Herdecke. Unbeachtet, oft ungepflegt oder zerstört: Willi Creutzenberg rückt mit seiner Führung Kunstwerke im öffentlichen Raum in den Fokus der Bürger.

Unbeachtet, ungepflegt, bisweilen zerstört: Viele Kunstwerke im öffentlichen Raum führen ein Schattendasein. Dabei verraten sie so viel – über die Idee, die mit ihrer Entstehung verbunden ist, über den Menschen, der sie erschaffen hat, und auch über die Zeit, aus der sie stammen. Willi Creutzenberg, Historiker, passionierter Heimatforscher und Kunstfreund, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Bewusstsein für die Kunst im öffentlichen Raum zu schärfen. So bot er zu diesem Thema am Sonntag für den Heimat- und Verkehrsverein eine Führung an, die auf reges Interesse stieß. Über 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer machten sich am Bleichstein gemeinsam mit Willi Creutzenberg auf Entdeckungstour durch die Innenstadt.

Keramikstele aus der Aktion „Pflöcke einschlagen“

Nur ein paar Schritte legte die Gruppe zurück und stand schon vor einer Keramikstele auf dem Ruhrdeich. Beschmiert, abgebröckelt und von einem verrosteten Stützpfeiler getragen, hätte wohl kaum jemand das Objekt als Kunstwerk identifiziert. Willi Creutzenberg erläuterte, dass die Stele seit 1999 dort stehe. Und: „Die gibt es 14 Mal im Ruhrtal zwischen Bochum und Herdecke. Sechs Städte und ein Kreis hatten sich zusammen getan, um das Ruhrtal zu entwickeln und das Bewusstsein für gemeinsames Handeln wecken“, so Creutzenberg weiter. „Pflöcke einschlagen“ lautete der Titel der symbolischen Kunstaktion. „Die Idee stammte von Dr. Michael Scheer, dem Ex-Leiter des Osthaus-Museums in Hagen. Umgesetzt hat sie der Bochumer Keramiker Dr. Matthias Reckert. Aber keiner hat die Stele je zur Kenntnis genommen; ihr Zustand ist desolat. Keiner kümmert sich“, so Creutzenberg, bevor er die Gruppe Richtung Gymnasium führt.

Stelen aus Ruhrsandstein

Nicht zu übersehen sind die monumentalen Stelen der Herdecker Künstlerin Sofia Kouldakidou auf der Ruhrwiese – sie tragen den Titel „Begegnung“. Gefertigt hat die Künstlerin sie im Steinbruch Grandi. „Erstaunlich“, meinte eine Teilnehmerin, „dass diese Stelen noch gar nicht beschmiert wurden.“ Nur wenige Meter dahinter steht ein Steinblock, vor dem Sprayer allerdings nicht Halt gemacht haben. Das soll Kunst sein? „Ja, das sah mal so aus“, erklärt Willi Creutzenberg und zeigt ein Foto, auf dem das komplette Kunstwerk des stadtbekannten Künstlers Walter Hellenthal zu sehen ist. „Das war mal ein vierteiliges Objekt, und was Sie hier sehen ist nur noch der Rest, ein Torso“, so Creutzenberg. Die anderen Teile seien teils aus Metall gewesen, die verrostet eine Gefahr dargestellt hätten und weggeschafft wurden.

Standort verändert, Zusammenhang weg

Hinterm Gymnasium staunen die Teilnehmer über das Objekt „Metamorphose“ von Rudi Vombek: fünf Felder jeweils aus derselben Anzahl von Betonquadern, aber in unterschiedlicher Zusammensetzung. „Der Zusammenhang ist weg, nachdem es hierher versetzt wurde. Es stand 40 Jahre lang vor der Schule, so dass man vom Kunstwerk aus eine Sichtachse zum Eingang hatte. Es ist ja mit Gummimatten umlegt und war ein gut angenommenes Spielgerät und insofern gelungene Kunst am Bau.“ Teilnehmerin Catrin Haacke lauscht interessiert: „Es ist sehr aufschlussreich, was wir hier hören, und ich finde es toll, dass Willi Creutzenberg sich dieser Sache angenommen hat.“ Und Margit Möller meint: „Ich bin 41 Jahre an so vielen Sachen vorbeigegangen und nun bass erstaunt.“

Amphitheater und Grabstein

Nach kurzem Blick durchs Fenster in den Innenhof der Realschule, in den Rudi Vombek einst ein Amphitheater baute, geht es zum Grabstein der Familie Hülsberg auf dem Friedhof Zeppelinstraße, der umgefallen war und dank Creutzenbergs Initiative wieder aufgerichtet wurde. Weitere Stationen auf der zweieinhalbstündigen Tour waren u.a. der Trinkbrunnen am Bachplatz von Professor Eberhard Linke, der Sackträgerbrunnen des Hagener Künstlers Hans Dorn, Walter Hellenthals Kunstwerk „Kommunikation“ vor der alten Post, der Sackträgerbrunnen und der Christopherus an der Außenwand des Onikon.

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