Ennepe-Ruhr. Was hat der Lockdown light bisher gebracht? Michael Schäfer vom Krisenstab des EN-Kreises gibt Antworten für Menschen auch in Wetter und Herdecke.
Nach zwei Wochen „Lockdown light“ hat sich die Coronalage im Ennepe-Ruhr-Kreis leicht entspannt. 1000 Neuinfektionen sind in den vergangenen 14 Tagen zwischen Witten und Breckerfeld hinzugekommen. Die Sieben-Tage-Inzidenz hatte letzte Woche Mittwoch (11.11.) mit 179 ihren bisherigen Höchststand erreicht. Seitdem sinkt sie täglich.
Aktuell liegt die Zahl, die angibt, wie viele Neuinfektionen mit dem Virus es binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner gegeben hat, bei 135 – und damit nicht weit unter dem Wert zu Beginn der verschärften Corona-Regeln am 2. November. Damals meldete das Gesundheitsamt eine Inzidenz von 157.
Maßnahmen wirken langsam
„Es braucht zehn bis 14 Tage, bis die Maßnahmen anfangen zu wirken“, sagt Michael Schäfer, Leiter des EN-Krisenstabes. Die Schließung von Gastronomie und anderen Freizeit- und Kultureinrichtungen habe in den letzten Tagen angefangen, sich in den Zahlen niederzuschlagen. „Die Maßnahmen wirken also. Die Frage ist aber: Ist es ausreichend?“
Denn weiterhin bewegen sich die Coronainfektionen auf einem hohen Niveau . In Herdecke starben in zwei Altenheimen mehr als 20 Senioren in Verbindung mit Corona. Aktuell gibt es immer noch 114 Infizierte in der Stadt, in Wetter sind es 55. Auch wenn die Zahlen für den Ennepe-Ruhr-Kreis etwas besser sind: „Die nrw-weite Inzidenz ist mit 164 fast gleich geblieben“, so der 61-Jährige. „Wir sind jetzt auf einem stagnierenden Level. Aber es geht nicht rapide nach unten.“
Daher hat Schäfer auch wenig Hoffnung, dass das Leben ab Dezember wieder seinen gewohnten oder zumindest einen weniger eingeschränkten Gang nehmen wird . „Ziel müsste ja eine Inzidenz von 50 oder weniger sein. Ich glaube nicht, dass das klappt.“
Ob sich der positive Trend in den kommenden Tagen und Wochen fortsetzt? Das zu sagen, sei genauso schwierig, wie die Lottozahlen vorherzusehen, so der Krisenstabsleiter. Noch könne man nicht beurteilen, ob es wirklich in die richtige Richtung gehe oder ob sogar noch schärfere Maßnahmen notwendig werden könnten . Eindringlich warnt Michael Schäfer vor zu frühen Lockerungen. „Ein Jojo-Effekt wäre ganz schlecht.“ Das spreche dafür, die Maßnahmen noch länger fortzuführen. „Und so dauerhaft Erfolg zu haben.“
Ein Wechsel aus Öffnung und Schließung ließe sich den Menschen schlecht kommunizieren. „Wir brauchen Transparenz und einheitliche Regeln, die für alle gelten. Sonst verlieren wir die Menschen. Und ohne die geht es nicht.“ Denn auch im Kreis ist das Infektionsgeschehen so diffus, dass sich bei einem Großteil der neuen Fälle nicht nachvollziehen lasse, wo diese Menschen sich angesteckt haben. Feiern im privaten Bereich sind auch hier eine mögliche Quelle.
Kliniken noch im grünen Bereich
Große Sorge bereitet dem Krisenstab weiter die Lage an den Schulen und Kitas . In Herdecke sind es neuerdings drei Einrichtungen, die in der täglichen Aufstellung der Kreisverwaltung auftauchen. Und allein in Herdecke an drei und in Wetter an vier Schulen verfolgt das Gesundheitsamt aktuell Coronafälle.
Das Thema Maskenpflicht an Grundschulen sei daher „weiter aktuell“, so Schäfer. Denn diese würde die Arbeit des Gesundheitsamtes erleichtern. Auch müssten dann bei einer Infektion in einer Klasse nicht alle anderen Kinder ebenfalls in Quarantäne.
170 Tests am Tag
Die Testkapazitäten im EN-Kreis sind nach Angaben des Krisenstabes voll ausgelastet . Vom 5. bis 16. November hat der Kreis insgesamt 1263 Abstriche vorgenommen, davon 617 mobil und 646 im zentralen Abstrichzentrum am Kreishaus in Schwelm. Das sind im Durchschnitt 170 Tests pro Tag.
Von Sonntag auf Montag hat es im gesamten Kreisgebiet nur 16 Neuinfektionen gegeben, auf Dienstag waren es dann 59. Zum Vergleich: Am 2. November waren es insgesamt 89 neue Coronafälle im EN-Kreis. Wie dynamisch sich die Zahlen entwickeln können, zeigt aber ein Blick in die nahe Vergangenheit.
Noch am 2. Oktober meldete der Kreis eine Inzidenz von 17,56. Dienstag liegt diese bei 134,83 .
Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz zeigt die Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohnern an.
In den Krankenhäusern im Kreisgebiet sind derzeit 36 Patienten (Stand Dienstag) mit einer Corona-Infektion in stationärer Behandlung. Acht von ihnen werden intensivmedizinisch betreut, fünf beatmet. Die Kliniken im Kreis befinden sich laut Schäfer noch „im grünen Bereich“. 26 von 119 Intensivbetten waren nach Angaben des Krisenstabes zu Beginn der Woche frei, rund 22 Prozent. Planbare Eingriffe seien auch noch nicht zurückgefahren worden. „Stand heute ist daher noch nicht von einem drohenden Engpass auszugehen“, so Schäfer. Das könne sich aber ändern, sollten die Zahlen nicht sinken und die Krankenhäuser gleichzeitig an ihrem „Normalprogramm“ festhalten.