Herdecke. Das Zusammenleben mehrerer Generationen liegt im Trend. In Herdecke ist dies nun auch im Quartier „Alter Steinbruch“ möglich.
Doppelter Anlass zur Freude bei der HGWG: Die Herdecker Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft kann gewissermaßen Vollzug in der Walter-Freitag-Straße vermelden und mit guter Laune auf die Titelseite des Deutschen Architektenblattes schauen. Dort ist ein Foto von ihrem barrierefreien Quartier am alten Steinbruch zu sehen.
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Ende Oktober hatte diese Lokalredaktion berichtet, dass der dritte und letzte Bauabschnitt in der früheren Ladestraße im Frühjahr 2020 fertig sein soll. Das sollte sich bewahrheiten. Am Bahnhof stehen die zehn Zweifamilienhäuser mit den 20 Wohnungen (14 davon öffentlich gefördert) seit März zur Verfügung. Fast alle Mieter sind laut HGWG-Prokurist Thomas Ressel auch schon eingezogen, den letzten Vertrag für das 2017 gestartete Projekt „Kettenhäuser“ datierte die Gesellschaft nun auf den 1. Mai. „Jetzt müssen dort in der Walter-Freitag-Straße nur noch Restarbeiten erledigt werden“, so Ressel.
Viele Interessenten
Es habe viele Interessierte gegeben. Den Zuschlag für die baugleichen und kubusförmigen Häuser in gelber Farbe erhielten schließlich Mieter, die zuvor andernorts in Herdecke oder in Hagen, Witten, Düsseldorf sowie Brühl lebten. „Es ist insgesamt alles gut gelaufen“, bilanziert Ressel und blickt auf das gesamte Quartier am ehemaligen Steinbruch. Aus der einstigen Brachlandschaft am Bahnhof ist dank eines zweistelligen Millionenbetrags (zuletzt war von 17,2 Mio. Euro die Rede) ein Wohngebiet mit insgesamt 75 Einheiten geworden, in den beiden anderen Häusern daneben entstanden 30 und 25 Mehrgenerationen-Wohnungen.
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Davon erfuhren die Verantwortlichen des Deutschen Architektenblattes und machten das in der April-Ausgabe zu ihrer Titelgeschichte. Überschrift: „Bauen für alle Lebenslagen.“ Dazu ein Foto von zwei Paaren mit jeweils einem Kinderwagen, die durch den Park zwischen Felsen und Neubau gehen. Diese öffentliche Grünanlage steht Herdeckern seit 2016 zur Verfügung.
Im Innenteil des Deutschen Architektenblattes finden Leser Hintergründe zu dem Steinbruch-Projekt. Und zwar in einem Interview mit Norbert Post. Der Dortmunder Architekt und Stadtplaner, dessen Unternehmen Post -Welters und Partner die Bauten für die HGWG realisierte, erklärt in dem Text mit der Überschrift „Der Luxus liegt im Teilen“, warum das Zusammenleben mehrerer Generationen im Trend liege.
WG-Erfahrung
Norbert Post berichtet, dass die Nachfrage nach solchen Wohnformen steige. Der Architekt, der als „Pionier in der Planung von Mehrgenerationenhäusern“ gilt, liefert einen Erklärungsansatz: Demnach gehören zu den Initiatoren und Befürwortern dieses Zusammenlebens inzwischen viele junge Familien, da diese Generation über WG-Erfahrung verfüge. Eine zweite Gruppe seien Menschen, die inklusives Wohnen suchen. Bezüglich der Investorenmodelle heißt es: „Ich kenne keinen Bauträger, der unsere Bauformen ablehnt. Im Gegenteil versuchen immer mehr traditionelle Wohnungsgenossenschaften, für Mieter-Baugemeinschaften zu planen und zu bauen, etwa beim Projekt Alter Steinbruch in Herdecke“, so der Stadtplaner.
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Nach diesen beiden guten Nachrichten für die HGWG steht eigentlich ein weiterer schöner Anlass bevor. Datiert auf Samstag, 20. Juni. An diesem Tag der Architektur 2020 wollen die Beteiligten Besuchern Einblicke in dem Steinbruch-Wohnquartier ermöglichen, und zwar von 14 bis 17 Uhr. Ob dieser öffentliche Termin (Post-Welters ist übrigens Mitglied in der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen) in Coronazeiten weiter Bestand hat, steht noch nicht fest. Wäre erfreulich, schließlich sind aller guten Dinge drei.
2016 entstand am alten Steinbruch in Herdecke ein dreigeschossiges Gebäude mit 30 barrierefreien Wohnungen (rund 50 bis 108 Quadratmeter groß). 2018 folgte daneben im zweiten Bauabschnitt ein Mehrfamilienhaus mit 24 Einheiten und Flächen von 52 sowie 114 Quadratmetern, zu denen hier wie dort entweder Balkone oder Dachterrassen gehören, auf denen es sich im Sommer gut sitzen lässt. Im hinteren Teil der Walter-Freitag-Straße in Richtung Mozartweg bilden nun zehn Stadthäuser mit je zwei Einheiten (unten 62, darüber auf zwei Etagen 107 Quadratmeter Fläche) den Abschluss des Mehrgenerationen-Projekts der HGWG. Die neuen Wohnungen am Bahnhof wurden zum Teil frei finanziert und teilweise vom Land NRW gefördert, im letzten Bauabschnitt entstanden dadurch Mietpreise von 5,25 oder 8,90 Euro pro Quadratmeter. Vom Quartier am Bahnhof, wo die Bauarbeiten 2014 begannen, ist es nicht weit bis zur Herdecker Innenstadt. Neben der guten Erreichbarkeit wollte die HGWG mit einer übergreifenden Idee locken: Menschen jeden Alters sollen am alten Steinbruch gemeinschaftlich leben. Junge Familien mit Kindern erhalten Unterstützung von Senioren und umgekehrt.