Wetter. Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind die Themen von Karen Haltaufderheide, der Bürgermeisterkandidatin der Grünen in Wetter.
Karen Haltaufderheide ist seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik bekannt. Die Grünen-Politikerin tritt zum vierten Mal als Bürgermeisterkandidatin an. Warum sie sich diesmal bessere Chancen ausrechnet, welche Ziele sie hat und wie sie ihre Arbeit der vergangenen Jahre beurteilt, erzählt sie im Gespräch mit der Redaktion.
Frau Haltaufderheide, Sie treten bereits zum vierten Mal als Bürgermeisterkandidatin in Wetter an. Warum stellen Sie sich erneut zur Wahl?
Karen Haltaufderheide: Es geht mir nicht um meine Person, sondern darum, grüne Konzepte und grüne Ideen stärker nach vorne zu bringen. Der Klimaschutz und die Bürgerbeteiligung liegen mir dabei am Herzen. Es gibt so viele gute Ideen aus der Bürgerschaft, die aber oftmals gar nicht in der Politik ankommen. Etwa zur Attraktivierung des Seeufers. Wir liegen wunderbar am See, aber wir nutzen unsere Stärken zu wenig.
Es gibt eine Prognose, die besagt, dass die Grünen diesmal der SPD in einigen Städten den Rang ablaufen könnten. Wie stehen Sie dazu?
Das freut mich natürlich sehr, aber ich bin immer ein bisschen vorsichtig, auf solche Prognosen aufzuspringen. Für mich ist es ein Zeichen, dass die Menschen trotz Corona sehen, dass sich vieles verändern muss, auch gerade beim Klimaschutz.
Was erhoffen Sie sich von Ihrer Kandidatur?
Erhoffen würde ich mir natürlich, dass ich Bürgermeisterin werde. Aber ich fände es erstmal gut, in die Stichwahl zu kommen. Klar ist, dass wir Grünen nicht mehr am Katzentisch sitzen, wie es früher war.
Sie arbeiten schon lange in der Kommunalpolitik in Wetter. Auf welche konkreten Erfolge blicken Sie zurück?
Da fällt mir beispielsweise die Sekundarschule ein. Als sie gegründet wurde, haben wir den Moderationskurs vorangetrieben. Man kann keine Politik gegen die Leute machen, schon gar nicht im Schulbereich. In der laufenden Wahlperiode waren es etwa die Gesundheitskarte für Geflüchtete, der Beitritt zur Onleihe Ruhr in der Bibliothek und das Bündnis Sicherer Hafen, die auf unsere Initiative hin umgesetzt wurden. Aber viel größer ist die Zahl der guten Projekte, die wir mit unseren fünf Ratsmitgliedern nicht durchsetzen konnten. Für echten Fortschritt müssen wir stärker werden. Aktuell haben wir uns gegen die vorzeitige Investorensuche für die Kita an der Heilkenstraße gestellt, bevor die Bürgerbeteiligung stattfand. Das soll nicht heißen, dass es unser Verdienst ist, dass die Bebauung des Heilken verhindert wird. Das ist ein Erfolg der Bürger*innen.
Sie können auch selbstkritisch sein. Was waren Ihrer Meinung nach Defizite in den vergangenen Jahren?
Wir konnten die Bebauung am Stork nicht verhindern, die eine Grundlage für die Bebauung im Gebiet Vordere Heide ist, auch wenn sich die anderen heute noch dagegen aussprechen. Außerdem konnten wir die Platanen am Stadtsaal nicht retten. Generell ist der Klimaschutz in unserer Stadt bisher viel zu kurz gekommen.
Aber es gibt jetzt immerhin einen Klimamanager. Darüber müssten Sie doch froh sein…
Natürlich. Das freut uns sehr. Aber es kann auch nicht alles auf ihn abgeschoben werden. Das Bewusstsein für den Klimaschutz muss quer durch die ganze Verwaltung gehen. Alle müssen bei den Entscheidungen vor dem Hintergrund des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit mitziehen und das sehe ich noch nicht.
Können Sie ein Beispiel dafür nennen?
Wir haben ein Klimaschutzkonzept, aber es sind im Haushalt keine Gelder bereitgestellt worden, um Maßnahmen umzusetzen. Das Konzept ist ein erster Schritt, aber lange noch nicht ausreichend auf dem Weg zur Klimaneutralität. Da muss noch viel mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden, Klimaschutz in allen Entscheidungen mit berücksichtigt werden. Ich finde es gut, dass unser neuer Klimamanager Bürger auch beraten soll, aber alleine schafft er die vielen Aufgaben nicht.
Meinen Sie, dass die Bürger größere Schritte in puncto Klimaschutz mittragen würden?
Es gibt bereits etliche Initiativen aus der Bürgerschaft, zum Beispiel das Netzwerk Nachhaltigkeit mit kleineren Arbeitsgruppen, die sich gebildet haben und die sich mit Themen wie Radverkehr und Fair Trade Town beschäftigen. Die Leute wollen, dass was passiert, aber beispielsweise junge Leute haben in Wetter wenig Ansprechpartner. Sie engagieren sich daher eher in den Nachbarstädten und demonstrieren beispielsweise in Hagen und Witten.
Sie und Ihre Partei gelten in manchen Ausschüssen und Ratssitzungen manchmal als die Störenfriede. Stört Sie das Bild oder ist das eine Vorstellung, die Ihnen gefällt?
Ich mag die Rolle des Störenfrieds nicht. Eigentlich bin ich ein sehr harmoniebedürftiger Mensch. Wenn aber Dinge und Entscheidungen einfach durchgewunken werden sollen, dann muss es unsere Aufgabe sein, kritisch zu hinterfragen. Eine gemeinsame Suche nach der besten Lösung wäre mir lieber.
Sie sind bekannt dafür, dass Sie vehement gegen Rechts antreten. Wieso ist Ihnen das so wichtig?
Weil ich überzeugt bin, dass wir unsere Demokratie verteidigen müssen. Auch die Initiative Wetter weltoffen geht auf uns zurück. Wir haben einfach gemerkt, dass wir in Wetter etwas machen müssen. Es war eine Zeit, in der rechte Gruppen angefangen haben, Fuß zu fassen.
Hat sich das heute geändert?
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Ich glaube, aufgrund der großen Bürgersolidarität ist es weniger geworden, aber die Rechten sind nicht ganz weg. Meine Wahlplakate wurden beispielsweise überklebt und es gab eine nicht ganz geklärte Aktion bei Facebook. Als das bekannt wurde, gab es viele Menschen, die mich unterstützt haben und sogar angeboten haben, auf mich aufzupassen.
Es gibt den Vorwurf, dass sich die Menschen nicht mehr wirklich für Lokalpolitik interessieren und engagieren. Sehen Sie das genauso? Wie würden Sie das ändern wollen?
Wir brauchen viel mehr ehrliche und transparente Beteiligung der Bürger. Bis jetzt läuft es in Wetter bei Bürgerbeteiligungen beispielsweise so, dass ein Format gewählt wird und wenn niemand kommt, heißt es, die Bürger seien nicht interessiert. Wenn Bürger da sind und Anregungen einbringen, wird vieles davon gar nicht umgesetzt. Ich finde, man muss erstmal in den Dialog kommen, um herauszufinden, welches Format gewünscht ist – eventuell auch online oder in kleineren Gruppen. Wichtig ist, dass wir damit alle Generationen erreichen. Politik darf nicht gegen oder über den Bürger hinweg gemacht werden. Dabei ist mir klar, dass man auch auf Bürger trifft, die ganz anderer Meinung sind, als man selbst. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass wir die Beschwerden und Anregungen der Bürger bei der Stadt gar nicht mitbekommen. Früher gab es einen Beschwerdeausschuss, der wurde allerdings in den Hauptausschuss eingegliedert. Da kommen aber keine Beschwerden bei uns an. Wenn die Leute sehen, dass ihre Beschwerden im Sande verlaufen, geben sie auf und werden unzufrieden. Wir brauchen mehr Transparenz.
Sie haben vorhin von Nachhaltigkeit gesprochen. Wie wollen Sie dieses Thema in Wetter verankern?
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Nachhaltigkeit muss für viele Bereiche gelten. Das betrifft auch die Generationengerechtigkeit, ebenso die Finanzwirtschaft. Wir müssen in Wetter nachhaltiger Wirtschaften, dafür müssen wir aber mit den Gewerbetreibenden ins Gespräch kommen. Das ist nämlich nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein ökonomisches Thema, das von der der Stadt gefördert werden muss. Ich glaube, dass bereits viele Gewerbetreibende die Notwendigkeit selbst erkannt haben. Ein nachhaltiger Ansatz ist die Gemeinwohlökonomie. Einige Betriebe in Wetter arbeiten bereits so.
Die Grünen-Politik beinhaltet auch immer einen Punkt zur Verkehrspolitik. Wie stehen Sie dazu?
Natürlich sind wir für eine Verkehrswende. Aber da sind noch viele kleine Schritte zu machen. Wir müssen erstmal das Bewusstsein dafür in Wetter schaffen. Es kann nicht sein, dass Autos in einer Stadt den Hauptraum einnehmen und sich alle anderen unterordnen. Kinder sollen sich sicher mit dem Fahrrad in Wetter bewegen können. Ich verstehe die Eltern, die ihre Kinder derzeit lieber im Auto zur Schule bringen. Denn wir müssen erstmal die Möglichkeiten für sicheres Fahrradfahren schaffen.
Wo sehen Sie für die Stadt Wetter unabhängig vom Klimaschutz dringenden Handlungsbedarf?
Ganz eindeutig in der Betreuung. Die Familien müssen vernünftige Betreuungsplätze vorfinden. Es wird bald ein massives Problem mit der Offenen Ganztagsschule geben. Ich habe bereits bei meiner ältesten Enkelin erlebt, dass sich in ihrer Grundschulzeit die Anzahl der Kinder in der Betreuung verdoppelt hat , ohne dass es mehr Räume oder deutlich mehr Personal gab. Ab 2025 haben die Familien einen gesetzlichen Anspruch auf die OGS und es haben bereits in diesem Jahr nicht alle Kinder einen Platz bekommen. Zudem muss die Digitalisierung dringend vorangetrieben werden – in den Schulen, für die Wirtschaft, aber auch in der Verwaltung. Daran hätte man beispielsweise schon bei der Konzeption für das neue Verwaltungsgebäude denken können. Denn durch die Digitalisierung ergeben sich auch andere Arbeits- und Raumkonzepte. Einsparungen können in die nachhaltige Qualität der Arbeitsplätze fließen.
Warum sollten die Bürger gerade Sie wählen?
Weil ich fest davon überzeugt bin, dass wir gemeinsam Wetter besser fit machen können für die Zukunft. Mit Klimaschutz, der allen nützt und mit viel mehr Beteiligung aller Generationen.