Wetter. Wenn die Brücke über die Ruhr nach Vorhalle repariert ist, wird auch die Obergrabenbrücke wieder frei gegeben. Beide haben eine lange Geschichte.
Die Obergrabenbrücke über die Ruhr in Wetter, auf der die B 226 verläuft, hat eine lange Vorgeschichte. Brücken erleichtern und beschleunigen nämlich den Verkehr und den Kontakt mit der Außenwelt, und das hat schon in früherer Zeit den Bau von Brücken veranlasst.
Auch in dem auf drei Seiten von der Ruhr umflossenen Ort Wetter wünschten sich die Menschen einer Nachricht aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zufolge damals einen „bestendigen und bequemen“ Flussübergang. Um 1600 ist dann erstmals im Bereich der heutigen Obergrabenbrücke eine Ruhrbrücke erbaut worden. Dies geschah auf Betreiben des Drosten Jörgen von dem Romberge, der das landesherrliche Drostenamt in Wetter von 1569-1590 verwaltete. Er erwirkte die landesherrliche Genehmigung des Brückenbaus, und dafür gab es gute Gründe. Wetter war damals Verwaltungssitz des gleichnamigen Amtes, wo auch das landesherrliche Gericht seinen Sitz hatte. Es bestand daher auch von Seiten des Landesherrn Interesse an einer besseren Verbindung von Wetter mit der Außenwelt.
Holz macht Probleme
Nach einer von Bürgermeister und Rat in Wetter am 13. Juli 1614 ausgestellten Schuldverschreibung ist die Brücke „unter Wetter“ 28 Jahre zuvor, also 1586, erbaut worden. In einem von Bürgermeister und Rat mit dem damaligen Drosten Bernhardt von dem Romberg abgeschlossenen Vertrag über den Bau der Brücke über die Ruhr vom 10. April 1605 verpflichtete sich die Gemeinde nicht nur, die Brücke auf eigene Kosten zu errichten, sondern in Zukunft auch zu unterhalten.
Doch die so genannte Joch- oder Gemeindebrücke sollte zu einer schweren finanziellen Bürde und zu einem Dauerproblem für die Stadt werden. Wie früher allgemein üblich, war die Brücke von Anfang an ganz aus Holz verfertigt. Sie ist auch von dem westfälischen Geschichtsschreiber und evangelischen Pfarrer in Frömern, Johann Dietrich von Steinen, in der 1757 als 22. Stück seiner „Westphälischen Geschichte“ erschienenen „Historie vom Gericht Wetter“ erwähnt und wird dort als eine „gute hölzerne Brücke“ beschrieben. Der Bau von Steinbrücken war nämlich ausgesprochen kostspielig und für eine so kleine und finanzschwache Gemeinde wie das damalige Wetter weit jenseits der Möglichkeiten.
Die Holzkonstruktion erforderte aber nicht nur ständige Reparaturarbeiten, sondern musste immer wieder völlig neu erbaut werden. Von dem früher häufigen starken Ruhrhochwasser mit Eisgang nach der Schneeschmelze im Frühjahr wurde sie nämlich alle paar Jahre weggerissen. Das belegen diesbezügliche Schreiben des Magistrats in Wetter, Handwerkerrechnungen und Kämmereiakten, die sich im Stadtarchiv Wetter erhalten haben. Danach rissen zum Beispiel das Hochwasser und der starke Eisgang auf der Ruhr am 7. Februar 1716 die Brücke mit sich fort.
Wiederum durch Eisgang erlitt die Brücke 1757 schwere Schäden; fünf Gefache fielen der Flut zum Opfer. 1775 ist die Brücke erneut von dem Eisgang auf der Hochwasser führenden Ruhr fast vollständig, nämlich bis auf zwei Gefache, weggetragen worden und um 1789 muss die gesamte Brücke durch das Hochwasser und den Eisgang wiederum zerstört worden sein.
Ersatz durch Fähre
Vor allem die durch das Hochwasser und den Eisgang angerichteten Schäden verursachten der Stadt erhebliche Kosten, und so ist es verständlich, dass der Magistrat die Reparaturarbeiten meist nur zögerlich und erst auf massiven Druck der landesherrlichen Obrigkeit ausführen ließ. So musste der Drost Christoff Philip von Loe Anfang Januar 1671 die beiden amtierenden Bürgermeister mit der Androhung einer empfindlichen Geldstrafe, nämlich von 20 Gulden, zur Wiederherstellung des abgetriebenen Teilstücks der Brücke zwingen.
Das damals immer wieder auftretende gewaltige Hochwasser und der starke Eisgang waren eine Folge der seinerzeit herrschenden so genannten Kleinen Eiszeit. In dieser vom Spätmittelalter bis zum 19. Jahrhundert reichenden Klimaperiode gab es nämlich sehr kalte und schneereiche Winter von allerdings regional und zeitlich unterschiedlicher Intensität. Nach einem aus der Nachbarstadt Herdecke stammenden Dokument zum Beispiel herrschten im Winter 1715/1716 hier eisige Kälte und starker Schneefall. Ende des 18. Jahrhunderts war der Rat in Wetter aber offenbar die ständigen und teuren Brückenreparaturen leid. Ab 1791 wurde daher an Stelle der Brücke ein Fährbetrieb eingerichtet, und dabei blieb es bis zur Fertigstellung der steinernen Obergrabenbrücke 1931.
Weiden- oder Wiedenkamp-Brücke
Die Jochbrücke war jedoch nicht die älteste Ruhrbrücke bei Wetter. Älter ist nämlich die so genannte Weiden- oder Wiedenkamp-Brücke Am Kaltenborn, einige hundert Meter von dem heutigen AVU-Wasserwerk entfernt. Sie wurde vor allem von den Volmarsteinern auf ihrem Weg zur landesherrlichen Kornmühle in Wetter benutzt. Urkundlich ist sie erstmals 1553 erwähnt. 1741 heißt es dann aber von der Brücke „am Calenborne“, sie sei „vergangen“ und müsse neu gebaut werden. Im Winter 1789 wurde auch das „Wietmanns Brücksgen“, wie es 1763 genannt wird, vom Eisgang weggerissen.