Wengern. . Die Feuerwehr Wengern möchte eine Wache im Ortskern, dafür müsste die Dorfschule abgerissen werden. Die wollen der TuS und der Vereinsring nutzen
Das Problem ist bekannt, ein Kompromiss nicht in Sicht: Da die Feuerwehrwache in Wengern an der Trienendorfer Straße – wie berichtet – zu klein ist, benötigt die Löschgruppe einen Neubau. Als künftiger Standort war das Gewerbegebiet Heringhäuser Feld am östlichen Ortsrand vorgesehen. Doch die Wehr will im Zentrum bleiben. Der Neubau könnte auf der Fläche der alten Dorfschule entstehen. Gegen einen Abriss sind aber der TuS Wengern und der Vereinsring, die das städtische Gebäude nutzen wollen. Alle Beteiligten betonen, dass sie das Thema konfliktfrei erörtern wollen. In der nächsten Sitzungsrunde muss die Politik eine Entscheidung fällen.
Die Ausgangssituation
Wengerns alte Dorfschule, die nicht unter Denkmalschutz steht, gehört der Stadt Wetter. Diese organisiert dort am Elbscheweg 2 in der ersten Etage den Kinder- und Jugendtreff. Das Erdgeschoss und die Wohnung unter dem Dach stehen leer, nachdem dort vor einigen Monaten noch Flüchtlinge lebten.
Ende 2017 informierte die Feuerwehr die Stadtverwaltung, dass sie aus verschiedenen Gründen lieber im Ortskern bleiben möchte und das Heringhäuser Feld nicht der beste Standort für eine neue Wache sei. Beim Blick auf geeignete und verfügbare Flächen zeigte sich, dass nur der Standort Dorfschule infrage komme. Untersuchungen ergaben, dass auf den 1700 Quadratmetern nach dem Abriss ein mehrgeschossiger Neubau gerade so möglich sei. Obwohl auch ausreichend Parkplätze und erforderliche Feuerwachen-Einrichtungen entstehen könnten, sei zum Beispiel die Ein- und Ausfahrt aus Verkehrsgesichtspunkten schwierig.
Das sagt die Feuerwehr
Die Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Wetter, Ralf Tonetti und sein Stellvertreter Benedikt Danz, befürchten bei einem Wachen-Neubau im Heringhäuser Feld, dass auf die Kameraden längere Anfahrten zukämen. Daher wäre die im Brandschutzbedarfsplan festgelegte Zeit von höchstens acht Minuten, in der die Einsatzkräfte nach der Alarmierung am Unglücksort eintreffen sollen, oft nicht einzuhalten. „Der Weg durch das Dorf dauert, von einem zentralen Standort geht das schneller. Und die Zeit spielt etwa bei der Menschenrettung eine große Rolle“, sagt Tonetti. Wie Danz, der dort noch Unterricht hatte, würde er die Dorfschule gerne erhalten, doch da dies die derzeit einzige Alternative im Ortskern sei, spricht sich Tonetti trotz der Vorbehalte (kleiner Vorplatz, zwei Etagen) für diesen Standort aus. „Das wäre eng, aber machbar.“
Die Feuerwehr hat den Plan für den derzeit laufenden Wachen-Neubau in Esborn als Grundlage genommen. Was dort ebenerdig funktionieren soll, könnte in Wengern doppelgeschossig klappen. Es gebe Platz für drei Fahrzeuge, Sozialräume nebenan, alles weitere darüber. „Auf der freien Wiese im Heringhäuser Feld bieten sich natürlich viel mehr Optionen, wir sehen uns aber auch als Teil der Gemeinschaft, die Kameraden sind hier im Ortskern verankert“, sagen die beiden Leiter, die Sicherheitsgründe (der Gewerbe-Standort würde verlängerte Einsatz-Anfahrten von ca. zwei Minuten bedeuten) und soziale Aspekte anführen.
Die Meinung der Vereine
Weil die Geschäftsstelle des TuS Wengern an der Osterfeldstraße zu klein für die Anliegen der 1600 Vereinsmitglieder wird, kam beim Vorstand die alte Idee zur Nutzung der Dorfschule wieder auf. „In absehbarer Zeit haben wir eine hauptamtliche Bürokraft, die dort im Erdgeschoss womöglich auch für andere aktiv werden kann“, sagt TuS-Vorsitzender Helge Heisters. Da in Wengern (u.a. durch die Schließung des Hotels Elbschetal) absehbar weniger Treffpunkte für Vereine oder Verbände zur Verfügung stehen, könnten am Elbscheweg 2 dafür Räume entstehen. Sei es als Café, für Schulungszwecke, als Hausaufgabenhilfe oder für Versammlungen. Zudem hat der TuS einen Antrag gestellt: Sollte der Verein ein Stützpunkt für Integration durch Sport werden, ergäben sich dadurch neue Chancen.
Die sieht in der Dorfschule auch Dieter Seitz als Vorsitzender des Vereinsrings Wengern sowie des Trägervereins Elbschehalle. Über einen engen Austausch mit dem TuS könnten weitere lokale Akteure profitieren. „Die Bereitschaft zum Ehrenamt ist eher rückläufig. Wenn wir an einer Stelle die Kräfte etwas bündel könnten, ergeben sich Synergien.“ Er könne sich in dem städtischen Gebäude auch eine Art touristische Anlaufstelle vorstellen, die zum Beispiel Radfahrer mit Informationen versorgt.
Die Sicht der Stadt
Heisters und Seitz schrieben kürzlich einen Brief an den Bürgermeister, um ihr Interesse an der Dorfschule zu betonen. Frank Hasenberg kennt auch die Argumente der Feuerwehr und weiß um die Bedeutung des Brandschutzes. „Ich verstehe, dass die Löschgruppe im Ortskern bleiben will, das würde für viele Kameraden im Vergleich zum Heringhäuser Feld kürzere Wege bedeuten“, so Hasenberg, für den der Standort Elbscheweg trotz der möglichen Umsetzung nach einem Abriss „keine optimale Lösung“ darstellt. Zumal das Gebäude einen sechsstelligen Euro-Betrag als Buchwert besitzt, Stichwort Vermögensvernichtung.
Die Stadtverwaltung arbeitet derzeit einen Planungsauftrag ab, der auch eine Änderung des Bebauungsplans beinhaltet. Dieser müsste auch im Gewerbegebiet geändert werden, dort würde eine neue Feuerwehrwache ca. 1,6 Millionen Euro kosten. Auch die Belange des Kinder- und Jugendtreff gelte es, zu berücksichtigen. Hasenberg: „Am Ende steht die Politik vor einer Abwägungsfrage.“