Herdecke. . Belange der Menschen nicht genug geschützt: Die Bürgerinitiative Semberg und Stadt Herdecke kritisieren den Beschluss zur Amprion-Stromtrasse.

Viele hatten das Schlimmste befürchtet und geahnt, dass die Bezirksregierung die Amprion-Stromtrasse durch Herdecke genehmigt. Auf den Planfeststellungsbeschluss reagierten die Bürgerinitiative Semberg und die Stadtverwaltung mit harscher Kritik.

„Die Entscheidung halten wir für falsch und äußerst bedenklich“, schreibt die BI Semberg, die von der Entscheidung nicht überrascht wurde. „Wenn ein Staat die Planung der Energieversorgung gewinnorientierten, privatwirtschaftlichen Unter­nehmen überlässt, dann ist die preiswerteste Lösung der Umsetzung das Ergebnis für die Bürgerinnen und Bürger. Und dieser Lösung hat die Bezirksregierung jetzt stellvertretend für alle politischen Organe zugestimmt.“ Die Bürgerinitiative bedauert, dass so eine „einmalige Chance für eine zukunftsfähige Planung, die natürlich teurer geworden wäre, vertan wurde“.

Verweis auf Bayern

Demnach wurden die Voraussetzung für solche energiepolitischen Entscheidungen in Berlin getroffen. Auch die jetzige und vorige NRW-Landesregierung schienen kein Interesse daran zu haben, den Neubau der Höchstspannungstrasse über Herdecke zu stoppen. „Bayern dagegen hat im Interesse seiner Bevölkerung Sonderregelungen beim Bund durchgesetzt.“ Die Semberger verweisen auf andere Lösungen wie Kompaktmasten und Infrastrukturkanäle. Mit Blick auf die A45 und A1 habe sogar Amprion die Autobahnalternative „als durchaus möglich“ bezeichnet.“ Naturschutzverbände wie BUND, NABU und LNU seien nicht einmal bereit gewesen, ergebnisoffene Gespräche über eine andere Trassenführung zu führen“.

Viele Details noch  für Klage klären

Die BI Semberg will den Planfeststellungsbeschluss nun mit Rechtsanwalt Heinz in Ruhe analysieren und danach über eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

Die Bürgermeisterin will nach eigenen Angaben die Prozessgemeinschaft im Falle einer möglichen Klage weiter unterstützen.

Sollte der Neubau der Hochspannungstrasse realisiert werden, dann seien 2500 Bürger von Dortmund bis Hagen sowie die Grundschule Schraberg im Nahbereich der Trasse besonders betroffen. Allein in Herdecke werden demnach acht Privathäuser und neun Gewerbebetriebe direkt überspannt. Weitere Folgen durch die bis zu 87 Meter hohen Masten seien in vier Landschaftsschutzgebieten für die Pflanzen- und Tierwelt zu befürchten.

Die Bürgerinitiative erinnert auch Arnsbergs Regierungspräsidenten Vogel an dessen Zitat „Heimat braucht offene Horizonte“ und spricht Bundesminister Altmaier an, von dem eine Antwort nach Schreiben von Bundestags­abgeordneten und der Bürgermeisterin ausstehe. Die Semberger spielen auf dessen Aussage an, sich innerhalb eines halben Jahres die derzeit geplanten Trassenneubauten anzusehen. „Unsere ist eine besonders problematische. Kommen Sie nach Herdecke!“

Stadt befürwortet Autobahn-Lösung

Die Stadt Herdecke bedauert die Entscheidung und hält weiter eine Trasse an der A45 und A1 für die deutlich bessere Variante. „In anderen Bereichen werden Wälder entlang der Autobahnen mit Leitungen überspannt, so dass lediglich für die Masten und gegebenenfalls Zufahrtswege einzelne Bäume weichen müssten“, kritisiert Planungsamtsleiter Daniel Matißik. Der Schutz der Menschen sollte höhere Kosten rechtfertigen. „Die Argumente des Antragstellers und der Genehmigungsbehörde teilen wir nach erster Durchsicht des 288 Seiten starken Papiers nicht“, so Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster.

Sie bedauert, dass zahlreiche Bürger-Einwendungen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Unverständlich sei mit Blick auf neue Betroffenheiten andernorts, dass die Herdecker seit vielen Jahren mit Stromleitungen im Stadtgebiet leben müssen und nun dauerhaft eine neue Höchstspannungsleitung mit größeren Masten über ihre Köpfe bekommen.

Amprion will mit Grundstückseigentümern reden

Nüchtern und sachlich hat dagegen ein Amprion-Sprecher auf die Genehmigung der Stromtrasse von Dortmund-Kruckel nach Hagen-Garenfeld reagiert. Nach dem erfolgten Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung will der Netzbetreiber die bereits laufenden Baugrunduntersuchungen und Leitungsrechtsverhandlungen fortführen. „Neben der Sicherung der Leitungstrasse werden hierbei auch die nun anstehenden Bauvorbereitungen mit den betroffenen Grundstückseigentümern abgestimmt.“ Amprion will die Ausführungsplanung detailliert und generell den Baubeginn vorbereiten.