Herdecke. Die Bürgerstiftung ist vielfältig in Herdecke unterwegs. Warum sie jetzt auch - erfolgreich - in Sachen Umwelt unterwegs sein kann.

Die Förderaktion der Bürgerstiftung für Umweltprojekte hat unter denkbar ungünstigen Umständen stattgefunden. Erstmals beworben wurde sie, als Corona gerade Besitz vom Alltag ergriff. Mittlerweile sind die Hoffnungen groß, dass sich der zweite Lockdown dem Ende nähert. Und selbst wenn vieles durch die Pandemie schwerer geworden ist: „Wir haben zwei Projekte ans Laufen gebracht“, freut sich Bürgerstiftungsvorsitzende Annette Brincker über den gelungenen Start der Förderung.

Bis zu 5000 Euro fließen pro Projekt. Bei den Insektenoasen, die Dörte Gößling angeregt hat, wird der Rahmen vielleicht nicht einmal ausgeschöpft. Das Grüne Klassenzimmer, an dem an der Werner-Richard-Grundschule gewerkelt wird, liegt mit seinem Gesamtvolumen bei einem Vielfachen dieses Förderlimits. Beide Projekte werden auf dieser Seite rechts ausführlicher vorgestellt.

Kampf fürs Klima

Vor einem Dreivierteljahr hatte die Bürgerstiftung öffentlich gemacht, dass sie sich mit der Förderung von Umweltprojekten auf ein neues Feld begeben wollte. Möglich gemacht hatte das ein großzügiges Erbe. Und anders als sonst geht es nicht darum, gestiftetes Geld geschickt anzulegen und von der Rendite die Projekte der Stiftung zu finanzieren. Die Eheleute Schlothauer haben verfügt, dass ihre Hinterlassenschaft direkt Früchte tragen soll. Und so kann der „nicht ganz geringe Betrag“, wie Annette Brincker die Gesamtsumme umschreibt, komplett in die Umweltprojekte fließen. Zehn Jahre hat die Stiftung insgesamt zum Ausgeben Zeit.

Bei der Projektförderung Umwelt aus dem Erbe der Eheleute Schlothauer sind die Ziele klar benannt. Gefördert werden kann, was dem Artenschutz dient oder zur Verringerung des Ausstoßes von Klimagas. Auch wer eine Idee zur Schonung der Ressourcen oder der Verringerung von Abfall hat, kann sich berechtigte Hoffnungen auf eine Förderung durch die Bürgerstiftung machen.

Viel Gutes für Herdecke

An der Idee mit den Insektenoasen hat Dr. Corinna Reinke beispielsweise die „sehr starke Signalwirkung gefallen“. Weil sich das leicht abschauen lässt, „kann das in Herdecke viel Gutes hervorrufen“, sagt Reinke. Sie ist Mitglied des Arbeitskreises in der Bürgerstiftung, der die Anträge genauer unter die Lupe nimmt. In dieser Jury sind auch Annette Brincker, Dr. Klaus Gößling und Dr. Harald Werner. Und beratend dabei ist Sonja Fielenbach, bei der Stadtverwaltung in Herdecke als Agenda-Beauftragte beschäftigt.

Der ursprüngliche Zeitplan der Stiftung hat sich wegen Corona aber nicht einhalten lassen. Zwei Mal im Jahr sollte die Jury Vorschläge prüfen. Jetzt sind es zumindest zwei Projekte geworden, für die es im ersten Jahr eine Förderzusage gegeben hat. Das Förderangebot scheint aber auch ein wenig in Vergessenheit geraten zu sein. Aktuell liegt nur noch ein weiterer Antrag vor. „Er könnte gut passen“, sagt Dr. Claus Gößling über einen öffentlich aufgestellten Bücherschrank in Ende. Schließlich wird dann mit der Ressource Buch schonend umgegangen.

Hoffnung auf neue Bewerber

Die Jury ruft vor allem Herdecker, aber je nachdem im Grenzbereich auch Wetteraner oder Wittener auf, mit neuen Ideen das Erbe der Eheleute Schlothauer wirken zu lassen. Die Bürgerstiftung zeigt sich dabei von ihrer flexiblen Seite. „Immer, wenn wir Anträge bekommen, reden wir in der Jury darüber“, verspricht Gößling. Dabei sollten nicht nur diejenigen Kontakt zur Bürger­stifung aufnehmen, die nicht ganz sicher sind, ob ihre Projektidee unter den Schirm dieser Förderung passt. Um eine kurze Kontaktaufnahme wird grundsätzlich gebeten. Es kann sich lohnen.

>>>Oase für Insekten

Insektenhotels sind in Mode, weiß Dörte Gößling. In Gärten hängen sie und an Häuserwänden. „Aber die Hotelgäste brauchen doch auch Futter“, erklärt die frühere Biologie-Lehrerin die Grundidee ihrer Insektenoasen. Mit den Orten zum Auffrischen für die Kleinsten der Tierwelt hat sie als Erste das Förderprogramm Umwelt der Bürgerstiftung Herdecke mit Leben erfüllt.

Zunächst einmal hat sie nach Baumscheiben in der Stadt Ausschau gehalten. Das sind die kleinen Areale mit Erdreich rund um Straßenbäume. Und am Kriegerdenkmal an der Goethestraße könnte sogar eine größere Fläche zur Landefläche für hungrige Insekten werden. Auch an Straßenecken mit Beeten im Einmündungsbereich ist Dörte Gößling in Herdecke fündig geworden.

Mitstreiter gesucht

Baumscheiben und Rabatten sollen zu Oasen für Blumen und Gräser werden. Dazu braucht Projektleiterin Gößling zunächst einmal den passenden Samen, aber auch die nötigen Mitstreiter. Daher ist sie derzeit doppelt auf der Suche: nach Blumensamen, der zum Standort passt. Heimische Sorten sollen es sein, so viel steht schon fest. Und nach Dauerhelfern, die eine Art Patenschaft übernehmen.

„Es geht nicht darum, einmalig etwas zu säen“, sagt Dörte Gößling. Die Oasen bedürfen der Pflege, müssen vielleicht gewässert werden, damit die Saat auch aufgeht. Und mit Nachsäen ist auch zu rechnen. Geld von der Bürgerstiftung kann sie dabei gut gebrauchen: Sie möchte Flyer drucken lassen, Samen muss immer mal wieder gekauft werden. Und es sollen Schilder in den Insekten-Oasen aufgestellt werden. Damit klar ist, warum hier vielleicht nicht wie sonst zurückgeschnitten wird.

>>>Ein Grünes Klassenzimmer

Lernen ist viel zu oft Theorie, ab­strakt, verkopft. Das weiß auch Matthias Wittler, Leiter der Werner-Richard-Grundschule in Herdecke. Deshalb will die Schule gegenhalten mit einem bewusst sinnlich gehaltenen Lernort: In einer Ecke neben dem Schulgebäude nimmt Stück für Stück ein „Grünes Klassenzimmer“ Gestalt an.

„Wir fanden die Idee schön“, sagt Dr. Harald Werner, Mitglied in der Jury der Bürgerstiftung bei der Projektförderung Umwelt. Und deshalb ist die Bürgerstiftung jetzt Mit-Finanzier des Projektes, das seine Anfänge schon vor fünf Jahren hatte. Klar steht die Schule zu ihrem MINT-Schwerpunkt, der Hervorhebung von Fächern wie Mathematik, Informatik und Technik. Daneben sollte es aber auch einen Ort geben, der für die Kinder Lehre, Lernen und Leben erfahrbar machen kann – das grüne Klassenzimmer! Bienen hat die Schule schon lange. Jetzt wurde mit der Unterstützung der Stiftung ein Trachtengarten angelegt. Das ringförmige Beet soll ganzjährig für Futter sorgen. Die Schule ist nicht nur froh über einen weiteren Baustein in der Finanzierung: Das Nachhaltigkeitsprojekt soll Teil eines Netzwerks sein.