Wetter/Herdecke. . Fazit zur Serie Leben an der Ruhr nach einem Jahr: Am Hengstey- und Harkortsee in Wetter und Herdecke ist vieles gut, aber auch ausbaufähig.

  • Aktuelle Möglichkeiten punktuell verbessern
  • Die Stärken nicht schwächen
  • Für große Projekte braucht es Partner und Investoren

Zu Beginn der Serie Leben an der Ruhr stellte die Lokalredaktion provokant die Frage, ob es sich in Wetter und Herdecke um seelenlose Seen handelt. Nach einem Jahr und vielen Geschichten vom Ufer und Wasser fällt die Antwort eindeutig aus: Nein, die hier lebenden Menschen identifizieren sich stark mit dem Hengstey- und Harkortsee. Die Flussabschnitte vor der Haustür sind beliebt, und das sowohl bei Einheimischen als auch auswärtigen Gästen. Das liegt zuvorderst an den Freizeitmöglichkeiten, aber auch an historischen sowie wirtschaftlichen Gründen, nicht zu vergessen die Bauwerke.

Zu einer profunden Analyse gehört der Blick auf den Ist-Zustand unter Einbeziehung der Geschichte. Es gilt, mehrere Erfolgsgaranten zu nennen. Vor allem der Ruhrtalradweg wirkt sich positiv aus, eine vielfältige Gastronomie profitiert davon. Die Pedaltreter finden wie die vielen Spaziergänger oder Wanderer abwechslungsreiche Passagen vor, eine gute Mischung aus Natur und Anlaufstellen zum Verweilen.

Nichts ist so gut, dass es nicht verbessert werden kann. Das beginnt bei der Infrastruktur: Die Wegbeschaffenheit lässt hier und da ebenso zu wünschen übrig wie die Anzahl öffentlicher Toiletten. Das größte Problem aus heimischer Sicht ist und bleibt die Wasserpest Elodea. Die bisherigen Bemühungen zeigen, dass eine größere Kraftanstrengung vieler Beteiligter (auch des Ruhrverbands) nötig ist, um den Wassersport sicher zu stellen.

Dies sollte auch beim Blick in die Zukunft im Visier bleiben. Dabei kommt es auf ein feinfühliges Händchen der Planer an. Das Rad muss niemand neu erfinden, bestehende Örtlichkeiten lassen sich mitunter unkompliziert aufwerten. Die tollen Aussichtspunkte an der Freiheit und Burgruine Volmarstein warten gewissermaßen nur auf eine Auffrischung. Im ersten Schritt ist das kein Hexenwerk, mittel- oder langfristig lassen sich je nach Finanzierungsmöglichkeit daraus neue Anlaufstellen gestalten. Das trifft auch auf das Wasserwerk Volmarstein (mit Seilhängebrücke) zu.

Schöner Aussichtspunkt: Wenn eines Tages die Schmierereien am Koepchenwerk entfernt sind, lässt sich oberhalb des Hengsteysees auch etwas touristisch entwickeln.
Schöner Aussichtspunkt: Wenn eines Tages die Schmierereien am Koepchenwerk entfernt sind, lässt sich oberhalb des Hengsteysees auch etwas touristisch entwickeln. © Steffen Gerber

Wie das funktionieren kann, zeigt das Beispiel Koepchenwerk in zweierlei Hinsicht: Auch hier springen einen touristische Gelegenheiten durch den Schrägaufzug und die Maschinenhalle fast schon an. Entscheidend ist, dass die klamme Stadt Herdecke auf einen Partner angewiesen ist und mit der Stiftung Industriedenkmal – Stand heute – einen Glücksgriff getätigt hat.

Klar dürfte sein, dass bestehende Möglichkeiten gestärkt werden müssen und neue Ideen hinzukommen sollen. Angesichts leerer Kassen kommt es auf Kreativität an. Ein Fuß- und Radweg über den Herdecker Viadukt sollte bei entsprechendem Willen ebenso darstellbar sein wie schwimmende Übernachtungsmöglichkeiten. Dies und mehr könnten attraktive Alleinstellungsmerkmale sein, die bei entsprechend mitgestalteter Infrastruktur Neugierige von Nah und Fern anlocken dürften. Es muss auch erlaubt sein, über den Hengstey- und Harkortsee als Eventort nachzudenken: Schon früher gab es hier Flugveranstaltungen mit Starts auf dem Wasser.

Damit zur Kernfrage: Wer soll das bezahlen? Nach der bedauerlichen Regionale-Absage kommt es bei der Weiterentwicklung der Freizeitmöglichkeiten umso mehr auf Kooperationen der Nachbarstädte an. Der interkommunale Start ist durch das Vorpreschen von Hagen misslungen, lässt sich aber reparieren. Wichtig wird sein, dass der Fokus nicht zu sehr auf der Volmestadt liegt. Zugegebenermaßen lassen sich dort größere Flächen entwickeln. Und eine Ruhrtalacht mit der Einbindung des Hagener Ufers ist zur Entzerrung der viel frequentierten Wege auf Wetteraner oder Herdecker Stadtgebiet auch in Ordnung. Die Anstrengungen sollten aber ausgewogen ausfallen.

All das ist ohnehin langfristig zu sehen, als einziger Fixpunkt steht bisher die Internationalen Gartenausstellung 2027 fest. In der Zwischenzeit hätte ein Regionale-Überbau nützlich sein können. Vorbei, abhaken. Also sollten die Stadtverwaltungen, obwohl es dort keine See- oder Freizeitbeauftragte gibt, mit potenten Partnern wie dem Regionalverband Ruhr Konzepte entwickeln, die vertrauenswürdige Investoren anlocken. Auch Bürger-Ideen sind gefragt. Das ist alles sicher nicht ganz einfach, doch die ersten Schritte auf dem Weg sind erfolgt.