Herdecke. Im Edeka-Markt schreitet nach dem Brand die Sanierung voran. Der Marktleiter hat ein ambitioniertes Ziel für die Wiedereröffnung.
Der Brandgeruch vor dem Eingang des Edeka-Marktes im Quartier Ruhraue hält sich hartnäckig. Gut drei Wochen sind vergangenen, seit ein Feuer das Innere des Geschäfts in Schutt und Asche legte. „Der Schock sitzt noch tief“, sagt Inhaber Stefan Grubendorfer am Montagmorgen. Seine Arbeitsstelle hat er vorübergehend in die erste Etage der Mühlenstraße 9 verlegt. Dort, im Edeka-Teambüro überm Steakhaus River, laufen derzeit alle organisatorischen Fäden zusammen. Die wichtigste Nachricht von Stefan Grubendorfer vorweg: „Unser Wunsch ist es, vor Weihnachten wieder zu öffnen. Unser sportliches Ziel ist die Wiedereröffnung bereits Ende November, Anfang Dezember.“
Kurzschluss als Ursache
Dann kommt der Marktleiter noch einmal auf den verheerenden Brand am Abend des 2. August zu sprechen: „Die Ursache war ein Kurzschluss in einer Kasse für Sonderverkäufe zwischen der Bäckerei und dem Sushi-Stand. Die Ursache lag aber nicht bei dem Sushi-Betreiber.“ Es sei ihm wichtig, das klar zu stellen, um Gerüchten und Vorverurteilungen Einhalt zu gebieten. „Wichtig war: Die Alarmanlage war scharf gestellt, und es war keine Person im Markt, so dass auch niemand verletzt wurde“, so Grubendorfer. Dennoch habe der Brand bei all seinen 62 Mitarbeitern große Angst ausgelöst: „Die fragten sich, wann und wie es weitergeht. Und vor allem, was aus ihren Arbeitsplätzen wird.“ Doch diese Angst habe er seinem Team schnell nehmen können; denn bereits zwei Tage nach dem Unglück sei klar gewesen, dass alle betrieblichen Abläufe durch die Versicherung abgedeckt waren. „Wir konnten sogar die Leute, die wir zum 1. September eingestellt haben, einstellen“, so Grubendorfer.
Struktur und Info-Ketten aufgebaut
Zudem sei es direkt nach dem Brand notwendig gewesen, eine Struktur zu schaffen und Info-Ketten herzustellen. „Uns war klar, dass wir die Zeit nutzen wollen, und so haben wir ein Weiterbildungs- und Schulungskonzept für unser Team aufgestellt“, sagt der Marktleiter und spricht für sich und seine rechte Hand, Karola Lappenbusch. Das Bildungs- und Wissensportal der Edeka Rhein-Ruhr biete digitale Schulungen an, die nun alle Mitarbeiter zuhause nutzen können. In Sachen Arbeitszeit müsse sich aktuell jeder Mitarbeiter selbst organisieren. „Das nennt man Homeoffice im Einzelhandel“, sagt Grubendorfer und schmunzelt. „Niemand ist in Kurzarbeit, jeder bekommt sein volles Gehalt.“ Das Teambüro, in dem zur Zeit alle Fäden zusammenlaufen, sei bereits drei Wochen vor dem Brand unter anderem für die Azubis eingerichtet worden.
Nachfolger für Blumenladen gesucht
Seit November 2019 führt Stefan Grubendorfer den Edeka-Markt in Herdecke; er baute diesen Anfang 2020 in Rekordzeit komplett um und feierte am 6. Februar die Wiedereröffnung.
Von dem Brand am 2. August ist auch die City-Reinigung Biermann betroffen. Der ortsansässige Unternehmer hat für die Zeit der Sanierung ein Ausweichquartier in der Wetterstraße 29 gefunden. Dort können Kunden ab Dienstag, 1. September, ihre Sachen abgeben und abholen, was derzeit in Wetter gelagert ist. Info: Tel. 0177/2008325.
Der Betreiber des Blumenladens hatte bereits vor dem Brand seine Kündigung zum 5. Dezember eingereicht. „Wir suchen deshalb einen neuen Partner, gerne auch aus Herdecke“, betont Stefan Grubendorfer.
Zusätzlich zu den Schulungen im Homeoffice unternimmt Grubendorfer jede Woche Ausfahrten mit den Mitarbeitern und besucht Edeka-Supermärkte in ganz NRW: „Letzte Woche waren wir jeden Tag mit kleinen Gruppen unterwegs. Wir sammeln dabei Ideen und kommen mit den Mitarbeitern und Betreibern anderer Märkte in Kontakt. Das tut gut, wenn man sonst nur Rauch und Asche riecht.“
Hälfte des Mobiliars entsorgt
Angemietet hat Stefan Grubendorfer darüber hinaus Seminarräume im Zweibrücker Hof: „Auch dort wird es Schulungen und Seminare für jeweils bis zu 24 Mitarbeiter geben. Warum soll eine Fleischereifachverkäuferin nicht mal etwas über Wein lernen, oder eine Kassiererin etwas über Käse?“ In ganz anderem Fokus stünden allerdings die Azubis: „Wir müssen denen eine optimale Ausbildung bieten. Sie arbeiten jetzt an einem eigenen Projekt und erarbeiten eine Schulung für alle anderen Mitarbeiter“, so Grubendorfer.
Zusammenhalt, Kontinuität und Solidarität – das sind die Werte, die er gemeinsam mit seinem Team hochhält. Und für das er nur gute Worte findet: „Ich bin jetzt 28 Jahre im Berufsleben, aber so ein Team hatte ich noch nie. Ohne die Mitarbeiter würde ich das alles nie schaffen.“
Hälfte des Mobiliars entsorgt
Nun zu den baulichen Fakten: Nach dem Feuer habe eine Spezialfirma zunächst die Lebensmittel aus dem Geschäft geschafft und entsorgt, berichtet der Edeka-Chef. Verpackte Ware sei ebenfalls abtransportiert und auf Verwertbarkeit überprüft worden. „Was noch verwertbar war, wurde über andere Kanäle veräußert. Aber der allergrößte Teil war nicht mehr verwertbar.“ Untersuchungen durch Chemiker und Fachfirmen hätten ergeben, dass 50 Prozent der Einrichtung entsorgt werden musste. Der Rest wurde abgebaut und abtransportiert und müsse nun von Spezialfirmen gereinigt und wieder aufbereitet werden. Alle Isolierungen seien entfernt, alle Kabel und Leitungen gelöst worden. Derzeit sei die 2500 Quadratmeter große Fläche leergezogen. „Jetzt wird der Baukörper von oben nach unten gereinigt. Die Decke wird abgesaugt, gereinigt und mit Farbe versiegelt. Dann wird der Boden gereinigt und an einigen Stellen auch ausgetauscht. Die Firmen sagen, es wird nicht mehr erkennbar sein wird, dass es mal gebrannt hat – auch nicht über die Nase“, so der Marktleiter. Die Baustelle dürfe derzeit aus Sicherheitsgründen nicht betreten werden. Einmal sei er selbst in einem Schutzanzug im Gebäude gewesen: „Am Obst- und Gemüsestand tropfte der Kunststoff von der Decke. Man braucht schon viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass es mal wieder tippitoppi wird. Aber zum Glück ist die Statik unbeeinträchtigt.“
Jenseits des solidarischen Mitarbeiterteams gibt es noch etwas, das Stefan Grubendorfer und Karola Lappenbusch zuversichtlich stimmt und manchmal sogar zu Tränen rührt: „Die Anteilnahme der Kunden ist riesengroß. Eine Kundin hat sogar angeboten, beim Wiederaufbau zu helfen. Unentgeltlich. Das zeigt doch auch, wie sehr wir mit den Menschen hier in der Stadt verbunden sind. Wir sind weit mehr als nur eine Versorgungsstätte.“
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