Wetter. Markus Gössling hat passend zum Lockdown seinen Job als Stadtjugendpfleger in Wetter angetreten. Wie ist so ein Start?

Mitte März hat Markus Gössling als Stadtjugendpfleger in Wetter angefangen. Wie war der Start? Wie denkt er über Jugendarbeit heute? Was hat er sich vorgenommen? Ein Gespräch über die Jugend und Betreuung im Zeitalter von Corona und darüber hinaus.

Wie war der Anfang in Wetter?

Markus Gössling: Die ersten Tage waren schon kurios, weil es da gerade so richtig los ging mit Corona. Mein erster Arbeitstag war der Tag des Lockdowns. Schichtdienst wurde eingeführt. So habe ich einen Teil der Kollegen erst vor anderthalb Wochen wirklich gesehen.

Was hatten Sie sich für den Start vorgenommen?

Ich bin keiner, der irgendwo hinkommt und komplett alles umkrempelt. Da schaue ich mir lieber erst mal alles an, um mir einen Eindruck von dem zu verschaffen, was es gibt. Was läuft ab? Wie sind die Strukturen? Das sind dann Anknüpfungspunkte fürs Weiterarbeiten oder Einbringen neuer Sachen. Zu Corona-Zeiten ist das natürlich schwierig, weil der normale Weg nur eingeschränkt möglich war.

Hat Corona verhindert, die Stadt und ihre Strukturen besser kennen zu lernen, oder hat die Pandemie dabei sogar geholfen?

Bei der Planung für den später abgesagten Bauspielplatz war vieles schon vorbereitet. Da hatte ich genug Zeit, anzukommen. Für das abgespeckte Ferienprogramm als Ersatz für den Bauspielplatz musste ich mich dann umso schneller frei schwimmen. Weil es für das neue Programm keine festen Strukturen gab, war das auch eine Chance, im Team mal anders zu denken.

Gibt es in der Politik oder bei Eltern noch das Feindbild „linker“ Pädagogik in Jugendzentren?

Im Studium der sozialen Arbeit habe ich mitbekommen, dass im hohen Norden eine Uni-Stadt als „linke Bazille“ verrufen war. Sonst kann ich dieses Bild nicht mehr wahrnehmen. Das liegt aber auch daran, dass ich noch nicht so viel mit Kindern gearbeitet habe und somit der Kontakt zu Eltern fehlt.

Seit Jahren nimmt die Zahl der Kinder ab. Sinkt damit auch die Bedeutung Offener Jugendarbeit? Oder wird um immer weniger Kinder immer mehr Getöse gemacht?

Der Bedarf wird immer da sein, schon weil die Zahl der berufstätigen Elternteile steigt. Oma und Opa stehen auch nicht mehr in dem Maße zur Verfügung, weil sie vielleicht weiter weg wohnen.

Wird Offene Jugendarbeit überhaupt noch gebraucht, wenn es im Internet unendliche (Spiel-)Räume für die Kinder gibt?

Offene Angebote werden auf jeden Fall gebraucht. Das haben ja jetzt auch die Kollegen gespürt. Als wochenlang die Einrichtungen geschlossen waren, kamen viele Anfragen, wann es denn weiter geht. Es bleibt also wichtig, dass es Anlaufpunkte gibt. Deshalb ist es auch schön, dass es zunächst einmal eine Teilöffnung mit dem Start im Jugendzentrum an der Kaiserstraße gegeben hat.

Die kleine Stadt Wetter hat drei Jugendzentren, verteilt auf Alt-Wetter, Wengern und den Schmandbruch. Die Alternative wäre ein zentrales Angebot...

Ich würde sagen, dass die Stadt ja auch etwas auseinandergezogen ist und die Kinder nicht unbedingt extra mit dem Bus zu einem zentralen Jugendzentrum beispielsweise in Alt-Wetter kommen würden. Deshalb scheint es mir sinnvoll, an unterschiedlichen Standorten Angebote zu haben.

Was haben Sie für Ideen, mehr Jugendliche mehr einzubinden?

Das Meiste läuft sicherlich über die Jugendzentren, wo man die Kinder und Jugendlichen direkt erreicht. Natürlich muss darauf geschaut werden, dass man an die junge Generation über Kanäle herankommt, auf denen die Kinder und Jugendlichen selbst unterwegs sind. So was wie Facebook, das ja auch die Erwachsenen nutzen, ist dann schnell für die wieder „out“. Da muss ein Mittelweg gesucht werden, die Kinder und Jugendlichen zu erreichen und ihnen trotzdem einen eigenen Raum zu lassen. Klar kann ich mir da auch Projekte mit Fotos vorstellen. Wobei es natürlich auch den medienpädagogischen Ansatz gibt, den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, wo es Gefahren gibt und was man beachten sollte.

Wo sind Sie zu finden?

Auf der Internetseite der Stadt Wetter (lacht). Und natürlich in meinem Büro im Verwaltungsgebäude hier an der Bornstraße.

Wo sind Sie im Organigramm der städtischen Jugendarbeit zu finden – neben den Mitarbeitenden im Jugendzentrum? Darüber?

Früher mal schwebte der „Stadt“-Jugendpfleger über allem. Heute ist das anders. Der Bereich der Jugendpflege gehört zum Team „Offene Kinder und Jugendarbeit, Kindertageseinrichtungen und Tagespflege sowie Spielgruppen“. Ich bin als Stadtjugendpfleger einer von vielen Mitarbeitern in diesem großen Team. Ein bisschen freischwebend bin ich dabei schon, aber immer mit einem Bein auf der Erde und stark verankert in den Jugendhäusern.

Auch interessant