Herdecke. . Ines Berger will nach 46 Jahren ihr Minihotel an einen Nachfolger abgeben. Die 92-Jährige trennt sich schweren Herzens von ihrem Haus.

  • Ines Berger will nach 46 Jahren ihr Minihotel an einen Nachfolger abgeben
  • Die 92-Jährige trennt sich schweren Herzens von ihrem Haus
  • Künftige Betreiber müssen sich ausführlich bewerben

Ines Berger steigt die schmale Wendeltreppe hinauf, scheinbar mühelos, trotz ihrer 92 Jahre. Sie kennt jede Stufe in ihrem Hotel, schließlich ist sie seit 46 Jahren Gastgeberin im möglicherweise kleinsten Hotel der Welt. Auch wenn sich um diesen Titel gleich mehrere Herbergen auf dem Globus streiten, das Minihotel hat Herdecke weltweit bekannt gemacht. Wie lange die Stadt von diesem Ruhm noch zehren kann, ist offen. Denn auch wenn Ines Berger noch immer beinahe täglich über die kleine Brücke am Herdecker Bach geht, um im Hotel nach dem Rechten zu sehen und neue Gäste zu begrüßen, lange wird sie das nicht mehr tun. „Im Mai werde ich 93 Jahre alt“, sagt sie, und dann schmunzelt sie ein wenig. „Ehrlich gesagt, ich bekomme die Laken nicht mehr auf die Betten.“

Natürlich geht der zierlichen alten Dame jemand zur Hand. Ahmadora Günel kommt täglich, um nach dem Rechten zu sehen, die Einkäufe zu erledigen und auch im Hotel zu helfen. Doch viel lässt sich Ines Berger nicht abnehmen, schließlich hängt an dem kleinen Hotel ihr ganzes Herz. Und das macht die Suche nach einem Nachfolger auch so schwierig. „Es muss jemand sein, der es mit Liebe macht“, sagt Ines Berger. Denn zu verdienen gibt es dann doch nicht so viel. „Für mich war es ein Zubrot, leben kann man davon wohl nicht.“

Und noch ein Kriterium ist wichtig: die Nähe. Denn das Minihotel besteht nur aus den Zimmern für die Gäste. Ein Doppelzimmer unter dem Dach, zwei Einzelzimmer auf der ersten Etage und ein Wohnraum im Erdgeschoss. Hier steht eine Flasche Wein samt Gläsern für den Abend vor dem Kamin, eine Anrichte mit zwei Plätzen dient als Frühstücksplatz. Die Brötchen bringt Ines Berger oft persönlich. Wer am Nacken oder gar in einer anderen Stadt wohnt, kann diesen Service kaum leisten.

Das sieht auch Veronika Riepe so, Inhaberin des Zweibrücker Hofs, der allen sofort in den Sinn kommt, wenn es um die Zukunft des Minihotels geht. Zwar sind es vom Ruhrufer bis ins Bachviertel nur ein paar Schritte, doch sei die Logistik für eine mögliche Mini-Dependance nicht zu leisten, erteilt die Hotelchefin der Idee, das Minihotel zu übernehmen, eine Absage. „Und außerdem kann man ein solches Haus nicht wie ein großes Hotel – also ganz pragmatisch – führen“, sagt Riepe. „Das muss mit dem gleichen Herzblut weitergeführt werden, wie es bisher geschehen ist.“

Auch interessant

Würde es das Minihotel nicht mehr geben, wäre auch die Gastgeberin im Zweibrücker Hof „sehr traurig“, denn mit dem Konzept sei auch der Name Herdecke nach außen getragen worden. Eine Tatsache, der sich auch die Stadtverwaltung bewusst ist. „Das ist ein einzigartiges Objekt, betrieben von einer einzigartigen Persönlichkeit“, sagt Stadtsprecher Dennis Osberg. Im Rathaus sei man natürlich interessiert, dass für das Haus ein Nachfolger gefunden werde. Doch mehr als vermitteln könne man nicht.

Schriftliche Bewerbungen

Also sucht Ines Berger selbst. Und bittet um Bewerbungen. Schriftlich, an die Adresse des Minihotels in der Bachstraße 18. Dabei geht es ihr weniger um den Lebenslauf als um die Motivation der Bewerber, ein solches Objekt zu übernehmen.

Eine Motiv könnte die Dankbarkeit sein, die einem die Gäste an einem solchen besonderen Ort entgegen bringen. „Es ist wie zu Hause bei Ihnen – nur noch schöner“, heißt es in einem der vielen Gästebücher. Andere verbringen ihre Hochzeitsnacht in dem romantischen Häuschen – von Ines Berger mit Rosenblättern auf den Stufen liebevoll hergerichtet – und kommen 25 Jahre später wieder, um die Silberhochzeit zu feiern. Ines Berger wünscht sich, dass auch die Paare, die in diesem Jahr ihre erste Nacht im Bachviertel verbracht haben, das in 25 Jahren noch tun können.

Folgen Sie der Redaktion auch auf facebook.