Herdecke. . Gehfähigkeit anregen: Dank öffentlicher Fördermittel kann das Ambulanticum Herdecke mit Partnern eine Pilotstudie zur Irban-Methode finanzieren.

Wer sich völlig ahnungslos im Ambulanticum auf eine Liege legt und kreiselnde Impulse über ein neues Gerät im Becken spürt, erhält vermeintlich eine Unterstützung des Hüftschwungs für Tanzeinlagen. Doch natürlich hat die Entwicklung dieser sogenannten Irban-Methode einen therapeutischen Hintergrund: Diese individuelle rhythmische Bewegungsanbahnung (Irban) soll beispielsweise die Gehfähigkeit von Schlaganfall-Patienten anregen.

Im Ambulanticum, dem Rehazentrum für neurologische Erkrankungen am Nacken in Herdecke, stellten nun verschiedene Mitstreiter diese Behandlungsform vor. Diese hat vor allem Stefanie Leonhardt entwickelt. Die Angestellte hat sich als Physiotherapeutin schon 1996 mit dieser Bewegungsanimation beschäftigt, die sich u.a. an das Reiten bzw. Methoden der Hippotherapie anlehnt. „Das Gerät soll Beckenbewegungen anbahnen, mit diesem gangtypischen Rumpftraining wollen wir die Gehfähigkeit in der Vorwärtsbewegung anregen“, sagt Stefanie Leonhardt.

67.000 Euro von Bundesministerium

Interessiert hören die Ambulanticum-Geschäftsführer Marion Schrimpf und Dr. Bernd Krahl zu, die sich über weitere Gäste im Leharweg freuen. Denn zur Irban-Methode gehört auch eine dreijährige Pilotstudie, mit der die Beteiligten die Funktionalität nachweisen wollen. Das Geld dafür kommt nach einer erfolgreichen Bewerbung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, was der heimische Bundestagsabgeordnete Ralf Brauksiepe (CDU) Anfang 2017 mitteilte. 67.000 Euro stehen als öffentliche Fördermittel zur Verfügung, die Untersuchungen sollen in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Produktionssysteme der Ruhr-Universität Bochum Ende 2018 abgeschlossen werden.

Und dann? Dann richten sich fast alle Augen auf einen weiteren Projektpartner namens Hasomed. Die Magdeburger Medizintechniker sind auf Praxissoftware und neurologische Rehabilitation spezialisiert. Das Unternehmen hat das Gerät zur Irban-Methode nach den Vorgaben aus Herdecke entwickelt. Ein Prototyp kommt schon jetzt zum Einsatz, alle Erfahrungswerte über den tatsächlichen Nutzen und die erfolgte Hilfestellung sollen dann Anfang 2019 vorliegen. „Wir werten dann die Ergebnisse aus. Es sieht aber schon jetzt danach aus, dass wir das Gerät produzieren und auf den Markt bringen wollen“, erklärte nun ein Hasomed-Vertreter bei der Besprechung im Ambulanticum.

Flexibel einsetzbar

Der Vorteil: Das Gerät kann flexibel in der Rückenlage und auch im Sitz unter dem Becken zur Anwendung kommen, sofern die Beine angewinkelt sind. Dieser motorisierte Kasten mit einem Anschnallgurt für die Hüfte und einem dämpfenden Kissen als Zwischenschicht sorgt dann für rhythmische Schwingungen. „Diese lösen dann Impulse an der Wirbelsäule bis hoch zum Kopf aus“, erklärt Stefanie Leonhardt. Diese Schübe, die in Anlehnung an die Feldenkrais-Methode nach dem Ziffernblatt einer Uhr (die pendelnde Rotation erfolgt über Kreuz, also im Ablauf der jeweils gegenüberliegenden Zahl) programmiert sind, entsprechen dem Bewegungsmuster, das dem menschlichen Gang ähnelt. Animiert das Gerät beispielsweise eine Körperstelle hinten an der Hüfte in der 12-Uhr-Stellung, folgt als nächstes ein Stoß in der 6-Uhr-Position. Wer dazu etwas Fachchinesisch mag: selektive Rumpfbeckenbewegungen werden reziprok angebahnt.

Die Physiotherapeutin des Ambulanticums bzw. die Anwender können zudem verschiedene Geschwindigkeiten und einen veränderten Rhythmus bis hin zu einer kompletten Kreisbewegung einstellen, es bleibt aber bei einem schaukelnden Gefühl. Das könne auch Verspannungen an der Schulter und im Nacken lösen. Kurzum: Die Irban-Methode könnte sich zum Erfolgsmodell entwickeln.