Herdecke. Die Politik geht notgedrungen auf Abstand. Grüne sorgen bei Sitzung im Ruhrfestsaal für Mundschutz. SPD hält zusätzlich Ausdünnung für geboten.

In der Sache geht es um viel Geld und nachträgliche Genehmigungen für bereits gefällte Entscheidungen. Nicht das wird die außerordentlich einberufene Ratsitzung nächsten Mittwoch so besonders machen. Eher schon der Ort: Getagt wird wegen Corona im Zweibrücker Hof. Weil die Politikerinnen und Politiker hier im Ruhrfestsaal mit genügend Abstand zueinander sitzen können.

Klar ist schon, dass auch Zuschauer die Sitzung verfolgen dürfen. Sie ist schließlich öffentlich. Unklar ist noch, ob alle Ratsmitglieder der Einladung folgen sollen oder nur einige. Durch entsprechende Absprachen der Parteien könnten die Mehrheitsverhältnisse ja dennoch weitgehend abgebildet werden. „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Herdecker Freibad sorgen für Sondersitzung des Rates“, hat die Stadt über eine Pressemitteilung zur Sitzung am Mittwoch ab 17 geschrieben.

Politische Distanz ist einfacher

Auswirkungen der Corona-Pandemie bestimmen die Sondersitzung des Rates zum Herdecker Freibad hätte sie ebenso als Titel wählen können. Denn zunächst einmal wird vieles anders sein als bislang gewohnt – für die Parteienvertreter, für die Verwaltungskräfte und fürs Publikum. Während es leicht bleibt, beim Beziehen politischer Positionen auf Distanz zu gehen, lässt der Ratssaal räumlich wenig Spielraum „für eine Bestuhlung, die den Abstandsregelungen in den aktuellen Zeiten gerecht wird.“ So erklärt Fabian Haas, Leiter des Büros für Rats- und Verwaltungsangelegenheiten, den angekündigten Ortswechsel.

Ratsmitglieder und Besucher mit Krankheitssymptomen fordert er ausdrücklich auf, der Sitzung fern zu bleiben. Gleiches gilt für Rückkehrer aus Risikogebieten. Reicht das und die entzerrte Sitzordnung als Corona-Schutz aus? Die Grünen im Rat haben bereits angeregt, „zusätzlich einen Mundschutz zur Verfügung zu stellen“ und beim Gemeinschaftskrankenhaus um die Ausleihe von 50 Mundschutzen angefragt, so die grüne Ratsfrau Sarah M. Gerigk.

Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster spricht von einer „guten Idee“, zumal die Grünen sich ja gleich darum gekümmert hätten, dass ihre Anregung auch umgesetzt werden kann. Deutlich zurückhaltender ist ihre Reaktion auf die Vorschläge der SPD, den Coronaschutz für die Ratsmitglieder auf andere Weise noch zu erhöhen. SPD-Fraktionssprecher Jan Schaberick hat angeregt, den Rat in einer kleineren Zusammensetzung zusammen kommen zu lassen, „damit nicht unnötig viele Ratsmitglieder an der Sitzung teilnehmen müssen.“ Dabei sollen die Stimmverhältnisse im Rat prozentual abgebildet werden. Das ist beispielsweise in der Zusammensetzung des Hauptausschusses der Fall.

Aber eine Reduzierung ist nicht so einfach. Vor allem ist sie darauf angewiesen, dass sich alle Mitglieder des Rates an eine wie auch immer getroffene Regelung halten. Im Hauptausschuss sind war alle Fraktionen vertreten, nicht aber der Einzelabgeordnete der Linken. Außerdem hat der Hauptausschuss nur 14 Mitglieder. Als beschlussfähig gilt der Rat aber eigentlich nur, wenn wenigstens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist.

Doppelter Hauptausschuss

Bei 39 Ratsherren und Ratsdamen einschließlich der Bürgermeisterin würde sich vielleicht ein „doppelter“ Hauptausschuss anbieten. Aber dann wäre die Linke immer noch nicht dabei. Für einen Alternativvorschlag von Schaberick hat Fabian Haas zumindest in der Gemeindeordnung „keine Regelung gefunden, die so etwas hergibt“: Der SPD-Fraktionschef hat ins Gespräch gebracht, „in Fraktionsstärke abzustimmen, so dass es egal wäre, wie viele Personen einer Fraktion gezählt werden, egal, wie viele Personen dann von jeder Fraktion tatsächlich anwesend wären.“

Eine Ausdünnung jedenfalls scheint Jan Schaberick „zwingend erforderlich, da wir im Rat einige Personen haben, die der Risikogruppe zuzuordnen sind.“ Die Stadtverwaltung hat den Fraktionen mittlerweile eine rechtliche Orientierungshilfe zu diesen Vorschlägen geschickt.