Wetter/Herdecke. Wer kandidiert bei der Bundestagswahl 2021 im Wahlkreis 139? Die SPD Herdecke hat einen Favoriten, die Partei in Wetter gibt keine Empfehlung ab.

Der Wahlkreis 139 gilt als politische Bastion. Seit 1949 (damals gewann der Herdecker Walter Freitag) zog hier stets eine Kandidatin bzw. ein Kandidat der SPD in den Bundestag ein. Als Nachfolger von Ralf Brauksiepe versucht in diesem Jahr der ehemalige Feuerwehrchef Deutschlands, Hartmut Ziebs, für die CDU im September die meisten Erststimmen im Gebiet mit Wetter, Herdecke, Witten, Hattingen und Sprockhövel zu bekommen. Gegen wen? Die heimischen Sozialdemokraten entscheiden darüber am 3. Februar.

Dabei konzentriert sich fast alles auf Witten. Im dortigen Saalbau will der SPD-Unterbezirk bei einer Delegiertenversammlung über die Kandidatur abstimmen. Als größte Partei im Ennepe-Ruhr-Kreis stellen die dortigen Sozialdemokraten auch die beiden einzigen Bewerber für die Nachfolge des 66-jährigen Ralf Kapschack: Wittens Parteichef Axel Echeverria gegen Neuling Tanja Knopp vom Ortsverein Stockum. Aus Wetter und Herdecke habe niemand Interesse an einer Kandidatur bekundet, berichten die hiesigen Stadtverbandsvorsitzenden Kirsten Stich und Ulrich Schwellenberg.

Seit Herbst wissen die SPD-Verantwortlichen an der Ruhr, dass der Wittener Kapschack (wohnt auf dem Schnee nahe der Herdecker Stadtgrenze) nach zwei Legislaturperioden altersbedingt nicht mehr für den Bundestag kandidieren will. „Wir haben dann im Unterbezirk das Verfahren abgestimmt und Termine vereinbart, damit sich Bewerber in allen fünf Städten des Wahlkreises vorstellen können“, erklärt Kirsten Stich. Wetters Stadtverbandsvorsitzende etwa moderierte am 12. Dezember eine Zusammenkunft in der Elbschehalle Wengern, wo sich die zwei Kandidaten den Fragen der Anwesenden und der per Livestream zugeschalteten Zuschauer stellten. Während sich bei Tanja Knopp Schul-Themen als Schwerpunkt herauskristallisierten, lag der Fokus von Axel Echeverria auf dem Arbeitsmarkt und sozialen Fragen, so Stich.

Acht Delegierte aus den Ortsvereinen

Eine Wahlempfehlung gebe der SPD-Stadtverband aber nicht, so die Vorsitzende. Die acht Delegierten aus den Ortsvereinen Alt-Wetter, Volmarstein und Esborn entscheiden selbst, wer am 3. Februar ihre Stimme erhält. „Der Termin wurde wegen Corona mehrfach verschoben. Die Vertreterversammlung ist derzeit weiterhin als Präsenzveranstaltung im Saalbau geplant, je nach Lage der Dinge könnte der Unterbezirksvorstand daran aber auch kurzfristig noch etwas ändern“, so Stich, die auch in Witten mitwählt.

Ulrich Schwellenberg hingegen ist dann nicht vor Ort. Ein paar Monate will der Herdecker noch Vorsitzender in seinem SPD-Stadtverband bleiben. Das Amt hat er seit zwölf Jahren inne. 2020 hatte er seinen Rückzug angekündigt. Wegen der Pandemie und der mitunter aufwendigen Zusammenschaltung der Mitglieder habe die Partei ihre Führungsfrage nach einer Sitzungsabsage im November 2020 auf einen späteren Termin – voraussichtlich nun im Mai – gelegt. Gleichwohl tauschen sich die hiesigen Sozialdemokraten regelmäßig per Videokonferenz aus.

Auch zur Kapschack-Nachfolge. In Herdecke sprach sich der Stadtverband einstimmig dafür aus, dass die fünf Delegierten (darunter drei aus Ende) Echeverria wählen sollen „Wir haben das ausführlich diskutiert und es uns nicht leicht gemacht, da es zwei unterschiedliche Persönlichkeiten sind“, so Schwellenberg. „Letztlich hat uns überzeugt, dass Echeverria ein erfahrener Kommunalpolitiker ist und den Bundestags-Alltag als früherer Mitarbeiter schon kennengelernt hat.“

Im Dezember konnten sich Knopp und Echeverria einzeln via Internet bei einer Fragerunde der SPD Herdecke vorstellen. Nach einer viertelstündigen Einführung konnten die Sozialdemokraten die Kandidaten mit konkreten Themen konfrontieren. „Tanja Knopp war mir und vielen anderen bis dato unbekannt, sie ist sehr sympathisch. Axel Echeverria kennen wir schon länger, er hat viel auch für den SPD-Unterbezirk geleistet und dürfte als Favorit in die Abstimmung gehen“, so das Fazit von Schwellenberg. Wir haben aber zwei gute Kandidaten, für die Delegierten dürfte es eine schwierige Entscheidung werden.“

Herdeckes SPD-Stadtverbandsvorsitzender habe große Hoffnung, dass der Wahlkreis 139 auch über 2021 hinaus in der Hand der Sozialdemokraten bleibe. „Wobei es bei der letzten Bundestagswahl ja nicht so klar war wie früher, was wohl auch am recht prominenten CDU-Gegenkandidaten Brauksiepe lag“, meint Uli Schwellenberg, der auch die Arbeit von Ralf Kapschack lobt. „Die Zusammenarbeit mit ihm war und ist gut, ähnlich wie zuvor mit Christel Humme. Wenn wir etwas anstoßen wollten, konnten wir uns immer an ihn wenden. Das hat uns verschiedene Türen auch in Berlin geöffnet, beispielsweise zugunsten der Sanierung unseres Freibads.“

Lob für Kapschack

Auch Kirsten Stich berichtet von einem guten Miteinander und nennt als Beispiel, dass Ralf Kapschack in der Vergangenheit oft im Wahlkampf in Wetter auftrat oder etwa auch bei Flüchtlingsfragen ein wertvoller Ansprechpartner gewesen sei. „Er hat seit 2013 eine gute Wahlkreisarbeit geleistet und sein Steckenpferd, die Themen Arbeit und Soziales, gut transportiert.“

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Wetters SPD-Chefin blickt optimistisch auf die Bundestagswahl im September. Nach ihrer Ansicht können sowohl die Genossen vor Ort als auch die Regierungsvertreter in der Hauptstadt derzeit zufrieden mit ihrer jeweiligen Leistung sein. „Es liegt an uns, das in den nächsten Monaten fortzuführen und zu zeigen“, sagt Stich. „Ich finde, dass die SPD in der Krise eine gute Politik betreibt, wenn ich allein an Bundesarbeitsminister Heil denke. All das dürfte dann auch nach Corona eine Rolle spielen.“