Herdecke. Bei SPD und CDU gibt es neue Wortführer im Herdecker Rat. Frisch ins Amt kommt auch die Spitze bei der Linken und der AfD.
Sechs Fraktionen gibt es im neuen Rat, der nächsten Dienstag zum ersten Mal tagen wird. Fünf Fraktionen davon haben bereits die Führungsfrage geklärt, im sechsten Fall stellt sich der Amtsinhaber zur Wiederwahl. Ganz neu im Rat und dann auch gleich Vorsitzende der CDU-Fraktion ist Julia Brunow (27).
2015 ist Julia Brunow in die CDU eingetreten, vor zwei Jahren hat sie den Stadtverband übernommen. Jetzt ist sie auch Sprecherin der Fraktion im Rat. Wie schwer lastet diese doppelte Verantwortung auf ihren Schultern? Bisher ist das Gefühl der Freude vorherrschend „über das Vertrauen, das mir entgegengebracht worden ist.“ So eine Last ließe sich natürlich nicht alleine tragen, sagt sie. Nicht zuletzt der Wahlkampf habe gezeigt: „Das Team funktioniert unheimlich gut.“
Die Herdeckerin hat bisher als sachkundige Bürgerin in zwei Ausschüssen gesessen, war in der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft, der Frauenunion und der Jungen Union aktiv. Die politische Praxis mache ihr sehr viel Spaß, sagt Julia Brunow, die den theoretischen Teil in der Fächerkombi Politik, Philosophie und Ökonomik an der Uni Witten/Herdecke studiert.
Die SPD hat Dr. Nadja Büteführ zur Fraktionsvorsitzenden gewählt. Der bisherige Fraktionschef Jan-Christoph Schaberick hatte bei der Kommunalwahl am 13. September überraschend kein Mandat im Herdecker Rat errungen: In seinem Wahlbezirk lag die Grüne Bewerberin Sarah Rosa Gerigk bei der Auszählung vor ihm. Und auch der allerbeste Listenplatz half nicht. Die SPD hatte genau so viele Kandidatinnen und Kandidatinnen direkt durchbringen können wie ihr anteilsmäßig zusteht.
Jan-Christoph Schaberick hatte die Fraktionsführung 2017 von Nadja Büteführ übernommen, als diese in den Landtag gewählt worden war. Im Herdecker Rat war Büteführ aber seine Stellvertreterin geblieben. Bei der FDP bleibt Wilhelm Huck eine weitere Amtszeit an der Spitze der Fraktion.
„Vorgespräche“ über Koalition
Zunächst sah es so aus, als würde Dieter Kempka für die Linke als Einzelkämpfer in den Rat einziehen. Dann bescherte das Los der Linken ein zweites Mandat und Kempka den Fraktionsvorsitz. Schon kurz nach der Wahl hatte Oliver Haarmann erklärt, dass er die ebenfalls zweiköpfige Fraktion der AfD im Rat anführen werde.
Bei den Grünen, die von zuletzt drei auf nun sieben Sitze im Herdecker Ratssaal gekommen sind, steht die Entscheidung über den Vorsitz der Fraktion erst für Montag auf der Tagesordnung. Der bisherige Fraktionssprecher Andreas Disselnkötter hat bereits seine Kandidatur für eine Wiederwahl erklärt. Gleich doppelt kann sich seine Fraktion am Montag freuen: Janosch Dahmen, im heimischen Wahlkreis Grünen-Kandidat bei der letzten Bundestagswahl, ist kürzlich in den Bundestag nachgerückt. Und Verena Schäffer, Grünen-Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis für Witten und Herdecke, ist gerade zur Fraktionschefin im Landtag aufgerückt.
Tagen in Corona-Zeiten: Ratssitzungen „von hoher Bedeutung“
Die konstituierende Sitzung des Herdecker Rates ist für nächsten Dienstag, 17 Uhr, im Ruhrfestsaal des Zweibrücker Hofes angesetzt.
Nach der jetzigen Rechtslage geht die Stadtverwaltung in Herdecke davon aus, dass die Sitzung trotz der Corona-Restriktionen stattfinden wird.
Als „Versammlung der öffentlichen Daseinsvorsorge“ sei die Ratssitzung privilegiert zulässig und die Konstituierung des Rates von hoher Bedeutung für die Demokratie vor Ort, so die Stadt.
Es sei aber damit zu rechnen, dass spätestens über das Wochenende neue Regelungen in NRW erlassen werden. Der städtische Krisenstab werde sich dann mit der neuen Situation befassen.
Auch die erste Ratssitzung in Wetter am Donnerstag, 5. November, findet statt. Eine Absage der konstituierenden Sitzung sei laut Kommunalwahlverfassung nicht möglich, so die Stadt Wetter.
2009 hatten CDU, Grüne und FDP eine Koalition gebildet, bei der Kommunalwahl 2014 war dieses Bündnis nicht bestätigt worden. Von den Prozentzahlen her könnten SPD und Grüne aktuell knapp eine Koalition bilden, bei der Umrechnung in Sitze hat es allerdings nicht für eine Mehrheit gereicht. Ein neuerliches „Jamaika“-Bündnis ist rechnerisch möglich. Andreas Disselnkötter spricht von „Vorgesprächen“: Immerhin hätten alle drei Parteien unabhängig voneinander bereits die parteilose Bürgermeisterin unterstützt. Auch inhaltlich sieht er Übereinstimmungen wie beim Thema Radwege oder Klimaschutz. Julia Brunow will zu einer Neuauflage der Drei-Parteien-Koalition „per se nicht nein sagen.“
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