Hagen. . Krisensitzungen, nächtliche Entscheidungen und die Folgen am nächsten Tag: Unsere Redaktion hat die Entwicklungen von Montag und Dienstag, die letztlich zum Scheitern der fest geplanten Rathaus-Galerie-Eröffnung geführt haben, in einem Minutenprotokoll nachgezeichnet.

Montag, 13. Oktober

11 Uhr: Die Feuerwehr hatte den Rathaus-Galerie-Betreibern eine Frist gesetzt. Bis Montag 11 Uhr sollen alle in den vergangenen Tage festgestellten Mängel beseitigt sein. Nun wird klar: Das ist nicht geschehen. Eine erste Krisensitzung startet.

13 Uhr: Die offizielle Pressekonferenz zur tags darauf geplanten Eröffnung startet. Mit keinem Wort werden die Probleme mit dem Brandschutz angesprochen. An der Eröffnung wird kein Zweifel gelassen. Unsere Zeitung recherchiert aber schon Hinweise.

14.45 Uhr: Rundgang für Medienvertreter. Oberbürgermeister Erik O. Schulz ist auch mit dabei. Er wird aber vom Beigeordneten Thomas Huyeng zu einer erneuten Krisensitzung gerufen.

19 Uhr: Geladenen Gästen soll am Vorabend der Eröffnung die Rathaus-Galerie präsentiert werden. Doch Überraschung: Keiner darf rein, die Feier kann nur vor der Tür stattfinden. In den Reden werden Probleme mit dem Brandschutz nur angedeutet. Es wird kein Zweifel daran gelassen, dass am nächsten Tag eröffnet wird.

21 Uhr: Eine dritte Krisensitzung mit dem OB startet. Sie wird Stunden dauern, es wird hart gerungen, ob und unter welchen Bedingungen eine Eröffnung stattfinden kann. Die Redaktion hat das Ohr an der Runde. Doch bis Redaktionsschluss um Mitternacht ist noch nichts entschieden. Wir können nur schreiben: Es gibt Probleme mit dem Brandschutz, bis zur letzten Minute wird gerungen.

Dienstag, 14. Oktober

0.26: Eine erste Entscheidung: Der Saturn-Markt darf öffnen.

1 Uhr: Jetzt ist klar: Der Rest der Geschäfte darf nicht öffnen.

5.46 Uhr: Fast 1000 Menschen Warten an der Mittelstraße auf die Saturn-Öffnung. Einem versagt der Kreislauf, manche drängeln.

6.03 Uhr: Nichts tut sich. Gemurmel in der Menge: „Bleibt Saturn jetzt auch dicht?“, fragt einer. Einer gibt sich zynisch: „Da brennt’s bestimmt.“

6.24 Uhr: Die Tür wird endlich geöffnet. Etliche Übergangsjacken schleifen im Gedrängel über die Türrahmen. Einige legen Sprints ein, werden vom Sicherheitsdienst gebremst.

6.50 Uhr: Erst der Ansturm auf die Artikel, jetzt der Ansturm auf die Kassen. Wer Glück hat, muss nur 20 Minuten warten. Wer Pech hat, benötigt ein Fernglas, um den Kassierer erkennen zu können.

7.12 Uhr: So langsam wirkt es bei Saturn nicht mehr wie im Ausnahmezustand, sondern eher wie brummendes Weihnachtsgeschäft.

7.15 Uhr: Anruf bei OB Schulz. Der hat nur etwa drei Stunden geschlafen, erklärt den Verlauf der Nacht. Es sei zwischendurch mal richtig laut geworden am Krisentisch. Viele Entscheider und Prüfer sind ausgepowert und übernächtigt. „Wir können sagen, dass wir bis zuletzt um die beste Entscheidung für Hagen gekämpft haben.“

7.30 Uhr: Wie haben eigentlich die Menschen im Märkischen Kreis erfahren, dass die Galerie dicht bleibt? Vom Landgericht kommend rollen etliche Autos aus Iserlohn und Umgebung auf den Emilienplatz zu. Wenn das alles keine Pendler sind, sind es Shopper, die nicht Bescheid wissen und gleich sehr zerknirscht sein werden.

8.20 Uhr: Die ersten Reaktionen und Fakten sind im Block. In der Stadtredaktion beginnt ein ­erstes Brainstorming: Welche Fragen müssen in der morgigen Ausgabe beantwortet werden?

8.47 Uhr: Ein unablässiger Kundenstrom bahnt sich seinen Weg in Richtung Elektromarkt. Neugierig, aber vergeblich drücken sich die Besucher die Nasen an den anderen verschlossenen Shop-Fenstern platt. Lediglich bei Rossmann spenden einige Promoter Trost, indem sie Werbegeschenke an die Enttäuschten verteilen.

8.54 Uhr: Im Saturn-Markt wird die nächste Palette mit Marken-Druckern für 55 Euro abgeladen – manche Tinten-Patrone ist teurer.

10.06 Uhr: Die Schlange vor dem Saturn-Finanzierungsbüro reicht bis in den Mittelgang. Auch das günstigste Schnäppchen kann offenbar nicht jeder Interessent bar bezahlen.

11.20 Uhr: Absperrbänder blockieren im Obergeschoss den Weg in die Bummel-Achsen. Die wenigen Menschen, die sich dahinter tummeln, gehören zu den zur Tatenlosigkeit verdammten Verkaufsteams der Shops.

12.16 Uhr: Das Einzige, was rund um die Ellipse läuft, ist das Brunnen-Kunstwerk „Stella Nova“. Die Sitzbänke rund um die sechs Springbrunnen-Fontänen haben die staunenden, aber ausgesperrten Besucher längst okkupiert.

12.40 Uhr: Schräg gegenüber der Rathaus-Galerie bei Ernsting’s family: Die Kasse klingelt munter, die Kassiererin ist gut gelaunt. Der große Aufsteller „20 Prozent auf das gesamte Sortiment – nur am 14. Oktober“ lockt zahlreiche Kunden. Wen wundert’s.

13.20 Uhr: Der Tumult im Erdgeschoss wie auch im 1.OG wird größer. Jetzt hat auch noch eine der Rolltreppen, die vom Obergeschoss ins Parterre führt, ihren Dienst quittiert. Wenn einmal der Wurm drin steckt . . .

14.05 Uhr: „Happy Days“ heißt es bei Jeans Fritz in der Kampstraße. Dort gibt es 30 Prozent Rabatt auf ausgewählte Artikel. Der Laden ist gut gefüllt. Des einen Freud, des anderen Leid . . .

14.25 Uhr: Der Friedrich-Ebert-Platz präsentiert sich von seiner schönsten Seite. Hunderte von Leuten sitzen in der Sonne, trinken Kaffee, schlecken ein Eis. Herbstferien, 20 Grad – ein idealer Tag zum Entspannen.

14.55 Uhr: Die vom Remberg aus anzusteuernden Parkplätze sind gut gefüllt, doch nicht – wie zeitweise Anfang des Monats – überfüllt. Potenzielle Rathaus-Galerie-Besucher scheinen den verpatzten Start mitbekommen zu haben. Oder sind mit Bus und Bahn oder zu Fuß gekommen.