Herdecke/Wetter. . Klettern in Ruhrsandsteinfelsen oberhalb des Harkortbergs: Der Boulderclub Ruhrtal erhielt vom Naturschutz-Beirat Grünes Licht für die Nutzung.
Seit Jahren stellen Kletterer an der Stadtgrenze Herdecke/Wetter ihre Autos im Zillertal ab und gehen dann in den Wald oberhalb des Harkortsees hinein. Dort eignet sich das steile Gelände aus Ruhrsandstein zum Bouldern: Ohne Sicherung per Seil oder Gurt geht es in recht geringe Höhen, um auch mal abspringen zu können. „Die herausragende Felsqualität hier sucht weltweit ihresgleichen“, heißt es in Kletterer-Kreisen.
Um das Vorhaben in den früheren Sandsteinbrüchen zu legitimieren, haben heimische Kletterer vieles auf den Weg gebracht. Mehr als 30 Anwesende gründeten Ende 2015 in Wengern den Boulderclub Ruhrtal, einen der ersten Natursport-Bouldervereine deutschlandweit. Diese Gruppe um den Vorsitzenden Maik Kondziolka nahm dann Kontakt zum Energieversorger Enervie auf, dem die Fläche neben dem Cuno-Schornstein gehörte. Seit Oktober 2016 ist das Areal im Besitz des Deutschen Alpenvereins und des Clubs aus Wetter. Ein Vorstandsmitglied der Ruhrtal-Truppe widmete sich derweil weiter den Wegen und Felsen, damit Gäste im nun Avalonia genannten Gebiet klettern können.
Artenschutz und Pflanzen beachten
Nun wollte die Interessengemeinschaft Avalonia wissen, ob der Ennepe-Ruhr-Kreis Bedenken wegen der Aktivitäten hat. In dieser Woche trafen sich die Mitglieder des Beirats bei der unteren Naturschutzbehörde zur Ortsbesichtigung. Ihnen lag zudem eine Analyse des Wittener Landschaftsplanungs-Büros Viebahn/Sell vor.
Dieses hatte die 14 Hektar große Fläche, von der die Avalonia-Gruppe rund fünf Hektar inklusive Wege und drei Felsen mit einer Größe von 10.000 Quadratmetern nutzen will, untersucht. Dabei ging es um die Frage, ob der Naturwaldcharakter (mit viel Totholz) gefährdet sei oder es ein dauerhaftes Miteinander von Sport und Naturschutz geben kann. Also sammelte das Büro Daten und Beobachtungen. Fünf Fledermausarten tauchen in diesem Herdecker Gebiet (hinzu kommen ein paar Quadratmeter in Wetter) auf. Zu berücksichtigen seien zudem Uhu, Habicht, Mäusebussard und dazugehörige Vogelbrutplätze sowie Erdkröten; Reptilien oder Feuersalamander seien zu vernachlässigen.
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Ergebnis: Sollten die Kletterer kein künstliches Licht anbringen, nur die bestimmten Wege nutzen und somit auch Pflanzen wie den prächtigen Dünnfarn nicht stören, sieht das Büro keine Beeinträchtigung der dortigen Natur mit insgesamt 40 Arten durch die Sportler. Dieser Sicht schlossen sich in der Sitzung alle Beirats-Mitglieder an.
Zuvor hatte das Gremium von Vereinsmitgliedern erfahren, wie der Boulderclub mit dem Thema Naturschutz umgehe. Einige Vereinsmitglieder sehen sich als „Hüter eines einzigartigen Waldes“ und wollen selbst auf Sauberkeit bzw. schonende Verhaltensweisen achten. Ohne kommerzielle Ziele werde ein Kletterführer verkauft, der Gästen aus Nah und Fern die Aktivitäten nur in den vorgegebenen drei Felshängen aufzeigt. Seit dem Sommer befinden sich Hinweise auf einem Schild an der Wetterstraße mit entsprechenden Aufforderungen, die Natur zu schützen und Regeln im Wald einzuhalten. Oder zum Beispiel für Toilettengänge zum Minigolfplatz zu gehen.
Polizei auch schon mal gerufen
„Wir zeigen hier regelmäßig Präsenz und kontrollieren somit auch“, so Maik Kondziolka. Sollte sich jemand nicht an die Vorgaben halten, die gekennzeichneten Wege verlassen oder verbotenerweise in den Naturklippen klettern, weise der Verein entweder darauf hin oder mache von seinem Hausrecht Gebrauch. „Wir mussten auch schon mal die Polizei einschalten.“
Dabei nutzten Kletterer das heutige Avalonia-Gebiet schon vor der Übernahme des Boulderclubs Ruhrtal. Darauf deuten eingeschlagene Sicherungshaken in den Felsen hin, die teilweise eine Neigung von mehr als 60 Grad aufweisen. „In den drei Felsen können bis zu 50 Leute gleichzeitig bouldern“, so Kondziolka. Nach Angaben des Vereins sei an einem schönen Wochenend- oder Feiertag diese Zahl gerade im Frühjahr ein normaler Besucherschnitt. Sonst kommen wochentags rund zehn, an den Wochenenden im Sommer und Herbst 40 sowie im Winter zehn Kletter-Gäste täglich ins Zillertal.