Wetter/Herdecke. 75 Jahre sind Westfalenpost und Westfälische Rundschau alt. Hier ein historischer Überblick zu den lokalen Vorläufern in Wetter und Herdecke.

75-jähriges Jubiläum können 2021 die Westfalenpost und Westfälische Rundschau feiern, die 1946 erstmals erschienen. In der Lokalausgabe vom 26. April ging es an dieser Stelle bereits um die Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Hier nun Teil II des Rückblicks mit der zentralen Frage: Wann wurden in Wetter und Herdecke welche Zeitungen gelesen?

In den Akten des Stadtarchivs Wetter gibt es zahlreiche Hinweise auf Zeitungen oder zeitungsähnliche Publikationen. Eine hier viel gelesene historische Zeitung war der Westfälische Anzeiger, den der westfälische Schriftsteller Arnold Andreas Friedrich Mallinckrodt ab 1798 in Dortmund herausgab. Die Verbreitung war für den gesamten westfälischen Reichskreis gedacht und erreichte auch Ostfriesland. Dessen Vorläufer war das ab 1796 vierteljährlich erscheinende „Magazin von und für Dortmund“, das ein Jahr später in „Magazin für Westfalen“ umbenannt wurde. Zwischen 1798 bis 1809 erschien das Blatt nur zweimal wöchentlich.

Seit 1845 war das Hagener Kreisblatt eine regelmäßig erscheinende Zeitung auch für Wetter. Hier veröffentlichte in der Revolutionszeit von 1848 Friedrich Harkort seine politischen Ansichten. Das Blatt war 1861 der Vorläufer der bis 1945 erscheinenden Hagener Zeitung.

In der bis 1929 selbstständigen Stadt Haspe erschien bei Kannengießer von 1875 bis 1941 und von 1949 bis 1969 die Hasper Zeitung, die hauptsächlich Volmarstein und Grundschöttel erreichte.

Die Ruhrthal-Zeitung als Vorläufer

Als lokaler Vorläufer der heutigen Lokalseiten ist in Wetter zunächst die Ruhrthal-Zeitung zu sehen, die ab 1875 im Verlag von Carl Edelhoff im Schöntal erschien. Offensichtlich hatte es aber schon vorher einige Probenummern gegeben. Die Ruhrthal-Zeitung verstand sich als Anzeiger für die Stadt Herdecke und das Amt Volmarstein. Sie erschien mittwochs und sonnabends und war im Quartal mit der Beilage „Familienfreund“ für 1,20 Mark zu bekommen. Bekanntmachungen und Anzeigen kosteten 10 Pfennig pro Zeile. Die Finanzierung erfolgte hauptsächlich über Anzeigen.

Zur Person

Der Historiker Dr. Dietrich Thier, 1953 geboren, arbeitete bis zu seinem Ruhestand 2018 über drei Jahrzehnte bei der Stadt Wetter. Er leitete sowohl das Stadt- als auch das Kreisarchiv für Ennepe-Ruhr. Thier hat zahlreiche Aufsätze und auch Bücher (zuletzt zu den Grafen von der Mark) über lokale sowie regionale Themen geschrieben bzw. veröffentlicht.

1877 stellte Carl Edelhoff als Redakteur und Verleger zum Formatwechsel ein neues Konzept vor. Die Nachrichtenübermittlung sollte einen breiteren Raum einnehmen, der Abo-Preis pro Quartal stieg auf 1,35 Mark. Ein weiterer Schwerpunkt wurde auf Berichte über lokale Vorgänge gelegt, auf Nachrichten aus Handel und Gewerbe im märkischen Gebiet sowie zuverlässige Mitteilungen über die Fruchtpreise. Politisch wollte Edelhoff seine Zeitung als liberales Blatt mit nationaler Bindung einrichten. Erklärtes Ziel war die „märkische Biederlichkeit“ nach dem Vorbild des Freiherrn vom Stein, der von Wetter aus die märkischen Anliegen im Reich bekannt gemacht hatte.

1883 und 1892 veränderte die Ruhrthal-Zeitung erneut das Format. Politischer Grundtenor 1893 war eine auf christlicher Grundlage stehende Weltanschauung, die sich gegen Sozialismus und Atheismus stellte, aber auf keine Seite einer Partei. Es galt das Losungswort „Mit Gott für Kaiser und Reich“.

Die Zeitung mit nationalliberaler Grundtendenz hatte nicht nur den Anspruch, in Wetter, Herdecke, Volmarstein und Wengern gelesen zu werden. Sie wurde auch an ehemalige Bürger aus Wetter verschickt. 1890 ist das besonders gut an einem Leserbrief der Familie Schmittutz zu erkennen, die nach einem Tornado aus Louisville für ihre Verwandten ein Lebenszeichen geben.

Untertitel Wettersche Zeitung ab 1902

1902 folgte der Untertitel Wettersche Zeitung. Begründet wurde das mit dem Wunsch der Leserschaft, lokale Beziehungen deutlich zu kennzeichnen. Dabei waren Berichte über Herdecke, Volmarstein und Wengern sehr selten. Zudem gab es kurz nach 1900 in Vorhalle und Herdecke, dann auch in Wetter Versuche der Einrichtung einer weiteren Zeitung als Kopfblatt oder Tageszeitung. Die Ruhrthal-Zeitung wollte per Untertitel auf neue Konkurrenz reagieren und sich als ältestes Blatt am Platze behaupten.

Die Ruhrthal-Zeitung nahm dann eine positive Entwicklung, so dass 1904 acht Personen beschäftigt waren. Ab 1908 erschien die Ruhrthal-Zeitung dreimal wöchentlich, ab 1909 täglich. Man passte sich dem neuen Selbstwertgefühl der Gemeinde Wetter an, die auf dem Weg war, Stadt zu werden. Der Bezugspreis der Zeitung einschließlich dreier Beilagen betrug monatlich 55 Pfennig frei Haus. Mit dem Abonnement der Ruhrthal-Zeitung war eine Versicherung gegen Tod oder durch Unfall bei der Nürnberger Lebensversicherung über 200 Mark eingeschlossen. Nach der ersten Rechtschreibreform erschien das Wort Ruhrtal ohne das bisherige „h“, zudem nahm das Blatt das historische Stadtwappen der Freiheit Wetter in den Kopf der Zeitung auf.

Mit der Neuen Wetterschen Zeitung des Victor Engelmann gab es zwischen 1902 und 1912 Konkurrenz. Im April 1912 ging dieser Lokalanzeiger aus dem Verlag Grewer Majert in den Besitz von Paul Edelhoff über, die Ruhrtal-Zeitung erschien dann unter dem Titel Wettersche Zeitung als Typ Generalanzeiger. Sie finanzierte sich durch Inserate, zunächst waren allgemein die Liberalen die wichtigsten Anzeigenkunden. In der eher unabhängigen Rolle verstand sich die Wettersche Zeitung auch während des Ersten Weltkrieges und der Weimarer Republik. Mit dem Nationalsozialismus arrangierte man sich. Die nach größtmöglicher Unabhängigkeit vom Staat strebende Wettersche Zeitung behielt diese Rolle bis zur Jahresmitte 1941, ehe Papierknappheit für das Ende sorgte.

Die Zeit des Nationalsozialismus

In der NS-Zeit waren die Zeitungen weitgehend gleichgeschaltet, neben dem Völkischen Beobachter wurde auch die Westfälische Landeszeitung „Rote Erde“ (amtliches Organ der NSDAP im Gau Westfalen-Süd von 1934 bis 1945) in Wetter gelesen. Allerdings wurde die Zeitung ab dem 21. März 1945 als Folge des Vorrückens der Alliierten Truppen kaum noch nach Wetter geliefert.