Herdecke. David Siery, Einrichtungsleiter der Parkanlage Nacken die von Corona stark betroffen war, berichtet im Interview über die schwere Zeit.
Die Senioreneinrichtung Parkanlage Nacken war von Corona stark betroffen. Mehrere Wochen stand das Heim unter Quarantäne. Bewohner und Mitarbeiter waren infiziert. Einige Senioren starben. Nun scheint das Schlimmste überstanden. Für Einrichtungsleiter David Siery und Pflegedienstleiter Peter Espey Zeit, durchzuatmen und Danke zu sagen.
Herr Siery, wie haben Sie und Ihre Mitarbeiter die vergangenen Wochen erlebt?
David Siery: Es war für uns alle eine absolute Ausnahmesituation! Diese Zeit war geprägt von Sorgen, Verzicht und auch Ängsten für jeden Einzelnen. Durch die Ausfälle von Mitarbeitern kam es zu einem erhöhten Arbeitsaufkommen und somit zu teilweise sehr hohen Belastungen – trotz Unterstützung durch Leiharbeiter – für die Mitarbeitenden der Einrichtung. Diesen Herausforderungen ist das Personal allerdings mit einem super Zusammenhalt und einer unfassbaren Bereitschaft entgegengetreten, wodurch unser „Wir-Gefühl“ noch weiter gestärkt wurde. Alle haben hoch professionell und konzentriert gearbeitet, vor allem mit Blick auf die nötigen Hygiene- und Schutzmaßnahmen, um eine weitere Ausbreitung des Virus möglichst zu verhindern.
Wie war die Stimmung unter der Belegschaft? Ich kann mir vorstellen, dass viele bei den täglichen Neuigkeiten auch Angst hatten und in Sorge waren. Einige Mitarbeiter waren selbst infiziert und sogar schwer erkrankt…
Durch die wöchentlichen Testungen aller Bewohner und Mitarbeiter während des Ausbruchs war die Stimmung sehr angespannt. Das Warten auf die Ergebnisse war immer besonders belastend. Dazu kamen die Sorgen und Ängste um die infizierten Bewohner und Mitarbeiter. Bei einigen Mitarbeitern waren auch die Familie und die Kinder durch Quarantäne oder Ansteckung betroffen. Die größte Betroffenheit haben aber die schweren Verläufe (auch Krankenhausaufenthalte) der infizierten Mitarbeiter ausgelöst. Dem gegenüber stand allerdings, wie bereits erwähnt, der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung während dieser schweren Zeit, wodurch auch viel positive Energie entstanden ist.
Wie sind die Mitarbeiter auch mit den Todesfällen umgegangen? So etwas geht an den Pflegekräften nicht spurlos vorbei, oder?
Diese haben uns definitiv alle, vor allem das Personal der Pflege und Betreuung, sehr mitgenommen und betroffen gemacht. Einige der Verstorbenen waren seit Jahren bei uns, und die Beziehungen waren sehr vertrauensvoll. Von Hinterbliebenen haben wir viel Dankbarkeit für die Pflege und Begleitung ihrer Angehörigen erfahren sowie auch Trost und Aufmunterung. Dies war sehr schön zu erleben, denn diese Erlebnisse haben ein Gefühl der Machtlosigkeit erzeugt. Von Seiten des Unternehmens gibt es ein Angebot für Seelsorge, und auch untereinander gab es den gegenseitigen Austausch zur Entlastung und Verarbeitung.
Wie haben Sie es geschafft, die Mitarbeiter zu motivieren?
Wir haben versucht, in der Zeit klar und offen zu kommunizieren und immer ansprechbar zu sein. Sei es bei Sorgen, Ängsten oder Bedenken. In dieser Zeit haben wir eine erhöhte Präsenz und durchgehende Erreichbarkeit für die Mitarbeiter, aber auch für Angehörige, angeboten. Die Geschehnisse, Veränderungen oder Maßnahmen wurden immer tagesaktuell mit den Mitarbeitern besprochen und abgestimmt, so waren alle an den Entscheidungen beteiligt und konnten auch mitgestalten. Im Rahmen der Möglichkeiten haben wir personell, materiell und organisatorisch versucht alles umzusetzen, was in unserer Macht stand. Wir haben bei jeder Gelegenheit aufrichtigen Dank für die Bereitschaft, das Durchhalten und die tolle Arbeit des Personals ausgesprochen. Mein Kollege Herr Espey ist durch seine langjährige Betriebszugehörigkeit sehr nah bei den Mitarbeitern. So konnten wir uns gegenseitig sehr gut ergänzen oder entlasten. Die Spendenaktion der Bürgermeisterin war zusätzlich ein tolles Signal an das Personal und die Bewohner, dass wir in dieser schweren Zeit gesehen wurden, und hat Mut gemacht.
Jetzt steht Weihnachten vor der Tür. Haben Sie in der Parkanlage etwas Spezielles geplant?
Im Rahmen dessen, was in der aktuellen Situation möglich ist, haben wir für die Bewohner weihnachtliche Angebote vorbereitet, z.B. einen kleinen Stand im Garten, kleine Feiern auf den einzelnen Wohnbereichen sowie einen Gottesdienst (natürlich außerhalb der Einrichtung!). Unter den aktuellen Bedingungen, mit den geltenden Hygiene- und Schutzmaßnahmen und den dadurch bestehenden Einschränkungen ist es momentan schwierig für das Personal, etwas „Spezielles“ zu planen. Aber aufgeschoben bedeutet ja nicht aufgehoben! Es gibt bereits gemeinsame Überlegungen, wie wir uns alle selber belohnen können, sobald die Umstände es wieder ungezwungen zulassen.
Was möchten Sie Ihren Mitarbeitern an dieser Stelle sagen?
Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich und aufrichtig für die tolle Arbeit bedanken, die alle Mitarbeiter aus allen Berufsgruppen in den letzten Wochen geleistet haben. Es haben alle einen unfassbaren Job gemacht, die Bereitschaft und der Zusammenhalt waren überwältigend. In dieser Form ist das nicht selbstverständlich und ich habe das so noch nicht erlebt. Ich bin dankbar dass wir so ein tolles Team vor Ort haben. Wir wünschen weiterhin alles Gute, ganz viel Gesundheit und schöne Feiertage, allen Widrigkeiten und Einschränkungen zum Trotz!