Herdecke. Nach dem Kletter-Unfall am 11. Juli ist das Boulder-Gelände Avalonia in Herdecke weiterhin gesperrt. Die Aufarbeitung läuft auf zwei Ebenen.

Schlimmer Unfall, gute Nachrichten: Am 11. Juli stürzte ein Freikletterer aus den Niederlanden auf einem fünf Meter hohen Felsplateau neben der Wetterstraße/L675 in Herdecke ab. Dabei löste sich ein 500 Kilogramm schwerer Fels, der die Beine des 41-Jährige traf. Nach Kenntnissen des Deutschen Alpenvereins, dem das dortige Waldgebiet Avalonia ebenso gehört wie dem Boulderclub Ruhrtal, soll der Verletzte drei Monate nach dem glatten Schienbeinbruch wieder vollständig genesen.

Das Klettern ohne Absicherung (Bouldern) in den dortigen Ruhrsandsteinfelsen ist seither untersagt, das Gebiet bleibt nach Angaben der Stadt Herdecke weiter gesperrt. Die Verwaltung warte noch auf das Ergebnis einer Überprüfung durch den Deutschen Alpenverein (DAV), heißt es aus dem Rathaus.

Damit beschäftigt sich derzeit Joachim Fischer vom DAV-Landesverband Nordrhein-Westfalen. Der hauptamtliche Mitarbeiter im Referat Klettern und Naturschutz ist Diplom-Geologe, habe sich die Örtlichkeit oberhalb der Landesstraße zwei Mal angeschaut und stellt nun ein Gutachten fertig. „Das wollen wir zeitnah vorlegen. Mal gucken, wie es danach weiter geht, das hängt von der Stadt Herdecke ab.“

Fischer fand bei Untersuchungen nur am Unfallort und an einem direkt angrenzenden Felsen brüchige Stellen, wie er auf Anfrage berichtet. „Sonst ist dort alles in Ordnung.“ Damit wehrt sich der Kletter-Experte gegen Vorwürfe und Zweifel an der Sicherheit im Boulder-Gebiet Avalonia. Nach seiner Einschätzung habe es sich bei dem Sturz vor knapp einem Monat um „einen bedauerlichen Einzelfall gehandelt. Es geht von dort keinerlei Gefahr für die Allgemeinheit aus.“

Auch interessant

Mit entsprechenden Hinweistafeln vor Ort und Informationen im Internet weise der Boulderclub wie auch der Alpenverein auf das eigene Risiko hin, wenn jemand im Ruhrsandstein klettert. „Dort gibt es nun mal naturtypische Gefahren“, sagt Fischer. Vor allem stört ihn die Kritik am Avalonia-Gelände. „Das ist sehr gepflegt, da liegt kein Müll herum. Wir kümmern uns um die Themen, die dort abzuarbeiten sind.“

Was ist mit den fehlenden Toiletten? „Ein Wanderverein, der Ausflüge in der Natur anbietet, muss ja auch keine sanitären Anlagen vorhalten.“ Sollte es diesbezüglich zu Verschmutzungen im Umfeld kommen, sei das dem schlechten Sozialverhalten Einzelner geschuldet.

Neue Auflagen will Verein abarbeiten

Fischer verweist auf die Genehmigung von der Unteren Naturschutzbehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises von 2018. Das Gremium sah damals keine Nachteile für Flora und Fauna durch Kletterer. Vor einigen Monaten wiederum gab es – wie berichtet – Beanstandungen wegen der 2021 festgestellten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft. Fischer: „Daran arbeiten wir, die gestellten Vorgaben setzen wir um.“

Boulderclub Ruhrtal als Initiator

Seit 2016 sind der Boulderclub Ruhrtal aus Wetter und der NRW-Landesverband des Deutschen Alpenvereins Eigentümer des Gebietes Avalonia an der Wetterstraße, das vorher dem Energieversorger Enervie gehörte.

Die Felsen oberhalb des Harkortsees waren lange ein Geheimtipp, ehe immer mehr Kletterer aus dem In- und Ausland kamen. 2020 mussten Rettungsdienst und Feuerwehr Herdecke zwei Verletzte dort bergen.

Unterdessen erklärt die Staatsanwaltschaft Hagen auf Anfrage, dass sie den Vorgang vom 11. Juli als Aktenzeichen führt. Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli sagt, dass es sich um eine laufende Prüfung handele, „ob Anlass für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht.“