Herdecke. Während die Verwaltung die große Sanierung vorantreiben will, hofft die Ratsmehrheit auf Öffnung in 2020. Viele Unwägbarkeiten wegen Corona.

Die kühnsten Optimisten hatten gehofft, dass nach den Absprachen der Bundesregierung mit den Länderchefs am Mittwoch Klarheit zur Freibad-Saison 2020 herrsche. Dem ist nicht so. Und wann das der Fall sein wird, könnten allenfalls Hellseher verkünden. Insofern gilt weiterhin der Ratsbeschluss vom 8. April, wonach sich – wie berichtet – eine Mehrheit für die Fortsetzung der vorbereitenden Reparaturarbeiten auf dem Bleichstein-Gelände aussprach. Dagegen hatte die Stadtverwaltung vorgeschlagen, das dafür benötigte Geld (mindestens 56.000 Euro) nicht zu investieren und für Planungskosten zur großen Sanierung auszugeben. Das Problem steht sinnbildlich für die Unwägbarkeiten in Corona-Zeiten.

Die Ausgangslage

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Das Herdecker Freibad ist bekanntlich in die Jahre gekommen und braucht vor einer Öffnung einen längeren Vorlauf. Die Stadtverwaltung fragte sich, ob sie angesichts der ungewissen Öffnungsmöglichkeit in 2020 noch Geld für die anstehende Saison ausgeben soll. Im Vorfeld hatte es keine Einigung aller Fraktionen in dieser Frage gegeben, die sollte der Rat klären. Zunächst bezweifelte SPD-Fraktionsvorsitzender und -Bürgermeisterkandidat Jan Schaberick die Dringlichkeit der Sitzung und kritisierte das Einladungsverfahren mit Blick auf die Geschäftsordnung. Diese Kritik nahm Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster „mächtig enttäuscht“ an und entgegnete, dass diese Vorwürfe Wahlkampf-Rhetorik seien und die Verwaltung angesichts des Coronavirus an vielen Fronten mit gravierenderen Problemen vieler Herdecker zu kämpfen habe.

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„Es ist nach jetzigem Stand davon auszugehen, dass Schwimmbäder zu den letzten Einrichtungen gehören, die im Rahmen der Coronakrise überhaupt wieder geöffnet werden dürfen“, sagte Rechtsdezernent Lars Heismann und hatte dabei Aspekte wie Abstandshaltung oder fehlende Schutzausrüstung im Sinn. Die nötigen Vorbereitungen, der mangelnde Infektionsschutz, der knappe Personalbestand zur Freibad-Aufsicht sowie das ungewisse zeitliche Öffnungsfenster sprächen laut Heismann und Beigeordnetem Dieter Joachimi dafür, das Freibad 2020 nicht zu öffnen. Auch die Bürgermeisterin wolle nicht sehenden Auges in eine Misere geraten und mit dem eingesparten Geld „Schaden von der Stadt abwenden“.

Der Zustand

Claudia Schulte vom städtischen Gebäudemanagement erläuterte, dass vor der Inbetriebnahme des Freibads verschiedene Reparaturen für rund 109.000 Euro anstehen. Für 53.000 Euro gebe es bereits Handwerker-Aufträge, etwa zur Fliesensanierung. Material stehe bereit, die Ausführung lasse auf sich warten. Zur Disposition stehe jetzt ein zweites Paket, in dem auch die problematischen Filter auftauchen. „Für diese 36 Jahre alte Anlage, die wir nur für eine Saison ertüchtigen können, kommen nur wenige Betriebe infrage. Und einige Firmen haben ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, Lieferketten brechen weg.“ Schulte erläuterte erneut, dass nach letztem Stand eine umfangreiche Komplettsanierung am Bleichstein neun Monate Planung sowie 24 (Freibad) und 27 Monate Bauzeit für das Hallenbad brauche.

Die Diskussion

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Schaberick befürchtete mit Blick auf die große Sanierung, dass das Freibad womöglich weder in der Saison 2020 noch 2021 öffne. Er fragte auch vor dem Hintergrund des zugesagten Fördergelds (2,7 Millionen Euro für die Bäder) nach einem Zeitplan. Der liege laut Bürgermeisterin angesichts ungeklärter Bedingungen noch nicht vor, der jetzt einzusparende Betrag könnte aber direkt an einen fachkundigen Planer gehen. Harald Müller von der CDU mahnte an, sorgsam mit Geld umzugehen, wobei die Fraktion laut Susanne Kipper zu keiner einheitlichen Position gelangt sei. Wilhelm Huck von der FDP wollte den Blick lieber auf das wichtigere und ebenfalls marode Hallenbad am Bleichstein sowie die schlechte Haushaltslage der Stadt werfen. Sarah Gerigk von den Grünen forderte einerseits eine zügige Planung für ein ökologisch besseres Bad, wobei das etappenweise Vorgehen nicht zu einer mehrjährigen Schließung führen solle. Andererseits verstehe sie den Wunsch, den Schwimmspaß als Hoffnungsschimmer in der schwierigen Corona-Zeit anzusehen, wie es SPD-Vertreter betonten. Iris Stalzer (UWG) und Dieter Kempka von den Linken bezweifelten angesichts offener Fragen, dass der Rat eine Dringlichkeitsentscheidung zu fällen habe.

Die Entscheidung

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Alle SPD-Ratsmitglieder, zwei CDU- Vertreter und der Abgeordnete der Linken (insgesamt 13 Stimmen) sorgten nach rund 90-minütiger Debatte für eine Mehrheit. Somit soll die Stadt weitere Reparaturarbeiten beauftragen, um das Freibad in diesem Sommer öffnen zu können. Ein Antrag der Grünen, wonach laut Andreas Disselnkötter lieber jetzt eine Gesamtsanierung zu planen und eine Öffnung eher 2021 anzustreben sei, setzte sich nicht durch.