Herdecke. . Vor dem Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke hat Verdi mehr Personal gefordert. Dieser Forderung schließt sich die GKH-Führung an. Nur wer bezahlt?

  • Der Bund will Personaluntergrenzen für bestimmte Krankenhausbereich einführen
  • Auch die Gewerkschaft Verdi fordert mehr Personal für die Kliniken
  • Die Geschäftsführung im Gemeinschaftskrankenhaus fürchtet allerdings eine fehlende Finanzierung

Die Forderungen der Gewerkschaft Verdi sind eindeutig: Es braucht mehr Personal in Krankenhäusern. 162 000 Stellen fehlen in deutschen Krankenhäusern, hat die Gewerkschaft ausgerechnet – und zwar in allen Berufsgruppen; allein in der Pflege fehlten 70 000 Stellen. Mit einer Aktion am Gemeinschaftskrankenhaus (GKH) hatten die Verdi-Vertreter jetzt auf die Misere aufmerksam gemacht.

An Gegenfinanzierung denken

Personalmangel ist auch aus der Sicht der Unternehmensleitung des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke (GKH) ein Thema: „Auch wir wünschen uns eine klügere, sinnvollere Krankenhausfinanzierung, auch wir unterstützen den Ruf nach Verbesserungen der personellen Ausstattung“, so GKH-Geschäftsführer Christian Klodwig. Doch Klodwig fürchtet, dass im Ringen zwischen Politik und Gewerkschaften die Kliniken zum Schluss die Leidtragenden sein könnten. „Bei der Schaffung neuer gesetzlicher Vorgaben muss auch an die entsprechende, ausreichende Gegenfinanzierung gedacht werden“, sagt der GKH-Chef. Denn ohne eine Gegenfinanzierung durch Bund und Länder oder die Krankenkassen würden viele Krankenhäuser, darunter auch das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke, erneut in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. „Wir hoffen, dass sich die Verhandlungspartner nicht auf einen Deal einlassen, bei dem nur A gesagt wird, nicht aber B, nämlich wie eine Finanzierung und die praktische Umsetzung bei gleichzeitigem Fachkräftemangel aussehen können“, so Christian Klodwig.

Patientensicherheit im Fokus

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hatte sich im März mit den Koalitionsfraktionen und den Ländern auf die Einführung von Personaluntergrenzen verständigt. Damit reagierte der Bund auf die Vorschläge der Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“, die eine Verbesserung der Personalsituation in der pflegerischen Patientenversorgung eingefordert hatte. Vorgesehen ist, dass Krankenhäuser und Krankenkassen über Personaluntergrenzen verhandeln, die anschließend zum verpflichtenden Standard erhoben werden. Dabei geht es vor allem um Bereiche, in denen die Patientensicherheit in den Augen der Experten durch zu wenig Personal gefährdet wäre, also zum Beispiel Intensivstationen oder auch der Nachtdienst.

Mehr Sicherheit für Patienten

„Damit verbessern wir die Sicherheit der Patienten sowie die Behandlungsqualität und entlasten gleichzeitig das Krankenhauspersonal“, sagt der heimische SPD-Abgeordnete Ralf Kapschack. Zur Finanzierung des zusätzlichen Personals würden die Kliniken dauerhaft mehr Geld erhalten.

Doch wo soll das Geld für die Mehrausgaben im Krankenhauswesen herkommen? fragt die GKH-Geschäftsführung und warnt: Neben einer Umfinanzierung der Haushalte von Bund und Ländern oder einer Finanzierung aus zusätzlichen Steuermitteln könnten auch steigende Krankenkassenbeiträge die Folge sein. „Es müsste gelingen, das gesellschaftliche Bewusstsein dafür zu schärfen, dass eine bessere Personalausstattung der Krankenhäuser nur möglich ist, wenn Politik und Bürger bereit sind, die dazu erforderlichen Anpassungen und Konsequenzen zu schultern“, so Prof. Alfred Längler, Ärztlicher Direktor des GKH.

Prioritäten verschieben

Ralf Kapschack sieht nun den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft am Zug, die die Personaluntergrenzen und auch die Finanzierung verhandeln sollen. Das Geld müsse aus dem großen Topf der Krankenversicherung kommen, da müssten möglicherweise Prioritäten verschoben werden. „Beide Verhandlungspartner wissen am Besten, wie und wo man Mittel mobilisieren kann.“ Allerdings, schränkt Kapschack ein: „Die Verhandlungen beginnen erst, da muss man sehen, was an Kosten entsteht“, sagt der SPD-Politiker.

Untergrenzen werden kontrolliert

Eines ist aber schon jetzt festgeschrieben: „Falls die Verhandlungspartner zu keiner Lösung kommen, legt das Bundesgesundheitsministerium entsprechende Personaluntergrenzen per Verordnung fest. Das heißt: Es wird auf jeden Fall Verbesserungen geben“, betont Kapschack. Und: Personaluntergrenzen müssten eingehalten werden: „Wenn sich ein Krankenhaus nicht daran hält, bekommt es weniger Geld von den Kassen.“

Für die GKH-Geschäftsführung und Pflegedirektorin Jasmin Shmalia zeichnet sich allerdings eine weitere mögliche Konsequenz ab. „Erfüllt eine Klinik die Untergrenze nicht, weil Personal krank ist oder sie das Personal nicht findet, muss sie Patienten abweisen.“ Ein Zustand, der bereits anderswo in der Geburtshilfe zu beobachten sei. „Hier muss die Politik zu Ende denken“, so Shmalia.

+++ Frist bis Juni 2018 +++

  • Bis 30. Juni 2018 muss festgelegt werden, wie viel Pflegepersonal Krankenhäuser mindestens beschäftigen müssen. Die Personaluntergrenzen gelten ab 1. Januar 2019 auf allen Stationen, wo die Situation sensibel ist.
  • Um mehr Personal beschäftigen zu können, gibt es einen Pflegezuschlag. Dieser soll ab 2019 um die Mittel eines Förderprogramms ergänzt werden und von 500 Millionen auf bis zu 830 Millionen Euro pro Jahr wachsen.