Wetter. Ein Ex-Wetteraner muss sich vor Landgericht Hagen verantworten. 50 Gramm Haschisch und ein Butterfly-Messer fand die Polizei in seiner Wohnung.
Reger Besucherverkehr in einem Mehrfamilienhaus an der Kaiserstraße, vor allem mitten in der Nacht, hatte den Argwohn eines Bewohners im Erdgeschoss geweckt. Dieser gab der Polizei den Hinweis, dass es sich womöglich „um Rauschgift-Kunden“ handeln könnte. Bei der späteren Durchsuchung der Obergeschoss-Wohnung bestätigte sich der Verdacht: Die Ermittler fanden nicht nur eine knapp 50 Gramm schwere Haschischplatte, sondern auch ein Butterfly-Messer.
Das macht die Angelegenheit für den 41-jährigen ehemaligen Wetteraner, der seit Donnerstag vor dem Landgericht Hagen angeklagt ist, so besonders heikel. Denn das am 14. Mai 2019 sichergestellte Haschisch (48,75 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von 10,92 Gramm THC) gilt nach dem Gesetz als „nicht geringe Menge“ und das aufgefundene Messer als „Waffe“.
Unterschied zwischen geringer und nicht geringer Menge
Im Betäubungsmittelgesetz ist geregelt, ab wann Betäubungsmittel den Strafbestand einer „nicht geringen Menge“ erfüllen.
Das ist wichtig, weil sich dadurch das Strafmaß erheblich erhöht.
Die eigentliche Höchststrafe bei normaler Herstellung, Besitz oder Handel mit Betäubungsmitteln liegt bei fünf Jahren. Aber auch eine Geldstrafe ist möglich.
Wird diese geringe Menge aber überschritten, dann fällt das Strafmaß dementsprechend höher aus. Bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe sieht das Gesetz in diesem Fall vor. In minder schweren Fällen bis zu fünf Jahren. Entscheidend ist letztlich, wie die Richter die Sachlage bewerten.
Bei Cannabisprodukten liegt der Grenzwert laut dem Bundesgerichtshof bei 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC). Damit ist der Wirkstoff bezeichnet.
Daraus ergibt sich der verschärfte Anklagevorwurf eines „bewaffneten Drogenhandels“, für den der gesetzliche Regelstrafrahmen eine Mindestfreiheitsstrafe von satten fünf Jahren vorsieht. Keine rosigen Aussichten für den Angeklagten, der inzwischen nach Pirmasens verzogen ist und sich derzeit auf freiem Fuß befindet. Und auch keine einfache Aufgabe für seinen engagierten Verteidiger Thorsten Merz (Hagen), der alles daransetzt, die 6. Große Strafkammer davon zu überzeugen, dass hier allenfalls ein „minder schwerer Fall“ vorliegt, der auch mit einem geringeren Strafmaß geahndet werden könnte.
Reumütiges Geständnis
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Und so erfolgte gleich zu Beginn ein reumütiges Geständnis, das der Verteidiger so auf den Punkt brachte: „Der angeklagte Vorwurf ist zutreffend. Mein Mandant hat selbst Haschisch konsumiert und teils auch verkauft.“ Der Angeklagte, sein Dialekt ist deutlich herauszuhören, stammt aus einem kleinen Dorf in Thüringen. Nach der Schule und mehreren Anläufen, eine Ausbildung abzuschließen und in einem Beruf Fuß zu fassen, geriet er vor 20 Jahren in die Arbeitslosigkeit und damit in ein unruhiges Fahrwasser. Sein Leben fortan: ein beständiger Wechsel zwischen jahrelangen Knastaufenthalten und exzessivem Rauschmittelkonsum. Auch die synthetische Aufputsch-Droge „Crystal Meth“, die zwar günstig zu haben ist, aber die Konsumenten bisweilen wie Horror-Monster aussehen lässt, war darunter.
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Die Freundschaft zu einer Frau führte den Angeklagten im Jahr 2012 nach Wetter. Hier wollte er ein neues Leben beginnen. Sie bekamen eine gemeinsame Tochter, die Beziehung hielt fünf Jahre, und „während dieser Zeit“, so berichtet er dem Gericht, „war ich drogenfrei“. 2017 dann die Trennung, „da habe ich wieder mit dem Kiffen angefangen.“ Als Folge des früheren Crystal-Meth-Missbrauchs war bereits eine schwere Nierenschädigung eingetreten, die zehn Jahre lang eine wöchentliche Dialyse erforderlich machte. Im November 2018 wurde dem Angeklagten eine neue Niere eingepflanzt.
Keine chemischen Drogen mehr
Zu dieser Zeit wohnte er in dem Hinterhaus an der Kaiserstraße und hatte, schon aufgrund der Nierentransplantation, „mit chemischen Drogen nichts mehr zu tun“, schildert der Angeklagte. Nach dem schweren Eingriff sei es ausschließlich beim Haschischrauchen geblieben: „Zunächst noch ein Gramm pro Tag, danach ständig reduziert, je nach Stimmungslage.“ Heute würde er nur noch sporadisch kiffen.
Als die Kripo im Mai 2019 zur Hausdurchsuchung erschien, war das offenbar noch ganz anders. Da entdeckten die Beamten im Wohnzimmer eine schwarze Gürteltasche, die an einer Stehlampe hing und die mit der jetzt angeklagten knapp 50 Gramm schweren Haschischplatte befüllt war. Sie fanden in der Küche in einer Schale das verbotene Butterfly-Messer, das, so der Anklagevorwurf, „zur Verteidigung des Drogenvorrats bereitgelegen hatte“.
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Eine Kriminalbeamtin kannte die Wohnung bereits: „Von einer Durchsuchung, die ich dort am 18. August 2018 durchführen musste“, berichtete sie. An diesem Tag fand in Wetter und Herdecke eine Großrazzia der Kripo Schwelm mit einer Staatsanwältin und Drogenspürhunden statt. Dabei wurden mehrere Wohnungen gleichzeitig durchsucht. Die Wohnung des Angeklagten war damals auch schon darunter.
Der Prozess wird am heutigen Freitag fortgesetzt. Auch mit dem Urteil ist schon zu rechnen.