Herdecke. Nathaniel Stott hat die Waldstadtbrauerei in Iserlohn übernommen und setzt weiter auf seinen Pub Shakespeare in Herdecke. Und die Corona-Krise?
Am 3. März gab Nathaniel Stott, der seit 2015 in der hiesigen Fußgängerzone den Pub „The Shakespeare“ betreibt, bekannt: Mit Freunden übernimmt der Engländer die Waldstadtbrauerei in Iserlohn. Dann kam Corona. Nach der Virus-Zwangspause unterhielten dann vor drei Wochen erstmals wieder Musiker draußen Kneipengäste in der Herdecker Hauptstraße. Aufgeräumt wirkt der Wirt und Biersommelier, als er auf die vergangenen Monate zurückblickt.
Wie hart hat das Coronavirus zugeschlagen?
Nathaniel Stott: In den letzten Jahren ging es hier eigentlich nur bergauf, die Lage war Monat zu Monat stabil. Im März stellte sich bei mir gleich das im Nachhinein auch richtige Gefühl ein, dass wir mit Einschränkungen bis zum Sommer klarkommen müssen. Es gab rund 20 Konzertabsagen, teilweise haben wir Nachholtermine vereinbart. Aber mit Musikern von anderen Kontinenten rechne ich bis Sommer 2021 nicht, jetzt ist die Zeit für „local heroes“. Als wir – gefühlt nach drei Jahren – im Juni wieder Livemusik anbieten konnten, war das vor allem für die Künstler ein Segen. Ein Schotte, der hier auftrat, schrieb mir bewegende Dankesworte. Sehr berührt hat mich auch, dass mir manche teils anonym Umschläge mit Geld in den Pub-Briefkasten warfen. Für diese Art der Unterstützung bin ich sehr dankbar, das gilt auch für meine Familie und das Entgegenkommen auf Pächterseite durch die Brauerei Vormann. Schließlich hatten wir wochenlang keine Einnahmen und mussten etliche Liter Bier abschreiben.
Apropos: Wie läuft es denn in der Waldstadtbrauerei?
Als es in Herdecke ruhiger war, konnten wir uns intensiver den Anfängen in Iserlohn widmen. Für mich ist das wie ein Start-up-Unternehmen, die Übernahme habe ich etwas unterschätzt, da wir nach der Insolvenz der Vorgänger fast alles komplett neu angehen mussten. Ich bin dort Geschäftsführer und einer von 13 Kommanditisten, mit im Boot sitzen je zwei Herdecker und Wetteraner. Vier Angestellte sind dort beschäftigt, darunter ein Brauer. Wir haben vom ersten Tag an produziert. Es gab und gibt da gute Biere. Mein Motto dort lautet: back to basics, wir gehen also nicht nur in die Craft-Richtung. Entscheidend ist einfach der Geschmack.
Wie läuft denn das Zusammenspiel Herdecke-Iserlohn?
Es ist anstrengend, harte Arbeit. Ich sehe das Leben aber ohnehin als Abenteuer. Tagsüber bin ich dort, abends dann hier. Das ist für mich wie mit Kindern, da hat man nicht eines mehr oder weniger lieb, sondern alle gleich. Hier wie dort kann ich mich auf ein gutes Team verlassen, im Pub sind das fünf Leute. Und in Iserlohn konnte ich teilweise schon meine Rezeptur umsetzen. Ende Juli soll ein Schwarzbier, ein Black Lager, fertig sein. Vereinzelt biete ich von den fünf Waldstadt-Sorten etwas in Herdecke an.
Das wirkt fast so, als ob das Unternehmen The Shakespeare Brewery GmbH & Co. KG passabel durch die Krise komme...
Corona hat mir schon auch schlaflose Nächte bereite, so wie eigentlich allen in der Branche. Ich habe das aber auch als persönlich wichtige Entwicklungszeit gesehen. Grundsätzlich habe ich den festen Willen, den beliebten Pub hier weiter zu betreiben. Derzeit läuft es in der Außengastronomie wieder an, dankenswerterweise hat die Stadt Herdecke uns dafür die Gebühren zurückgezahlt. Innen ist deutlich weniger los. In Sachen Hygiene betone ich immer wieder, wie wichtig Händewaschen ist. Für uns Bierbrauer ist Sauberkeit ohnehin die erste Regel. Und Muttis Liste, so nenne ich in Anlehnung an Merkels Corona-Management die geforderte Datensammlung auf den Zetteln, führen wir auch. Wobei das erste Livekonzert für mich, die Künstler und Gäste ein großes Aufatmen und ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität war. Das Stammpublikum hat den Pub hier als Ort der Begegnung mit Leuten aus der ganzen Welt vermisst.
Was ändert sich denn?
Ich hatte kleine Smileys als Symbol für Optimismus vor die Pub-Fenster gehängt. In dieser Woche gab es wieder ein Tasting. Und in Sachen Musik hatte ich mir ohnehin vorgenommen, nicht mehr vier oder fünf Auftritte pro Woche anzubieten, sondern das eher auf das Wochenende zu konzentrieren – mit gelegentlichen Konzerten zwischendurch. Eintrittsgeld ist nach wie vor nicht geplant, es geht weiterhin ein Hut ‘rum. Anfragen gibt es schon bis Frühjahr 2021, eine aus Kanada.
Klingt nicht nach Langeweile...
Ich war schon vor Corona quasi acht Tage die Woche aktiv. Kurzfristig entscheide ich, wann ich mal frei mache, denn ich habe ja auch ein Privatleben und will im Sinne meiner Familie auf geregelte Arbeitszeiten achten. Die Höhen und Tiefen in der Vergangenheit haben mich zum Nachdenken gebracht. Zum Glück geht es jetzt wieder langsam berghoch, wobei wir 2020 nur die Hälfte des Pub-Umsatzes der Vorjahre einkalkulieren.
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Also sind kreative Ideen und unternehmerisches Denken – natürlich auch in Iserlohn – gefragt. Denn in unserer Branche ist beispielsweise mit Blick auf Getränkelieferanten vieles in Bewegung, wie mir andere Herdecker Gastronomen in Gesprächen bestätigten.