Wetter/Herdecke. Die Westfalenpost wird 75. Eine Zeitungsgeschichte der Neuzeit zum Jubiläum mit Blick auf die Berichte für Wetter und Herdecke nach dem Krieg.
Am 26. April jährt sich zum 75. Mal die Erstausgabe der Westfalenpost, die zunächst in Soest unter diesem Titel mit dem Untertitel: „Für den demokratischen Aufbau im christlichen Geist“ firmierte. Sie erschien zunächst zweimal wöchentlich, versehen mit einer Lizenz der britischen Militärregierung. Die Zentralredaktion der Westfalenpost wurde in Hagen aufgebaut und versorgte dann den gesamten südwestfälischen Raum.
Kurz zuvor im März 1946 war die Westfälische Rundschau mit dem Prädikat „unabhängig, überparteilich“ als Zeitung für Hagen – Wetter und Herdecke wurden mit berücksichtigt – wieder erschienen. Jedoch waren noch keine Lokalredaktionen für den Ennepe-Ruhr-Kreis eingerichtet, so dass die Harkortstadt auf eine eigene örtliche Redaktion, wie sie bis in den Zweiten Weltkrieg bis 1941 hinein bei der Wetterschen Zeitung von Edelhoff bestanden hatte, verzichten musste.
Zweisprachiges Nachrichtenblatt
Nachdem bis Mitte April 1945 die Städte des EN-Kreises von Alliierten und hauptsächlich von amerikanischen Truppen eingenommen bzw. besetzte waren, erschien an Ennepe und Ruhr ein zweisprachiges Nachrichtenblatt mit amtlichen Bekanntmachungen der Kreisverwaltung sowie der Städte, Ämter, Gemeinden und Behörden. In der ersten Ausgabe vom 17. Mai 1945, herausgegeben vom Obersten Befehlshaber der Alliierten Streitkräfte, General Dwight D. Eisenhower, wurde die Bekanntmachung, der Krieg in Europa sei beendet und „die Herrschaft der Nazis ist endgültig vorüber und die Nationen Europas sind frei“ mitgeteilt. Gleichzeitig wurden alle deutschen Gerichte, Unterrichts- und Erziehungsanstalten so lange geschlossen, bis die Zustände eine Wiedereröffnung zuließen. Weitere Zeitungen erschienen in unmittelbarer Nachkriegszeit natürlich nicht.
Am 19. April 1945 erhielt der Bürgermeister in Wetter von der britischen Militärregierung die erste Zeitung („Kölnischer Kurier“ vom 9. April 1945, herausgegeben von der US-Armee) zur Verteilung in der Stadt. In der Amtlichen Bekanntmachung der Briten vom 1. September stand dann, dass Gesuche für die Herausgabe von Zeitungen von nun an gestellt werden konnten. Die Formulare gaben Bürgermeister in Essen, Dortmund, Bochum usw. aus, ehe sie an die Militärregierung zwecks Konzessionsgenehmigung gingen. Die Erlaubnis, eine Zeitung herauszugeben, bekam die Westfalenpost offenbar zum Jahreswechsel 1945/46.
Eine interessante Regelung über das Pressewesen nach 1945 wird in einer von einem ehemaligen Redakteur der Wetterschen Zeitung, Fritz Entrop, um 1955 in einer nicht gedruckten Ortschronik überliefert. Demnach wurden die Beziehungen zwischen Presse und Stadtverwaltung vom Presseamt der jeweiligen Stadt geregelt. Das Presseamt hielt Nachrichten planmäßig bereit, die an die örtlichen Tageszeitungen gleichzeitig verteilt wurden, damit alle Bevölkerungskreise über die Vorgänge in der Verwaltung gleichzeitig unterrichtet werden konnten.
Dabei sollte das Presseamt keine Meinungslenkung anstreben, sondern der Presse eine Hilfestellung anbieten. Fritz Entrop berichtet aus seiner Sicht der frühen 1950er Jahre über hiesige Zeitungen: „Nach dem Krieg bezog sich das Pressewesen zunächst auf die großen Lizenzzeitungen, so auf die Westfälische Rundschau, die der SPD, auf die Westfalenpost, die der CDU, und auf das Westdeutsche Tageblatt, das der FDF nahesteht. Schon bald nach ihrem ersten Erscheinen richteten die genannten Zeitungen Lokalseiten ein, wobei die Westfalenpost voranging.“
Der Umfang der zugelassenen Zeitungen ließ natürlich nicht sofort eine ausführliche Ortsberichterstattung zu. Entrop schreibt: „Die Westfalenpost macht in der äußeren Aufmachung einen konservativen Eindruck, wovon das Festhalten an dem Teil ‘Unter dem Strich’ zeugt.“ Und weiter: „Die Politik der Westfalenpost dient ausschließlich der Bonner Regierung und ihrer Konzeption. Im kritischen Feuilleton, soweit es sich um Theater und Musik handelt, ist die Westfalenpost sehr beachtenswert. Buch und Film werden dagegen nicht selten von unausgereiften Federn behandelt.“ Die Westdeutsche Rundschau unterstreiche den Standpunkt der SPD, sowohl innen- und außenpolitisch als auch sozial. „Ihre politischen und wirtschaftlichen Leitartikel sind oft von erfrischender Deutlichkeit. Ein Blatt, das sich weit über das Niveau früherer SPD-Blätter hinaus entwickelt hat“, so Entrop. Im Lokalteil der Zeitungen fehle manchmal sprachliche und sachliche Genauigkeit, auch im Sport.
Als auflagenstärkste Zeitung war die Westfälische Rundschau anzusehen. Aber auch die Westfalenpost und das Westdeutsche Tageblatt waren in Wetter gut vertreten. Das Neue Hagener Tageblatt kam heraus, nachdem auch den kleineren Verlagen, die keine Parteibindung hatten, gestattet worden war, eine Zeitung erscheinen zu lassen. Für die Herausgabe zeichnet der Verlag Thiebes, der früher das Westfälische Tagesblatt besaß. Eine Ortszeitung hat es in Wetter nicht wieder gegeben. Die Wettersche Zeitung im Verlage Edelhoff musste ihr Erscheinen während des Krieges „wegen Papiermangels“ einstellen. Ihre Ankündigung: „Wir kommen wieder“ konnte sie nicht wahr machen.
Erste Geschäftsstelle eingerichtet
Die örtliche Berichterstattung der Westfalenpost erfolgte zunächst von der Zentralredaktion in Hagen. Dort war in den 1960er Jahren Herbert P. Reuter für Hagen zuständig, für den gesamten EN-Kreis Gernot Adamheit. Die WP hatte zu dieser Zeit bereits eine eigene Geschäftsstelle in Wetter eingerichtet. Die Berichterstattung für Wetter und Herdecke aber geschah von Hagen aus und füllte zwei Zeitungsseiten.
Zum 1. April 1971 verlegte die Lokalredaktion für Wetter/Herdecke, die hier unter dem Logo „An der Ruhr“ berichtete, ihre Redaktion nach Wetter in die Kaiserstraße 65 zur Geschäftsstelle. 1973 startete die hiesige Redaktion nach dem Umzug in Hausnummer 98 eine intensivierte lokale Berichterstattung. Auch heute arbeiten die Journalisten in der Kaiserstraße.
Zur Person
Der Historiker Dr. Dietrich Thier, 1953 geboren, arbeitete bis zu seinem Ruhestand 2018 über drei Jahrzehnte bei der Stadt Wetter. Er leitete sowohl das Stadt- als auch das Kreisarchiv für Ennepe-Ruhr. Thier hat zahlreiche Aufsätze und auch Bücher (zuletzt zu den Grafen von der Mark) über lokale sowie regionale Themen geschrieben bzw. veröffentlicht.