ein Strich aus Dreck an der Tür des kleinen Fachwerkhauses zeigt an: Das Wasser stand hier am letzten Mittwoch bis zum Schloss. Ein paar Meter weiter quillt ein Container mit ausrangierten Dingen über. Vor dem Jugendzentrum fährt wieder eine Kehrmaschine der Technischen Betriebe hin und her, um den Schmutz zu beseitigen. Wer durch geöffnete Fenster blickt, sieht leer geräumte Erdgeschoss-Wohnungen mit braunen Fußböden.
Schlamm sorgt für große Schäden
Aufräumen – seit Donnerstag ist das die neue Dauerbeschäftigung von Tatyana Weber. Die Inhaberin des Geschäfts Friseur am Bachplatz war am späten Mittwochnachmittag nicht vor Ort, als das Wasser auch ihren Laden flutete. „Ich habe von Nachbarn Fotos plus Videos erhalten und meine Kollegin hier angerufen: Sie soll schnell die Sicherungen abschalten und dann zügig ‘raus. 15 Minuten später – und sie wäre nicht weggekommen“, berichtet die Friseurin, die wegen gesperrter Straßen erst am Donnerstag um 6 Uhr in ihre Räume kam. „Ich habe nicht geschlafen und geahnt, dass die Folgen hier schlimm sein würden. Alles war voller Schlamm, das Wasser im Wartezimmer stand einen halben Meter hoch. Am Vorabend war es noch höher.“
Noch immer kann Tatyana Weber nur mit Mühe realisieren, was geschehen ist. „Wie im Film“ komme sie sich vor. „Man denkt oft: Das kann doch nicht wahr sein. Es ist schwer, die Gedanken im Kopf zu ordnen. Täglich entdecken wir neue Schäden und merken: Mist, auch dieses und jenes ist nicht zu retten.“
Donnerstagmittag kam die Freiwillige Feuerwehr vorbei und pumpte den Laden leer, nachdem die Friseurin und ihre Angestellte es mit Eimern versucht hatten. „Das hätte zwei Tage gedauert, so waren es 30 Minuten. Danach haben wir Schritt für Schritt alles ‘rausgeschmissen, was nicht mehr zu gebrauchen war“, erzählt Weber und berichtet von Nachbarn, in deren Wohnungen angesichts des Schlamms ebenfalls so gut wie nichts mehr zu gebrauchen ist und die obendrein noch wertvolle Sachen verloren haben.
Ihre Bilanz: Die Friseur-Einrichtung sei komplett hinüber, auch in der Küche und im Bad sei nichts mehr zu retten. Einzig Produkte in den oberen Regalen verschonte das Wasser. Geschätzter Schaden: ein höherer fünfstelliger Eurobetrag. „Ich habe – im Gegensatz zu einigen ebenfalls betroffenen Nachbarn – zum Glück eine Elementarversicherung inklusive Flutschäden und mit den entsprechenden Vertretern schon gesprochen“, sagt Tatyana Weber nach der x-ten Putzaktion.
Sie lobt die Stadt, die am Bachplatz immer wieder gefüllte Container abfährt. Daher widmet sich die Friseurin Zukunftsfragen, schließlich will sie möglichst bald wieder ihr Geschäft öffnen. „Das größte Problem: Ich muss die Räume trocken kriegen, weiß aber nicht, wann Handwerker kommen können. Also heißt es warten und warten, auch auf finanzielle Unterstützung. All das ist auch psychisch belastend, zum Glück bekommen wir viel Zuspruch und Hilfe.“ Die fünfköpfige Mitarbeitermannschaft spricht ihr ebenfalls Mut zu: „Wir schaffen das und geben die Hoffnung nicht auf.“
Sperrmüll an vielen Orten
Reichlich Sperrmüll befindet sich auch auf dem Gehweg der Attenbergstraße und am Rand der oberen Hauptstraße. Auch dort trat der Herdecker Bach über die Ufer, es liefen Keller und Wohnungen voll, viele räumen immer noch die Zimmer leer und bringen die untauglichen Gegenstände zur städtischen Annahmestelle bei AHE/Vorberg in die Nierfeldstraße (kostenlose Abgabe für Bewohner aus betroffenen Straßen noch bis Mittwoch, Personalausweise mitführen).
Bei der Herdecker Nachbarschaftshilfe türmen sich die Anfragen und Gebote, berichtet Koordinatorin Vanessa Kuhlmann. Ihr Appell an alle, die helfen wollen: „Bitte derzeit keine Sachspenden. Was wir im Sinne der betroffenen Bürger dringend brauchen, sind Trockenbaugeräte für Privatleute.“ Wer so etwas zur Unterstützung anbieten kann, sollte das möglichst über den Facebook-Kanal der Nachbarschaftshilfe Herdecke angeben (dort gibt können auch die entsprechenden Stadtteile über Hashtag-Hinweise zu #Suche und #Biete konkret benannt werden).